Frage 348, Fachsprache: Warum „Flyer“?

  • Meine Antwort:

  • "Flyer" als neuer Begriff für eine ganze Drucksachenpalette postulieren, für welche kein im Deutsch genügend erklärender Begriff existieren soll?



    In meinem Sprachgebrauch verwende ich:


    Flugblatt: Ungefalztes Blatt bis ca. A4 mit einer ereignisbezogenen Mitteilung.


    Postwurfsendung: Flugblatt oder Prospekt nach Postnorm.


    Prospekt: Meist gefalztes Blatt mit einer erweiterten Mitteilung.


    Heft: Geheftete Broschüre ab 2 Blätter Umfang.


    Broschüre: Geheftete, klebegebundene oder anderswie gebundene Broschüre ab 2 Blätter Umfang.


    Block: Meist quergeheftet und gefälzelt oder kantengeleimt beispielsweise für Durchschreibesätze.


    Taschenbuch: Klebegebunden mit grösserem themengebundenen Inhalt.


    Buch: Konventionell gebunden mit grösserem themengebundenem Inhalt



    Darüber hinaus gibt es natürlich noch unzählige Unterbegriffe wie Faltkarte, Leporello, Kleinplakat, Kalender mit welchen Gedrucktes aus meinem Sprachgebrauch heraus exakt definiert werden können, ohne den neudeutschen Begriff "Flyer" nur einmal zu bemühen.


    Das Problem mit der Druckersprache ist, dass diese für die Kunden teilweise nur schwer verständlich ist. Aus meiner Erfahrung weiss ich aber, dass die meisten oben aufgeführten Begriffe auch für den Laien verständlich sind oder mit wenigen Worten erklärt werden können. Wenn mit Begriffen wie "Flyer", "Soft- und Hardkover" argumentiert wird, beginnen die Missverständnisse.


    Aber was erzähle ich da, auch wir Drucker verstehen uns bisweilen nicht (mehr). Wer von den jungen Druckern hier kann noch folgender Arbeitsanweisung vom Lehrmeister an den Auszubildenden aus der guten alten Bleizeit folgen: "Für den glatten Satz nimmst du die normale Univers-Petit, der Kasten ist links in der dritten Gasse. Satzbreite zehn Cicero, du stellst den Winkelhaken aber auf sechzehn und machst sechs Cicero Vorschlag mit Quadraten. Blocksatz mit Drittelgeviert, Durchschuss sechs Punkt mit Regletten. Den fertigen Satz bindest du mit 2-Cicero-Steg oben und unten aus. Und was du unbedingt beachten musst, die Zeilen straff auszuschliessen. Es wird auf der Miele-Vertikal gedruckt, wenn der Satz spiesst, haben wir den Brüllaffen wieder in der Setzerei stehen."


    Oder der alte Druckerwitz, Sachbearbeiter zum quengelnden Kunden: "Doch, doch, ihre Broschüre wird rechtzeitig fertig, wir sind schon im Druck. Alle Vakatseiten sind bereits fertig."

  • Hallo Cyberfisch,


    hier bin ich ja halber Laie, danke. Was du schreibst, klingt sehr fachmännisch. Das gefällt mir, weil es sehr funktionell scheint. So sollte Fachsprache sein.

    Es wäre sehr praktisch, wenn sich die beteiligten Leute so verständigten.

    Dein Beispiel für eine Anweisung ist ja zum Schießen, herrlich!


    Viele Grüße & ciao

    Inkman