Was für Stoffe sind optische Aufheller, und wo liegen ihre Vor- und Nachteile?
Danke, Schubbeduster für die Anregung. Meine Antwort:
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Unsere üblichen Pigmente schlucken (absorbieren) einen Teil des sichtbaren Lichtes und geben uns den Rest zurück. Oder in buntem Glas lassen sie es durch.
Tageslicht-Leucht-Pigmente (auch Fluoreszenz,- oder Neon-Pigmente) absorbieren auch im UV-Bereich, wie praktisch alle anderen. Ihre Besonderheit: Sie geben die gewonnene Energie nicht einfach als Wärme ab, sondern verdauen sie in den Molekülen und geben einen Teil bei niedrigerer Wellenlänge, hier im Sichtbaren wieder ab. Damit nehmen sie einen Teil des Lichts, den wir gar nicht selbst erkennen und senden zusätzliches, farbiges Licht an unsere Augen. Wir bekommen also nicht nur den Rest, sondern etwas Zusätzliches.
Die Fluoreszenzfarbe, also die zusätzliche, kann irgendwo im Spektrum des sichtbaren Lichtes liegen – je nach Molekülbau des Pigmentes. Und wenn man die Pigmente so auswählt, dass sie gerade am energiereichen blauen Rand unseres Sichtbereiches senden, bekommt das Material einen leichten Blaustich. Damit wird der „natürliche“ Gelbstich vieler Bedruckstoffe überkompensiert, und wir finden das Ergebnis weißer als den ungeschminkten Zustand, Weißgrade über 100%.
Das Ganze ist ein technischer Verkaufstrick. Wir kennen ihn auch aus anderen Gebieten, z. B. Waschmittel (Weißmacher).
Im Grunde gewöhnen wir die Verbraucher damit an Dinge, die künstlich überhöht sind. Warum nicht? Spricht denn etwas dagegen?
Ja, diese Substanzen sind zwar nicht giftig (toxisch), gehören aber auch nicht in die Palette der natürlich vorkommenden Stoffe. Wenn sie nötig oder wenigstens nützlich wären, könnte man ja ihr Risiko prüfen, abwägen und sie verantwortungsvoll einsetzen. Sie sind aber nicht notwendig, eher überflüssig und entwickeln unser Empfinden von einem natürlich gegebenen Maß in ein künstliches.
Beim Rezeptieren von Sonderfarben machen die Aufheller Probleme, auf die man erst einmal kommen muss, um sie dann zu lösen. Die ersten Farbrezeptieranlagen hatten Spektralfotometer, die nur im Sichtbaren maßen. Das scheint ja auch vernünftig, weil es das System nicht unnötig verteuert. Mit ihnen gab es aber systematische Fehler bei den Farbkorrekturen. Es wurde lange gerätselt. Bis man dahinter kam, dass das Problem nur bei aufgehellten Papieren auftrat. Man musste sowohl die Pigmente, als auch die Bedruckstoffe über einen weiteren Spektralbereich vermessen, um der Sache Herr zu werden.
Als Greenpeace die Chlorbleiche des Zellstoffes abschoss, gab es die historische Chance. Das chlorfrei gebleichte Papier war gelblicher, Recycling-Qualitäten sogar bräunlicher als gewohnt – und wurden zuerst besonders gelobt. Wir hätten auf eine, möglicherweise doch auch risikobehaftete, Stoffklasse verzichten können, quasi ein Neustart. Natürlich haben wir uns wieder für die „schöneren“ Papiere entschieden. Das ist so wie der aktuelle Hype um Diesel-Fahrverbote und E-Mobilität. Was kaufen nicht nur die Amis, sondern auch wir verstärkt? Dicke SUVs. Sind eben chic.