Beitrag 343, Offsetplatten und Benetzung


  • Allgemein sagen wir ja, der Flachdruck lebt von Vorstellungen über Benetzungsvorgänge. Wie sehen wir aktuell diese Frage?


    Auf der klassischen Offsetplatte benetzt die Farbe die druckenden Partien, weil sie aufgrund ihrer niedrigen Oberflächenspannung praktisch alle Materialien benetzt. Sie benetzt ja auch problemlos die bildfreien Partien, solange darauf kein Wasser liegt. Oberflächenspannungen und Benetzungsvorgänge sind hier also wenig hilfreich. Wir schauen besser auf die Substanzen. Und da sorgt die Wasserschicht auf einer gefeuchteten Platte dafür, dass von den bildfreien Partien die Farbe (das Farbemulgat) nicht angenommen wird, sondern abperlt. Genauer besehen, schafft sie es nicht, durch die Wasserschicht hindurch die Eloxalschicht der Platte zu erreichen. Das ist schon ein bisschen kompliziert und macht vielen unserer Fachleute Schwierigkeiten.


    Im wasserlosen Offset ist es übersichtlicher: Silikon (bildfreie Partien) lässt sich mit seiner besonders niedrigen Oberflächenspannung von der Farbe gar nicht benetzen. Dazu muss sie gar nicht abperlen. Sie bleibt einfach nicht darauf haften. Auf den druckenden Partien (z. B. oxidierte Aluminiumoberfläche) dagegen wird sie gut angenommen. Hier kann man sehr nützlich mit Oberflächenspannungen argumentieren.


    Bei Papier- und Polyesterplatten und besonders bei den Silberdiffusionsplatten wäre es für mich als Chemiker interessant, die kontaktierenden Substanzen zu kennen. Leider ist es hier nicht leicht, solche Informationen zu bekommen. Ich habe es einige Jahre bei Plattenleuten und auf DRUPAs versucht, bekam aber nur „kaufmännische“ Auskünfte. Aber grundsätzlich ist Ähnliches zu erwarten wie auf der Alu-Platte.

    s. a. Frage 230

  • Hallo Karsten1077


    danke für diesen Hinweis. Er baut zwar auf einem Irrtum auf, ist aber äußerst hilfreich, weil sehr viele Kollegen noch von hydrophob und hydrophil leben. Leider sogar Berufsschullehrer. Immerhin ist diese Version immer noch besser als oleophil und oleophob. Die ist reiner Blödsinn.

    Man hat mal hydrophil und -phob eingeführt, weil man klare Beobachtungen beschreiben wollte. Und es war einfach. Darin steckt natürlich keine Erklärung, sondern nur diese Beobachtung.

    Die bildfreien Stellen auf der konventionellen Offsetplatte sind von einer besonders polaren Schicht (Gummi Arabikum) bedeckt, die Feuchtigkeit gierig an sich zieht, erst recht richtiges Wasser. Dann sind diese Partien also "hydrophil". In Wirklichkeit ist es im praktischen Fall eine hauchdünne Wasserschicht, die aufgrund dieses Gummi Arabikum sehr fest haftet und sich am liebsten mit anderem Wasser in Kontakt begibt.

    Hätten wir eine andere Flüssigkeit mit so hoher Polarität, würden sie diese genau so gerne annehmen.

    Die druckenden Partien sind von einer organischen Substanz, z. B. einem Photopolymer, bedeckt. Das ist knackig aliphatisch, also unpolar. Wir können auch fettig sagen, denn Fette sind fettig, weil sie große aliphatische Molekülteile haben. In anderen Worten sind das reine Kohlenwasserstoff-Molekülteile, also C-H- Ketten.

    Solche Substanzen haben eine ganz niedrige Oberflächenspannung, sind eben besonders unpolar, wie der Physiker sagt. Damit lassen sich nicht von Wasser benetzen, das ganz besonders polar ist (also eine hohe Oberflächenspannung aufweist). So kommen wir zu "hydrophob", also wasserabstoßend.

    Auch diese Darstellung enthält noch Vereinfachungen, beschreibt die Situation aber gut genug, dass damit technisch erfolgreich gearbeitet werden kann. Und für physikalische Laien finde ich sie schon anspruchsvoll genug.

    Beim konventionellen Offset haben wir gelernt, dass der Plattenprozess deshalb wohl komplizierter ist als nur polar - unpolar. Dadurch, dass wir eine Emulsion verdrucken und keine reine Farbe wie z. B. der Wasserlose, verkompliziert sich alles theoretisch. Und für einen stabilen Druckprozess muss man tiefer in die Materie einsteigen. Hier finde ich die Vorstellung des Gummiarabikum auf der Al2O3-Oberfläche mit seiner Gier nach Wasser nützlich und bildhaft.

    Ich hoffe, meine Erklärungen kann man verstehen.


    Viele Grüße & ciao

    Inkman