Tarifbindung in der Druckindustrie

  • Gestern ist wieder eine Tarifrunde in der Druckindustrie gescheitert.



    Mich würde mal interessieren, wer in einer BOGENoffsetdruckerei arbeitet, welche im Bundesverband Druck gebunden ist und geltenden Tarif für alle bezahlt.


    Oder wird hier hauptsächlich für den Rollenoffset/Tiefdruck verhandelt?


    Beste Grüße, Robert Kleist

  • Hier mal ne Übersicht von 2014. Meiner Einschätzung nach sind es fast nur die Zeitungsverlage und keine Bogendruckrerei (da merk ich es auch wenn mal die Zeitung nicht da ist) 2014 haben da aber nur 1100 Leute gestreikt.


    Zum Vergleich.. IG Metall traten gesten 86.000 Beschäftigte aus fast 570 Betrieben kurzzeitig in den Ausstand.


    Ich wunder mich dass da überhaupt noch verhandelt wird.


    Hab die Tage ne Disskussion mit nem Kumpel gehabt... der konnte nicht verstehen dass es bei uns nicht automatisch jedes Jahr 3% + Erfolgsprämie gibt.


    Grüße mac-steve

  • Ein Blick in dir Stellenangebote der Jobbörse hilft.
    Gut jeder Zehnte bietet laut Ausschreibung eine Bezahlung nach Tarifvertrag.
    Tendenz?
    Also uns sind dies Jahr schon 3 gute Leute abgewandert die jetzt Tarif bekommen.

    Habe deinen Rat befolgt und einen Blick auf die Stellenangebote geworfen und es stimmt.
    Fast überall steht "Bezahlung nach Tarif IGZ". ;)


    Ernsthaft, ich kenne lediglich einige sehr wenige Verpackungsdruckereien, die sich diesen "Luxus" erlauben können, den Drucktarif zu zahlen.
    Ich bin mehr als froh, dieser Branche inzwischen "entkommen" zu sein. Mein Verdienst ist jetzt besser als je zuvor und es ist endlich eine Wertschätzung für das Geleistete gegeben.

    Optimismus ist nur ein Mangel an Information
    (Heiner Müller)

  • Servus an alle,
    also wir sind eine Formulardruckerei und wurden immer und werden auch bis jetzt noch nach Tarif bezahlt, und das obwohl der Betrieb schon vor 6 Jahren aus der Tarifbindung ausgestiegen ist. Wir bekommen noch volles Weihnachts -und Urlaubsgeld. Also es ist nicht alles " Scheiße" in der Druckindustrie. Natürlich ist die Zeit, wo wir als Drucker über den Stundenlohn der Metaller gelacht haben ( ich habe die Zeiten noch mitgemacht, arbeite aber dafür auch schon 33 Jahre im 3- Schichtbetrieb) schon lange vorbei. Ich habe noch 10 Jahre bis zur Rente zu arbeiten ( hoffe ich mal)
    Das werde ich noch schaffen, ich mach mir nur immer mehr Sorgen wie es mit den jungen Kollegen( Offsetdrucker) weiter gehen kann bzw. soll?? Hat unser Beruf noch Zukunft? Hier bin ich ratlos.
    Gruß
    Endloser

  • In meiner mini-Druckerei zahle ich auch nach Tarif, obwohl es mir manchmal so vorkommt, als wäre ich der einzige ;)


    Letzte Woche war ich auf der Bezirksversammlung beim Verband. Thema war dort natürlich auch die überzogene Forderung der Gewerkschaft in einer Branche, die Schwierigkeiten hat, das auch zu erwirtschaften. Interessant wäre, wie viele Betriebe überhaupt noch tarifgebunden sind. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass die Gewerkschaft hier eigentlich nur noch für wenige Leute verhandelt und somit die Situation für die tarifgebundenen gegenüber den nicht tarifgebndenen Unternehmen weiter verschlechtert.


    Anderes Thema war auch, dass wir in der Branche laut einer Umfrage Fachkräftemangel haben (wenn ich mich recht erinnere haben über die Hälfte der Betriebe Schwierigkeiten, offene Stellen adäquat zu besetzen). Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das zum Teil auch mit schlecher, untertariflicher Bezahlung zusammenhängt.

  • Fände es auch toll wenn diejenigen die noch tarifgebunden sind ,das auch bewerben.
    Auf jede Homepage wo man schaut steht . Fsc. PSO .Co2 blablabla zertifiziert.
    Aber so eine Zertifizierung wäre mal was konkretes.
    Glaube es gab sowas schon mal im Ansatz. Erinnere mich dunkel.


  • Anderes Thema war auch, dass wir in der Branche laut einer Umfrage Fachkräftemangel haben (wenn ich mich recht erinnere haben über die Hälfte der Betriebe Schwierigkeiten, offene Stellen adäquat zu besetzen). Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das zum Teil auch mit schlecher, untertariflicher Bezahlung zusammenhängt.

    Das mit dem Fachkräftemangel kann ich mir inzwischen durchaus vorstellen. Ich selber kenne eine ganze Menge Drucker die die Branche inzwischen verlassen haben (so wie ich ja auch).
    Das hängt aber nicht nur an der Bezahlung, sondern auch sehr viel an den Arbeitsbedingungen in der Branche.

    Optimismus ist nur ein Mangel an Information
    (Heiner Müller)

  • Meine Firma ist im Insolvenzverfahren! Investoren sind gefunden.es geht weiter!
    Die Frage ist wie lange?Uns allen werden neue Arbeitsverträge hingehalten..wer unterschreibt ist weiterhin dabei!
    Wer nicht ist weg vom Fenster.
    Knebelvertrag ..anders kann man das nicht nennen.mein Stunden Lohn wird um 2euro gekürzt! Zuschläge fallen weg!
    Nachtschicht nur 30 %..kommt jemanden das bekannt vor? Hat Erfahrung mit dem Scheiss?

  • Anderes Thema war auch, dass wir in der Branche laut einer Umfrage Fachkräftemangel haben (wenn ich mich recht erinnere haben über die Hälfte der Betriebe Schwierigkeiten, offene Stellen adäquat zu besetzen). Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das zum Teil auch mit schlecher, untertariflicher Bezahlung zusammenhängt.

    Wenn ich mir so die *Angebote* von Firmen angugge die suchen und keine Fachkräfte finden, für ein mega geiles Einkommen von 12,50 - 15.- / Stunde
    kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, keine Bonizahlungen, Überstunden auf ein Gutstunden-Konto bis open end, 25% Nachtschichtzuschläge kam ich jetzt
    zu der Überzeugung dass ich ne Dönerbude aufmache :thumbup:


    In diesem Sinne bei mir bald an der Bude, Nob

  • Eine Insolvenz ist immer hart, aber gerade für eine Druckerei oft ein Segen. 3 Monate werden alle Löhne inklusive Sozialabgaben übernommen, es können ungünstige Altverträge aufgehoben werden und dadurch das der Fortbestand des Unternehmens an erster Stelle steht müssen die Rechnungen auch nur zwischen 30 und 50% beglichen werden.
    Oft ist auch ein Grund die zu hohen Lohn und sonstigen Forderungen der Belegschaft ein Grund für die Insolvenz.
    Dafür bedeutet eine Insolvenz auch immer das oft die "besseren" Mitarbeiter abspringen, es gibt einen Wartungsstau an den vorhandenen Maschinen und durch den allgemeinen Stress steigen die Krankheitstage der verbliebenen Mitarbeiter.


    Die Mitarbeiter müssen sich selbst hinterfragen ob ihre Forderungen nicht zu hoch sind, aber wenn die Lösung trotz der wirtschaftlichen Vorteile einer Insolvenz nur Dumpinglöhne der verbliebenen Mitarbeiter sind, dann ist der Laden spätestens in einem Jahr wieder in der Insolvenz.
    Deswegen müsstest du sagen was du vorher verdient hast, aber ein Facharbeiter sollte wie einer bezahlt werden.

  • danke...eine sicher gute Analyse!Ich hab heute noch ein Gespräch mit einem Anwalt.
    Will mich noch mal richtig beraten lassen.
    Letztlich werde ich unterschreiben müssen...da ich mit 52jahren hier in meiner Umgebung einfach keine Chance habe was gleichwertiges zu finden! Als Drucker mit 36jahren Erfahrung sind 15auro... recht wenig! Auch wenn hier die Provinz ist!

  • Oft ist auch ein Grund die zu hohen Lohn und sonstigen Forderungen der Belegschaft ein Grund für die Insolvenz.

    Eine Insolvenz ist immer hart, allerdings in erster Linie für die Mitarbeiter, die sich jahrelang den Arsch aufgerissen
    haben um das Unternehmen hoch zu bringen.
    Das einfachste ist natürlich alles auf die Mitarbeiter abzuschieben ... zu hohe Löhne, zu hohe Forderungen usw.
    Aber sind wir doch mal ehrlich.. ich war in 3 insolventen Firmen bevor ich mich als freischaffender selbständig machte,
    es waren nicht die Löhne, es waren die Geschäftsführer die das erwirtschaftete Geld in vollen Zügen ins private
    transferierten, fette Villen, dicke Autos und große Yachten .. für die Verbindlichkeiten der Firma war irgendwann
    kein Geld mehr vorhanden, Rücklagen ? Fehlanzeige !


    Die erste Firma nach meiner freischaffenden *Karriere* nach knapp 11 Jahren, das gleiche, die zweite ebenso
    Ich war in gesamt 5 insolvenz Firmen und überall das selbige Verhalten der teils selbstverliebten Geschäftsführer,
    egal ob Meister, Techniker, Kaufmann oder Ingenieur ...


    Den größten Nachteil haben immer die Beschäftigten ....


    Peter ich wünsche dir das allerbeste, dass du schnellstmöglich entweder einen anderen Job bekommst oder wieder
    in sicheres *Fahrwasser* kommst und dein Arbeitsplatz erhalten bleibt, auch wenn er mit Nachteilen verbunden ist.


    Gruß, Nob

  • Vielen Dank! Tja wahrscheinlich wird wohl nix anderes übrig bleiben als diesen Knebelvertrag zu unterschreiben und mehr für weniger Geld weiter zu arbeiten! Mein Anwalt hat viele Fehler aufgedeckt im Vertrag....aber eine Kündigungsschutzklage bringt nur nen Haufen Ärger!
    Mobbing und keine Ahnung...
    Ich werd mit dem Chef nochmal vernünftig reden...glaub aber nicht das er einknickt! Recht haben und Recht bekommen sind halt zwei Paar Schuhe!

  • @Norbert1962 ich kenne diese Beispiele und die gibt es zur Genüge, oft werden Fehler im Management gemacht, bzw. einfach das Geld aus der Firma gezogen und somit die Firma in die Insolvenz getrieben.


    Stimmt die Firmenstruktur nicht, dann verschiebt Lohndumping das Problem nur und behebt es nicht. Die Mitarbeiter zwischen 50 und 60 trifft es fast immer am härtesten im Falle einer Insolvenz, weil diese die schlechtesten Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.


    Doch kenne ich auch Fälle von Inhabern/Geschäftsführern die mir glaubhaft gesagt haben, genau diese "Gruppe" hat mit ihren Forderungen den Fortbestand der Firma nicht möglich gemacht. Es wurde auf Privilegien aus längst vergangen Zeiten fest gehalten, neues immer abgelehnt und es war ein Gesetz für die das der Chef und die Firma immer im Reichtum schwimmen.


    Billig und günstig ist nie die Lösung für eine Firma in Deutschland, trotzdem müssen alle Abstriche machen. Düst der Chef nach so einem Gespräch mit den neuen Luxuswagen ab in den Urlaub, dann sollte man auf einer hohen Forderung bestehen.

  • @TrocknerSpezi, du hast auch recht, doch ich kann nur meine eigenen Erfahrungen hier wieder geben
    und nach 5 Insolvenzfirmen, bei denen alles nach dem gleichen Muster ablief, stösst mir das auch ein
    wenig auf wenn die Schuldigen wiedermal nur die Mitarbeiter sind.. ist zu einfach.
    Das ganze Thema ist sehr komplex und zum Bücher schreiben über Insolvenzen in der Druckindustrie
    habe ich keine Lust, würde eh zu nichts führen.
    Doch sei dir versichert, ich verstehe auch deine Seite.


    Gruß, Nob

  • Doch kenne ich auch Fälle von Inhabern/Geschäftsführern die mir glaubhaft gesagt haben, genau diese "Gruppe" hat mit ihren Forderungen den Fortbestand der Firma nicht möglich gemacht. Es wurde auf Privilegien aus längst vergangen Zeiten fest gehalten, neues immer abgelehnt und es war ein Gesetz für die das der Chef und die Firma immer im Reichtum schwimmen.

    ehrlich gesagt muss ich wenn ich sowas lese lauthals Lachen. :D
    Mehr habe ich dazu nicht zu sagen!!!!


    Grüße
    Günter

    Alles Wahre ist so einfach, dass es eigentlich nur ein Dummkopf verstehen kann. Darum haben es ja die klugen Köpfe so schwer.

  • ....es kommt doch auch sehr auf die Betriebsgröße an.
    Wenn ein Betrieb mit 200 Leuten meint, daß die Mitarbeiter an der Insolvenz schuld sind, ist das einfach nur lächerlich,
    auch wenn da die eine oder andere taube Nuss dabei ist.
    Anders sieht es da mit einem 5-Mann Betrieb aus,
    da kann nicht einfach der Bubi weiterdrucken wenn die 2 Drucker meinen daß die blöd machen müssen.


    Und ich glaube kaum, daß wenn sich jemand über den Luxuswagen oder Villa des Chefs mokiert,
    er über die ganz genauen Hintergründe, Geldströme und Finanzierungen Bescheid weis.
    Da wäre ich mit Vermutungen äußerst vorsichtig.
    Solche Aussagen sind auch lächerlich.


    Über die Lieferanten mache ich mir übrigens die geringsten Sorgen,
    sind die doch in aller Regel gegen Ausfälle abgesichert.
    Und wenn nicht, selber schuld.


    Schuld an den ganzen Insolvenzen hat übrigens ein sehr großer Anteil unsere Bundesregierung.
    Es wird den Betrieben einfach zu leicht gemacht,
    auch mit der Hoffnung einfach nach der Insolvenz weitermachen zu können.
    Mittlerweile gehört es ja schon in gewissen Kreisen zum guten Ton, mindestens
    schon eine Insolvenz hinter sich gebracht zu haben.
    Nicht mehr wie vor 30 Jahren, wo der Unternehmer sich aus Scham nicht mehr durch die Stadt getraut hat.