Frage 364, Sind Normen so etwas wie Gesetze?

  • Meine Antwort:

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    Manchmal hat es den Anschein, dass etwas nach ISO oder DIN so gesetzlich vorgeschrieben ist. Das stimmt natürlich nicht. Die entsprechenden Kommissionen auf nationaler und auf europäischer Ebene sind grundsätzlich organisiert von den Beteiligten in Industrie, Handel und Verbrauch von Gütern. Sie sollen es vereinfachen, wenn jemand ein Produkt kauft, 5 Anbieter mit unterschiedlichen Produktversionen (z. B. Skalencyans) vorfindet und nicht erst einzeln herauskriegen will, welches wie gebaut ist. Eine Norm ist also eine freiwillige Vereinbarung, wie man einzelne Produktklassen definiert hat z. B. als Tabelle.

    In solche Normenausschüsse schicken die Interessenten ihre Vertreter, damit möglichst viel Sachverstand zu einem sehr praktischen System führt.

    Natürlich führt das zu einem Überhang der Lieferanten und in der Regel zu geringer Beteiligung der Abnehmer, besonders der kleineren Firmen, die es eigentlich am meisten brauchen. Gibt es einen Monopol - ähnlichen Großanbieter und sonst nur lauter kleine, bezahlen die kleinen kaum Abgesandte, weil Normenarbeit ja nicht direkt Umsatz bringt. Da kann der eine Große z. B. seine Produktpalette als Norm einrichten. Und kleinere oder neue Anbieter müssen sich ihm dann anpassen. Ich habe selbst so einen Fall in einem Normenausschuss für Füllstoffe erlebt. Die Medaille kann also durchaus euch eine zweite Seite haben.

    In manchen Branchen gibt es staatlich unterstützte Forschungsinstitute, die sich um Normen kümmern. Bei uns ist es die FOGRA. Solange die von der ganzen Branche unterstützt wird und nicht von zwei Oligarchen, wird so eine Einrichtung auch ausgewogen die Interessen der ganzen Branche vertreten. Und wir im Offset wissen, wie lästig die "Standardisierung" einst auf Kongressen war - und wie segensreich sie seit ihrer Einrichtung wirkt.

    Diese öffentlichen, aber nicht staatlichen Einrichtungen können wie in unserem Fall eine bestimmende Kraft werden.

    Natürlich gibt es auch hier immer Risiken. Ich kann mich noch gut erinnern, dass in den europäischen Ausschüssen, die die ISO-Normen erarbeiteten, z. B. Vertreter aus Großbritannien versuchten, die Gefährlichkeit der UV-Farben und -lacke für Verarbeiter und Verbraucher nicht ganz so hoch zu hängen wie andere: Auf der Insel war damals der UV-Anteil auch bei Publikationen viel größer als bei uns. Nun können in einem europäischen Gremium alle versuchen, sich Gehör zu verschaffen. Das europäische Ergebnis ist daher eher ausgeglichen als reine nationale Versionen, es sei denn ein Land hat verschlafen.

    Im Englischen sagt man übrigens "standard" für Norm. Deutsch "Standard" scheint mir eher ein unklarer, umgangssprachlicher Begriff.

  • Servus Bernd!

    Normen, Richtlinien sind egal wo auch immer im Leben eine gedachte Linie. Der eine befolgt sie strieckt, der nächste weitet sie für sich aus.

    Ist denke ich, immer Auslegungssache, wenn es nicht vorher Punktgenau, festgelegt bzw, besprochen worden ist.


    Mit den besten Grüßen

    Maik


    Drucker aus Leidenschaft

  • Normen sind Grundwerte die in der Zeit der Globalisierung vieles vereinfachen, so passt eine M6 schraube in Deutschland, genauso wie im philippinischen Jungle. In der Druckindustrie gibt es aber Abstriche. So kann ich z.b. nicht die gleiche Farbe aus der Skala von Huber gegen die gleiche Mischung, von Epple austauschen. Auch wenn die einzelnen Farben der Norm entsprechen. Das haben wir schon gemerkt, als wir nur die farbserie gewechselt haben. Von Corona auf Natura. Mischrezepte mussten nachgearbeitet werden.

  • Mein Liebling der Medienstandard Druck.

    Es steht direkt als Einleitung.

    ....enthält Empfehlung für Standardarbeitsabläufe und Druckbedingungen.....

    Meisst als lästig empfunden aber das haben Normen idR an sich. Sie enthalten auch die Wege um sie zu erfüllen so das das Rad nicht immer neu erfunden werden muss.

  • die Vorläufer von Normen waren so genannte "branchenübliche Standards".

    Diese branchenüblichen Standards sind nach heutiger Rechtsprechung noch gültig, wenn es für einen solchen Standard keine DIN oder ISO-Norm gibt.

    Wie so vieles im Leben braucht es Normen, um im Streitfall einen Bezugspunkt zu haben.

    Dieses ist weniger den Branchen, sondern der manchmal komplexen Rechtsprechung zu verdanken.

    Juristen, die in technischen Bereichen nicht bewandert sind, brauchen Bezugspunkte für ihre Argumentation. Meist werden Gutachter bemüht um für die Juristen eine Beurteilungsgrundlage zu haben.

    Früher reichte DIN als Norm aus, mit den gefallenen Handelsgrenzen sind die meisten DIN-Normen in international anerkannte ISO-Normen übergegangen.

    Wir können als Drucker zunächst tun und lassen, was wir wollen (auf das Druckprodukt bezogen), wenn allerdings der Kunde reklamiert und es zu einem Gutachten kommt, zählt nur noch, welche Standards und Normen werden im Streitfall zugrunde gelegt und wie weit liegt das reklamierte Produkt abseits der Normen und Standards. Das ist die (technische) Grundlage jeglichen Urteils.

  • Hallo Rumo,

    ein interessanter Beitrag, besonders zur Herkunft. Ein bisschen zu kategirisch klingt er allerdings: Um bei einer Reklamation gerichtlich relevant zu werden, muss im Vertrag zwischen Kunde und Drucker eine entsprechende Norm vereinbart sein. Sie gilt also nicht automatisch als Rechtsgrundlage.

    Möglicherweise vereinbaren das viele in ihren AGBs, ohne extra darauf hinzuweisen.

    Bei vielen Rechtsstreiten werden Normen von der einen oder anderen Partei als Bezug mitverwendet. Ohne echte Vereinbarung haben sie allerdings nur Informationscharakter, wenn auch einen sehr hilfreichen.

    Viele Grüße & ciao

    Inkman

  • Servus!

    Wir können es natürlich auch sehr kompliziert machen. Streitfall, Rechtgrundlage, Rechtsprechung und sonstigen Bla Bla Schwachsinn.

    Wir sind hier im Druckbereich und nicht im Habe recht und verklage mich doch.

    Echt mal, ok Norm hin und her. Dieser Bereich, sollte vorher festgelegt und von beiden Seiten akzeptiert werden.

    Gruß

    Maik

    Drucker aus Leidenschaft

  • Ja Auslegungsbereich hast du schön gesagt. Gerade haben wir einen Auftrag, der eigentlich mit einem leichten grauen fond unterlegt ist. Jetzt ist der Kunde aber mittlerweile bei einem leicht Creme farbenen beige angekommen, 30000bg mit einer Dichte von 0,11 mit gelb Filter. 6g gelb und 6g orange auf 2500g transparent weiß, super Farbe

  • Ja Auslegungsbereich hast du schön gesagt. Gerade haben wir einen Auftrag, der eigentlich mit einem leichten grauen fond unterlegt ist. Jetzt ist der Kunde aber mittlerweile bei einem leicht Creme farbenen beige angekommen, 30000bg mit einer Dichte von 0,11 mit gelb Filter. 6g gelb und 6g orange auf 2500g transparent weiß, super Farbe

  • karsten1077

    Ok. Der Kunde ist anscheinend nicht vor Ort. Das Material ist eine Charge. Also, wenn er so korrekt ist und etwas vom drucken versteht.

    Wird er euch einen gewissen Spielraum lassen, ansonsten muss er vor Ort die OK Bögen signieren.

    Dies ist ein altbekannter Ablauf, zwischen Kunde und Drucker. Dieser Ablauf zeigt das Vertrauen zueinander und sollte nicht durch AGB's

    vorgeschrieben werden.


    Gruß


    Maik


    Drucker aus Leidenschaft

  • Ok. Der Kunde ist anscheinend nicht vor Ort. Das Material ist eine Charge. Also, wenn er so korrekt ist und etwas vom drucken versteht.

    Wird er euch einen gewissen Spielraum lassen, ansonsten muss er vor Ort die OK Bögen signieren.

    Dies ist ein altbekannter Ablauf, zwischen Kunde und Drucker. Dieser Ablauf zeigt das Vertrauen zueinander und sollte nicht durch AGB's

    vorgeschrieben werden.

    Nicht dein Ernst, nach Normierung und Standardisierung des Druckprozesses jetzt wieder den Kunden an die Maschine zu holen?

    Bei sinkenden Auflagezahlen und erodierenden Margen muss das überholte Abstimmen an der Maschine endgültig Vergangenheit sein. Man stelle sich vor, nur 4 "heikle" Kunden am Tag zum Abstimmen einzuladen. Mit Kundenempfang , Begleiten zur Maschine, Kaffeeschwatz, Verabschiedung sind pro Kunden 2 Stunden durch. Ergibt eine Vollzeitstelle, welche jemand zu bezahlen hat. Geschweige von den Stillstandkosten der Maschine und dem komplizierteren Planen, weil der Kunde ja nicht in der Spätschicht zum Abstimmen erscheinen will.

    Man kann auch mit übervollen Auftragsbüchern in die Pleite fahren. Beispiele sind alle paar Monate in der Presse zu finden.

    Anstelle der ganzen Abstimmerei an der Maschine muss heute das vorgängige klärende und Toleranzen aufzeigende Gespräch mit dem Kunden stattfinden. Das braucht aber umfassendes Fachwissen vom Sachbearbeiter und auch Eier. Es ist einfacher, übertriebene Erwartungen vom Kunden abzunicken und die Folgen davon in den Drucksaal zu delegieren.

  • Servus!

    Cyberfisch

    Ich hab sehr gerne Kunden zum Abstimmen an unserer Maschine,

    Bin sehr Kontaktfreudig, fachsimble auch sehr gerne über das was Drucktechnisch möglich ist.

    Merkt man nach spätestens 10 Minuten wie der Kunde langsam tickt und es läuft. So ein Gespräch ist in

    meinen Augen sehr wichtig und das Gefühl braucht auch die Kundschaft.

    Gruß


    Maik


    Drucker aus Leidenschaft

  • Ich hab sehr gerne Kunden zum Abstimmen an unserer Maschine,

    Bin sehr Kontaktfreudig, fachsimble auch sehr gerne über das was Drucktechnisch möglich ist.

    Merkt man nach spätestens 10 Minuten wie der Kunde langsam tickt und es läuft. So ein Gespräch ist in

    meinen Augen sehr wichtig und das Gefühl braucht auch die Kundschaft.

    Freut mich sehr, dass du den Kunden nicht als lästiges Übel betrachtest. Dass das Drucken doch so schön wäre, wenn es nur die Kunden nicht gäbe.

    Aber eben, ein Drucker ist ein Drucker, kein Gastgeber und auch kein Fachberater für interessierte Laien. Es ist meine Meinung, dass es heute betriebswirtschaftlich nicht mehr zu verantworten ist, wenn der Kunde an der Maschine steht. Um dies zu umgehen, ist das normierte Drucken erfunden worden. Warum wird denn ein teures durchgehendes Farbmanagement im Betreib implementiert, wenn der Kunde ganz am Schluss doch noch bestimmt, dass die Farben knallen sollen.

    Aus meiner Sicht ist der Königsweg, vorgängig den Kunden über Toleranzen. mögliche Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten ehrlich und offen aufzuklären und das Wort "abstimmen" gar nicht mehr in den Mund zu nehmen. Junge Agenturen und Geschäftsleute kennen diese altväterische Vorgehensweise auch gar nicht mehr.

    Auch wenns nur fünf Kunden im Jahr sind, welche an der Maschine stehen, sind dies für mich fünf Kunden zu viel. Warum einer erlauchten Schar Kunden eine Sonderleistung gewähren, welche die anderen Kunden indirekt mitzuzahlen haben?

    Meinen skeptischen Kunden schlage ich vor, mit einer kleineren Testauflage zu starten und eventuelle Änderungen bei einer folgenden Hauptauflage vorzunehmen. In dreissig Jahren Kundenberatung habe ich so gerade einmal einen Xylographen und einen Grafiker an die Maschine begleitet. Farbliche Änderungen an Hauptauflagen sind nie von den Kunden gewünscht worden.

  • Denke das ist immer sehr Kunden und Produkt bezogen. Irgendwelche 0815 4/4 farbige Broschüren werden selten begleitet. Kommt allerdings eine neue Zigaretten Marke auf den Markt, steht zu 95% jemand an der Maschine. Auch bei großen renommierten Unternehmen, die voll mit ihren Agenturen verbunden sind. Coca cola, storck, Lufthansa... Manchmal will der Kunde einfach sehen wie sein Baby geboren wird. Oft ist es dann auch nur eine 10 Minuten Sache. 2 Abzüge, ja wunderbar. Von früher kenne ich es allerdings auch noch anders. Da kam der Einkäufer für Camel 🐪. Schmiess 5 DM auf den Tisch, kann Mal einer von den stiften Zigaretten ziehen? So die Packung ist das Muster, so soll es aussehen. Das waren dann längere Aktionen 😜🤣