Frage 301, Im Offsetdruck beobachten wir meistens eine Tonwertzunahme, wenn wir die Rasterflächen der Druckplatte mit denen des Druckes vergleichen. Welche Effekte beeinflussen diese Zunahme?

  • Meine Antwort:

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    1. Ein Rasterpunkt auf der Offsetplatte wird die Farbe nicht ganz randscharf annehmen. Er wird versuchen, mehr von der zügigen (also gut zusammenhängenden) Farbe anzunehmen, als ihm seine Fläche zugibt.

    Es gibt eine Konkurrenz der Oberflächenbenetzung. Wenn der Feuchtmittel - pH steigt, schwächt er interessanterweise die bildfreien Flächen. Damit kann sich der Rasterpunkt verbreitern, eine Rasterfläche sogar ganz zulaufen. Oberhalb von pH 5,3 (!) schon beginnt diese Gefahr - besonders im Gelb und im Magenta.

    Gibt man Kalklöser (Calgon) ins Feuchtmittel, stärkt man interessanterweise die bildfreien Flächen, und die Punkte drucken spitzer aus. Es ist also ein empfindliches, oberflächenchemisches Geschehen, das die Farbbesetzung der Rasterpunkte bestimmt.

    2. Selbstverständlich hat auch das Breitquetschen zwischen Walzen und Zylindern seinen Anteil. In der Literatur wird es gewöhnlich als einziges genannt. Nur kommt es nicht merkbar daher: Die Farbschicht ist ~1µm dick, und ein Rasterpunkt bei 60 L/cm hat etwa 80 µm Durchmesser, stellt also eine hauchdünnes Blättchen dar. Und das soll noch deutlich breiter gequetscht werden? Bei solchen Viskositäten?

    Die Unebenheiten der Plattenoberfläche sind viel stärker als die Farbschicht, 10 - 15 µm. Wenn die Oberflächen des Gummituches und dann besonders des Bedruckstoffes aber weich und zerklüftet sind, wird bei jeder Übergabe der Punkt merkbar breiter gezogen. Er wird dabei auch uneben, weil er sich den Oberflächen anpasst.

    3. Auf Bedruckstoffen, in die das Licht etwas eindringt, kommt noch eine extra Wirkung der bedruckten Rasterfläche hinzu, der Lichtfang. Er ist physikalisch vorhanden, also keine optische Täuschung. Er verstärkt die Farbwirkung einer Rasterfläche, ihre optische Dichte. Korrekt wird deshalb die optische Wirkung der Rasterfläche als Tonwert bezeichnet. Etwas missverständlich hat sich in der Literatur der Ausdruck „optisch wirksame Flächendeckung“ eingebürgert und wird als FD abgekürzt, z. B. in der bekannten Gleichung nach Murray und Davies. Die echte Flächendeckung ist selbstverständlich die geometrische, also ohne den Lichtfang. siehe auch Fragen 54 und 170 und 13

    Es wäre hier übrigens interessant, mal Plattenhersteller oder Maschinenbauer zu interviewen. Möglicherweise wird das Thema dann noch breiter.

  • Tatsächlich wird der Begriff "optisch wirksame Flächendeckung auch so gelehrt. Ich möchte nochmal betonen das sich Tonwertzunahme aus zwei Faktoren ergibt. Die Sammelbegriffe sind optical und mechanical gain ( neudeutsch eben ) . Unter den mechanischen Zuwächsen findet sich alles wieder was wir für den Druck benötigen. Maschine, Farbe, Geschwindigkeit, Anzahl Druckwerke, Gummitücher und und und.

    Der optische Zuwachs ergibt sich aus dem erwähnten Lichtfangeffekt. Ein Lichtstrahl dringt beispielsweise neben dem Rasterpunkt in den Bedruckstoff ein und remittiert durch den Punkt zum Beobachter. Er enthält somit eine "falsche" Farbinfomrtion und verbreitert die eigentliche geometrische Fläche.

    Dieser Streueffekt vergrösst sich mit der Topologie des Bedruckstoffes. Je unebener dieser wird ( ungestrichen ) umso mehr kann das Licht eben streuen und falsche Farbinformationen verbreiten.

    Ich habe nicht mehr die genauen Zahlen im Kopf aber der optische und der mechanische Einfluss auf die Tonwertzunahme sind nahezu gleich gross.

    Toller Beitrag

  • Unser "Technischer Leiter" erklärt uns des Öfteren, dass der Punktzuwachs im Sommer, bei hohen Temperaturen, größer ist, als wenn es kalt ist.
    Deshalb müssen wir bei Folgeaufträgen mit den Dichtewerten teilweise extrem gehen.

  • Servus!

    Walzentyp=Walzenjustage=Zusätze=Plattentyp=Druckkurve=Gummituchtyp=Aufzugstärke=Pressung=Geschwindigkeit=Papiersorte=Temperatur=

    Greifersystem. Wenn diese vielen Faktoren in der Praxis zusammen Harmonieren,also aufeinander abgestimmt sind. Dann hat man als Ergebnis die

    geringste Tonwertzunahme. Das sollte in regelmäßigen Abständen mit der CTP abgegliechen werden und bei jeder neuen Abänderung an Materialien,

    an die Vorgaben kontrolliert werden.


    Gruß


    Maik


    Drucker aus Leidenschaft

  • Wobei man immer vorsichtig sein sollte mit der "geringsten" Tonwertzunahme. Das ist nichts erstrebenswertes. Das Ziel ist eine wiederholbare Tonwertzunahme, zum Beispiel eben nach ISO 12647-2. Das zu erreichen ist die gemeinsame Aufgabe von Produktion und Druckvorstufe.

  • Servus!

    Natürlich hast Du diesbezüglich der Wiederholbarkeit in z.B. Folgeaufträge auf anderen Maschinen recht.

    Mit meiner Ausführung zu diesem Thema,bin ich vom Idealzustand ausgegangen um die Tonwertzunahme so gering wie als

    möglich zu halten.

    In der Praxis sieht es natürlich anderst aus. Es ist alles reine Theorie und das diese beiden desöftern um einiges auseinander liegen,

    das ist ja allen bekannt. Die Zufriedenheit des Kunden ist das Ziel und das haben wir als Drucker uns zur Tagesaufgabe gemacht.


    Gruß


    Maik


    Drucker aus Leidenschaft