Hogenforst Diamant Trettiegel mit Farbvorrat

  • Hallo zusammen,


    mein Name ist Chris und ich bin heute eher zufällig an den im Betreff genannten Tiegel gekommen. Ich beschäftige mich eigentlich mit der Kunst und fertige Kunstdrucke die ich bis dato von Hand ausgeführt habe.


    Mich interessieren alle Formen des Kunstdrucks und habe bereits lange nach Andruckpressen und auch Trettiegeln Ausschau gehalten. Vorgestern bin ich dann fündig geworden und seit gestern steht sie bei mir auf dem Hof/in der Scheune.


    Sie hat keinen Rost. Ist meiner Meinung nach technisch in einem sehr guten Zustand und ist (zu) gut geschmiert. Alles ist voll Fett. Nach einer Reinigung soll sie in mein Büro/Atelier einziehen. Dieser Raum befindet sich in der ehemaligen Werkstatt die, bis auf ein ca 5cm hohes Trittchen, ebenfalls ebenerdig ist. Nun nähern wir uns so langsam meinem Problem.


    Die Eingangstüre zum Büro ist nur 72cm breit. Egal wie ich den Tiegel wenden würde, im Aufgebautem Zustand passt er nicht durch die Türe. Ich muss das Schwungrad und die Welle die durch den Fußtritt angetrieben wird demontieren. Hier möchte ich keine Fehler begehen und suche deshalb bei euch Rat. Nun meine Fragen zu denen ich eure Hilfe anfrage:


    1. Ich habe vor dem Gewischt des Schwungrad Respekt. Ich schätze es auf ca 100 kg. Ich würde das Rad mit einem kleinen rollbaren Kran, den man nutzt um Motoren aus dem Motorraum zu heben, sichern und dann demontieren. Passen meine Annahmen zum Gewicht?


    2. Wie sitzt das Rad auf der Welle? Es wird auf der Radseite auf jeden Fall mit einer Mutter gesichert. Löst man die, kann man das Rad einfach von der Welle ziehen? Ich hoffe ich brauche kein spezielles Werkzeug?


    3. Wenn das Rad demontiert ist, löse ich vier Schrauben auf der Rückseite des Tiegels und kann die Spangen abnehmen die die Welle an der Konsole befestigen. Ich markiere mir die Zahnradposition auf der gegenüberliegenden Seite vom Schwungrad und kann ebenfalls mit dem Kran die Welle demontieren. Wie findet ihr die Idee? Übersehe ich was? Reicht es das Zahnrad zu markieren oder muss ich auf eine weitere Einstellung der Welle acht geben?


    Ich hoffe sehr jemanden zu finden der sich mit der Materie auskennt und mir wertvolle Tipps zum Vorhaben liefern kann dafür bedanke ich bereits heute, im Vorfeld.


    LG

    chris_will_drucken

  • Hallo, zuviel Fett kann ich auf den Bildern nicht erkennen, eher viel Rost. Das Vorgehen ist schon richtig, die Hauptwelle muß dann zum Transport demontiert werden. Das Schwungrad sitzt bestimmt auf einem Keil oder Scheibenfeder. Also die Schraube lösen und dann einsprühen mit WD 40 oder Carama. sollte das schwungrad sehr fest sitzen,einen entsprechenden Abzieher benutzen.

  • Das Schwungrad wird nicht so schwer sein, 30-40 Kilo, mehr nicht denke ich. Habe einen ähnlichen Tiegel und da konnte ich das Schwungrad alleine ab- und wieder dranmontieren. Aber ein Kran schadet nicht.

    Du kannst auch das runde Blech einfach abschrauben, dann kannst du das Schwungrad besser anpacken.


    Zurre auch die Tiegelplatte mit einem ordentlichen Spanngurt an der Presse fest, sonst saust sie dir runter wenn du die Welle abmachst.

    Sehr wahrscheinlich brauchst du einen verstellbaren Maulschlüssel zum auseinanderbauen, da die Schrauben noch im Zollmaß sind.

    Sichere auch das Gegengewicht was da oberhalb vom Pedal ist.

    Nimm auch die Gummiwalzen raus, es ist nicht so gut wenn die so lange in der Maschine sitzen, wenn du Pech hast, können die sich an den Auflageflächen plattdrücken.

  • Hallo ihr beiden,


    vielen Dank für eure Antworten. Die haben mir schon sehr geholfen.


    Ich habe heute das Schwungrad und die Welle demontiert. Ohne einen Abzieher hätte ich das Rad jedoch nicht abgezogen bekommen. Grundsätzlich ging es aber sehr gut. Leider habe ich bei der Demontage zwei Beschädigungen aus vergangenen Tagen gefunden. Zum einen ist ein Bolzen am Handgriff zur Andruckstellung im Gewinde in der Bohrung abgebrochen. Dieser ließ sich jedoch gut mit einem Meißel vorsichtig rausdrehen. Jetzt muss ich einen neuen Gewindebolzen und eine Mutter die zur Zeit und der Machine passt suchen.


    Weiterhin habe ich eine Schweißstelle am linken unteren Rand des Druckbettes gefunden. Hier ist an zwei kleinen Schrauben die Haltevorrichtung für das Papier, also die flachen Stangen, befestigt. Leider hat das ganze Konstrukt etwas Spiel. Ich würde nur sehr intern die Schweißstelle öffnen und neu verschweißen und werde es wohl erstmal so versuchen.


    Habt ihr einen Tip wie ich die Gussteile entfetten, also reinigen, kann? Ich möchte es ungern alles mit Bremsenreiniger machen.


    Soll ich das alte Öl/Fett komplett entfernen sofern es mir gelingt, oder einfach neues Öl/Fett eintragen? Was nehme ich hier am besten?


    Lieben Dank euch und viele Grüße

    Chris_will_drucken

  • Grundsätzlich benutze ich zwei Waschmittel. Einmal BÖTCHERIN BLau um die Walzen zu reinigen,denn es enthält pflegende Elemente für die Farbwalzen. BÖTCHERIN GRÜN nehme ich um die Druckformen zu reinigen, es verflüchtigt sich sehr schnell und hinterläßt keinen fettigen Film. Für Polymerdruckplatten soll auch kein Waschmittel auf Wasserbasis verwendung finden. Zum Reinigen der Maschinenteile nehme ich das Bötcherin Blau evtl. gemischt mit Petroleum. Altes Öl abwaschen und durch neues ersetzen,altes Fett auflösen,(evtl. mit säurefreiem Parafinöl) und dann auch ersetzen. Als Öl würde ich bei einer solchen Maschine, ein dickflüssiges Getriebeöl einsetzen.

  • Gib mal bei EBay Maschinenreiniger ein, da findest du was passendes. Ich habe vor ein paar Jahren einen ähnlichen Tiegel komplett auseinandergenommen und damit sauber gekriegt. Der war wirklich komplett verkrustet mit alter Farbe, Fett und Staub.

    Hinterher habe ich alles mit Petroleum abgerieben damit nichts rostet.

    Hier kannst du ein paar Bilder davon sehen wie ich das Teil restauriert habe.

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    An meinem anderen Tiegel war auch eine der Papierhalterungen abgebrochen, ich sichere die Stange einfach mit Klebeband am Tiegel.

  • Hallo zusammen,


    lieben Dank für eure Rückmeldungen. Das ist echt klasse.


    Habt ihr vielleicht eine konkrete Bezugsquelle für das grüne und blaue Böttcherin?


    Nehme ich ein spezielles Petrolium zum abreiben? Ich hätte Balistol genommen, wie steht ihr hierzu?


    Derweil ging es wieder am Tiegel weiter und das nächste Problem ist aufgetaucht. Diesmal wahrscheinlich ein kapitales.


    Ich habe die vordere Druckplatte ausgebaut und dabei leider feststellen müssen, das ein Bolzen abgerissen ist. Auf den beiden folgenden Bildern seht ihr einmal den abgerissenen Bolzen und zum anderen die gebrochene Schweißstelle.


    Für den Bolzen werde ich mit einem Zerspanungstechniker Kontakt aufnehmen und einen neuen anfertigen lassen. Habt ihr eine Ahnung aus welchem Material die sind? Sieht nach Messing/Bronze aus? So ein Mist. Ärgere mich hier sehr drüber. Aber naja, es ist eben ein altes Maschinchen.


    Liebe Grüße

    Chris_will_drucken

  • So wie ich auf den Fotos zu erkennen meine, ist das "Maschinchen" in seinem früheren Leben von einer Transmission angetrieben worden. Es wird darum eine höhere Kraft auf die Maschine eingewirkt haben als bei einer fussangetriebenen Maschine. Zudem werden auf einer motorisch angetriebenen Maschine wohl wesentlich mehr Druckvorgänge erfolgt sein als auf einer pedal angetriebenen Maschine. Kein Wunder also, dass Gussteile, Bolzen und Lager reissen.


    Die Frage stellt sich, ob die Maschine nicht an ihrem Lebensende angekommen ist, ob die Maschine überhaupt in einen reparierten Zustand versetzt werden kann, dass sie heutigen Anforderungen an ein gutes Druckergebnis gewachsen ist.


    Aus Erzählungen von alten Buchdruckern weiss ich, dass man zu Buchdruckzeiten immer wieder versucht hat, gebrochene Gussteile zu schweissen. Mein längst verstorbener Grossvater, auch ein Buchdrucker, hat mir erzählt, dass beim Einbringen einer Buchdruckmaschine diese beim Ablad hart auf den Boden abgestellt wurde und das Fundament darum brach. Die Maschine wurde in einer Spezialwerkstatt instandgestellt, gedruckt habe sie aber trotzdem nicht mehr gut.


    Der abgerissene Bolzen des Trettiegels kann bestimmt wieder neu angefertigt werden. Wie das mit dem gebrochenen und bereits wieder zusammengebratenen Gussteil aussieht...


    Ich wünsche dir, Chris, gutes Gelingen bei der Restauration des Tiegels und dasselbe auch allen Forumschreibenden und -lesenden bei all ihren grossen und kleinen Projekten im neuen Jahr.


    Happy New Year!

  • Wie ich auf den Bildern sehe, ist der gebrochene Bolzen zum Justieren des Drucktiegels. Ein Nachbau sollte problemlos möchlich sein. Die Schweißstelle kann ich so nicht beurteilen, da die Lagerführung nicht gut zu erkennen ist. Für das Waschmittel bitte unter Felix Böttcher einen Lieferanten im Netz suchen.

  • Hallo zusammen und ein frohes neues Jahr,


    für mich ist die Maschine ein erster Gehversuch in diesem Bereich. Bis dato habe ich meine Drucke von Hand hergestellt. Da die Nachfrage und das Interesse steigt versuche ich es mit diesem Trettiegel. Bis dato hatte ich überhaupt nichts mit dem Drucken zu tun, entsprechend befinde ich mich am Start meiner Lernkurve. Gelernt habe ich einmal im Bereich der Informatik und studiert habe ich die Produktionstechnik. Meine Druckergebnisse werden also zu Beginn von minderer Qualität sein. Das muss auch so sein - ich bin ja Laie.


    Den Bolzen und den unteren Teil des Tiegels habe ich bereits einem guten Freund gegeben. Er wird zunächst versuchen das Gussteil zu schweißen (gelernter Schweißfachmann). Falls das nicht funktioniert haben wir beschlossen den „Arm“, zur Halterung der kleinen Welle auf der die „Nadel“ sitzt um den Aufzug zu stabilisieren, zu verlängern. Dieser ist nämlich nicht gegossen und ganz grundsätzlich nur mit zwei Schrauben am Tiegel befestigt. Gelagert ist also nichts in diesem Bereich. Durch die Verlängerung kann man zwei neue Bohrungen vornehmen und neue Gewinde einschneiden. Er wird weiterhin alle Gewinde am Tiegel aufbohren und mit Hilfe von Helicoils neue einsetzen.


    Der Bolzen sieht im Inneren aus als sei er gesintert und dann gedreht. Hat man vermutlich gemacht um eine Art Sollbruchstelle zu schaffen.


    Auf dem damals ersten Blick hielt ich die Maschine für gut im Zustand. Heute würde ich das revidieren und teile eure Meinung das wahrscheinlich intensiv und häufig drauf gedruckt und zu guter letzt gestanzt wurde. Wie dem auch sei. Jetzt ist sie da und soll instand gesetzt werden. Allein aus Respekt der bis hierhin erreichten Lebenszeit.


    Der Lernkurve entsprechend darf dann später auch gerne eine andere Maschine einziehen. Bis dahin vergeht aber Zeit und ich prüfe obendrein wie ich eine ältere Heidelberger durch eine 70er Türe bekomme 🤪


    Liebe Grüße und noch einmal ein frohes neues Jahr

    Chris_will_drucken

  • Was du als "gesinterte Sollbruchstelle" ansiehst, ist eher die über längere Zeit entstandene Abrisskante eines Ermüdungsbruchs.


    Den Bolzen kann man bestimmt problemlos nachdrehen, die Ursache für den Ermüdungsbruch muss aber auch gesucht werden. Eine Ursache könnte beispielsweise sein, dass die Tiegellagerung einseitig "ausgelöffelt" ist und für den Ausgleich die Tiegeljustierung einseitig immer mehr auf Druck gestellt werden musste. Irgendwann war der Bolzen so "verkeilt" dass er der einseitigen Belastung nicht mehr gewachsen war.


    Chris, wie du siehst, kann die Baustelle ganz schnell gross und grösser werden. Bevor du richtig loslegst, möchte ich dir eine Überlegung mit auf den Weg geben:


    Wie du schreibst, bist du ein ambitionierter Laie mit dem Ziel, als Drucker gut zu werden. Du willst auf dem Trettiegel Erfahrung sammeln und vom mässigen Druckergebnis zum Vorzeigeresultat kommen. Mit einer ausgeleierten Maschine wirst du aber nie wissen, ob das mässige Druckresultat deinem Lernstand zuzuordnen ist oder die Maschine daran Schuld trägt, dass es nicht besser ist und nicht besser wird. Ein paar Lettern in einen dicken Zellulosekarton drücken, wird auf der Maschine ohne Problem möglich sein. Wenn du jedoch mehr aus dem Handwerk herauskitzeln willst, wirst du dir bald überlegen müssen wie das mit dem Heidelberger durchs Nadelöhr geht. Simsalabim wird nicht genügen, eher Abrisshammer und breiter Türsturz. (Zu diesem Thema gibt es bereits einige Threads hier im Forum.)

  • An Cyberfisch:

    Was du als "gesinterte Sollbruchstelle" ansiehst, ist eher die über längere Zeit entstandene Abrisskante eines Ermüdungsbruchs.


    Das sehe ich nicht so. Eine Sollbruchstelle ist mit Sicherheit nicht gesintert, eher gesichert. Wie ich es sehe ist es eine Lagerung für die Rückhaltegreifer,hat also keinen Einfluß auf die mögliche Druckqalität. Chris hat bis jetzt noch nichts über die gewünschten Druck-Erzeugnisse berichtet und welche Formen er benutzen will. Natürlich hat ein historischer Zugstangen-Bosten einige Grenzen. Wir dürfen hier nicht Kunsthandwerk mit Industrie-Produkten verwechseln.


    Der Heidelberger Tiegel läßt sich auch zerlegen um durch eine schmale Tür zu kommen. Ob das sinnvoll ist möchte ich jedoch nicht beurteilen.

    Auch sollte darüber nachgedacht werden,ob für Chris eine entsprechende Andruckpresse die bessere Lösung ist. Es kommt doch sehr auf das Produkt an,welches gefertigt werden soll.