Was ist eigentlich mit Blei in Offset-Druckfarben?
Meine Antwort:
Blei gilt als besonders giftig und gesundheitsschädlich und wird in der öffentlichen Diskussion oft und gerne angesprochen. Früher war es in Wasserleitungen, im Dachbau, im Rostschutz (Mennige) verfügbar - seit der Antike und praktisch allerorten. Inzwischen wissen wir, dass es nicht nur selbst als Substanz giftig ist („akute Bleivergiftung“ s. a. Wikipedia), sondern auch die ständige Aufnahme geringer Spuren schädlich sind: Es reichert sich im Körper über die Jahre an. Es ist als krebserregend im Tierversuch und fruchtschädigend klassiert und kann eine lange Liste von Krankheiten auslösen.
Mittlerweile sind nicht mehr viele Bleigeräte im alltäglichen Gebrauch, so dass wir für unsere Druckprodukte als mögliche Einschlepper hauptsächlich die Druckfarben haben, vornehmlich die Pigmente. Sie gehen bei ihrer Herstellung oft durch aufwändige chemische Prozess und Behandlungen, bei denen auch solche besonderen Verunreinigungen möglich sind. Selbstverständlich wird dieser Aspekt streng kontrolliert.
Ich habe noch erlebt, dass Bleiverbindungen als Rezeptkomponenten eingesetzt wurden, z. B. als Trockner. Als immer mehr der Risiken bekannt wurden, mussten wir Farbhersteller diese Verbindungen aus den Rezepten streichen. Das ist überhaupt ein ganzer Teil der Entwicklungsarbeit an Farbrezepturen, dass bei Bekanntwerden von Verdachten Ersatz gesucht wird. Man wartet durchaus nicht mit dem Austausch, bis Vorschriften ihn erzwingen.
Danach war die Auskunft „nicht als rezeptmäßiger Bestandteil unserer Rezepturen“ auch nicht mehr ausreichend. Das ernste Problem sind in solchen Fällen die ungewollten Verunreinigungen, eben über zugekaufte Rohstoffe wie z. B. Pigmente. Erst mit dieser Kenntnis kann man für sein Produkt zusichern, dass bestimmte Grenzen an Bleikonzentrationen nicht überschritten werden.
Ein rhetorisches, aber in der Presse und Politik durchaus echtes Problem ist, dass die heutige chemische Analytik uns fast immer Zahlen gibt. Wir kommen bei vielen Substanzen an die so genannten „Allgegenwarts-Konzentrationen“. Dort wird es schwierig, alle Forderungen zu erfüllen. Manchmal hilft der Austausch eines Rohstoffes auf einen gleichen aus andere Quelle mit geringeren Spuren, aber nicht immer. Deshalb sollten wir bei unseren Forderungen nach Reinheit immer auch den Fachverstand einschalten. Es genügt noch nicht mal immer, dann auch höhere Materialpreise in Kauf zu nehmen, weil es die Reinheit manchmal gar nicht gibt.
Zugegeben, es ist auch schwer, wirkliche Grenzen für Schädlichkeit zu ermitteln und nicht einfach vorauseilend noch niedrigere Werte zu fordern. Hier müssen wir unsere Politiker an ihre Verantwortlichkeit mahnen. Denn wirklich eine Ahnung von der Sache können sie - wie auch die beteiligten Journalisten - gar nicht haben. Nehmen wir als griffiges Beispiel mal die aktuellen Schadstoff-Diskussionen um die Verbrennungsmotoren.