Frage 2, Farbenraum nach Umwaschen

  • Zu eurer Unterhaltung und gegebenenfalls zur Diskussion stelle ich hier hin und wieder einfache Fachfragen. Wer Lust hat, kann sich nach der eigenen Beantwortung meine Lösung anschauen. Wenn jemand erweitern, korrigieren oder widersprechen will - jederzeit gerne.


    2. Frage:
    Wir ändern einmal die Farbenreihenfolge in einer Bogenoffset – Druckmaschine gegenüber dem ProzessStandard Offsetdruck, drucken also beispielsweise Cyan im dritten und Magenta im zweiten Werk. Ändern sich damit auch der Farbenraum und die Anzahl der im Druck erzielbaren Buntfarben?


    meine Antwort:

  • Ja tut er.
    Nicht zu vergessen das es Formen gibt bei denen man Qualitätsteigerung erzielt durch das umlegen der Farben.
    Habe einen Kunden mit einem Briefkopf der in Richtung HKS 41 geht. Wird immer in 4c gedruckt.
    Sieht einfach ruhiger aus wenn das Cyan als letztes gedruckt wird.

  • Hallo Schubbeduster,

    ja, das ist eine alte Sache, gilt aber noch immer.

    Selbst im Offset drucken Flächen immer etwas wolkig aus, weil der Untergrund nicht genau eben ist und weil keine Farbe ideal glatt ausdruckt. Das hat rheologische, also Fließgründe. Und wenn der Bedruckstoff auch noch nicht ideal gleichmäßig saugt, schlägt das Feuchtmittel zwischen den Werken fleckenweise unterschiedlich weg. Dann springt die Zügigkeit auf einigen Stellen schneller hoch, und an diesen Stellen wird von einer zweiten Farbe mehr angenommen als daneben - Mottling.

    Übrigens: Wir Farbfritzen schieben die Schuld ja immer auf den Bedruckstoff. So ganz ist das natürlich nicht wahr, weil komplexe Farbeigenschaften (Zügigkeit, Viskosität, Elastizität) deutlich mit wirken. Es ist ja auffallend, dass Mottling hauptsächlich ein Problem ist, wenn Magenta auf Cyan gedruckt wird. Tauschen wir die Reihenfolge, wird es - wie du sagst - immer glatter. Das gäb es nicht, wenn es nur eine Bedruckstoff-Angelegenheit wäre.

    Leider liegen diese Dinge in den Kristallformen und den oberflächlichen Polaritäten der Pigmentkristalle begraben, und darin bleibt Cyan immer wie ein Cyan.

    So etwas kann auch ein ProzessStandard Offsetdruck nicht wegbefehlen. Da helfen nur Erfahrung und Fleiß des Druckers 8) - oder eine realistische Planung und Toleranz beim Abnehmer :rolleyes:

    Viele Grüße & ciao
    Inkman

  • Wieder fantastisch erklärt . Ersteinmal Danke dafür .


    Gerade bei ungestrichen gilt die Faustregel " Fläche auf Raster " und dann bloss kein Kontakt mehr zu einem Gummituch.Wenn es eben möglich ist.
    Schön wäre noch eine Erklärung dafür das gerade Cyan immer so anfällig ist. (bei mir der Fall auf ungestrichen)
    Die Farbreihenfolge von PSO sehen ja einige Drucker wie in Stein gemeisselt an. Maginale Verschiebungen der Farbe kann man ja angleichen. Bisschen weniger hier , bisschen mehr da.


    Es ist doch oft so , das es viel wichtiger ist, das der Eyecatcher wie Logos und Flächen sauber ausdrucken.
    Ich für meinen Teil fahre damit sehr gut das ich die Farbreihenfolge individuell anpasse und habe auch die volle Rückendeckung meiner Cheffs weil das Ergebniss einfach überzeugt.

  • Hallo Schubbeduster,

    ein paar Dinge verstehen wir, leider nicht alle.

    Naturpapiere (ungestrichen) sind in ihrer Oberfläche immer gröber strukturiert als gestrichene. Das ist einer der Existenzgründe des Striches. Und grobe Flecken fallen stärker auf als feine. Hier kann der Auftraggeber also über den Preis eingreifen.

    Warum Cyan das Mottling besonders stark herausbringt, kann ich nicht sagen. Ich habe viel in meiner aktiven Zeit daran probiert. Über die Geschwindigkeit des Wegschlagens bekommt man nur lächerlich wenig Hilfe. Sonst hätten wir jetzt die „Anti-Mottling-Serie“.

    Auch eine Veränderung der Polarität über das Bindemittel hat mir keine Erfolge gebracht. Es muss irgendwie daran liegen, dass die Pigmente für Cyan (Kupfer-Phthalocyanine) eine Stäbchenform aufweisen und an den Seitenflächen anders aufgeladen sind als an den Stirnflächen. Aber wie und auf welchem Wege die Störung kommt, verstehen wir nicht.
    Man kann übrigens die Farbenraum-Verluste nicht über eine geänderte Farbführung ausgleichen. Wenn man nämlich mehr Magenta führt, um die Annahmestörungen zu übergehen, werden auch andere Partien stärker im Magenta. Hier kann der Drucker tatsächlich nur mit Erfahrung und einem geschulten Auge urteilen und seinen Kompromiss finden.

    Viele Grüße & ciao
    Inkman

  • Hallo zusammen,


    in meiner alten Firma hatten wir tatsächlich alle Maschinen mit geänderter Farbreihenfolge (erst Magenta, dann Cyan) laufen. Wir haben dort fast ausschließlich auf Recycling Karton (GD2 etc.) gedruckt, der neigt auch sehr gerne zum Mottling. Ein weiteres Augenmerk mussten wir auf die Wasserführung geben, undzwar im ersten Werk! Wenn man da schon viel Wasser fährt dann beeinflusst das den Effekt zusätzlich negativ.
    Also erstes Werk so wenig Wasser wie möglich!
    Eigentlich generell mit so wenig Wasser wie möglich, damit erspart man sich einige Probleme. Ich kenne genügend Kollegen die immer ein paar Prozent mehr feuchten, "nur zur Sicherheit damit es nicht schmiert" ist dann die Standart Antwort wenn man fragt. :thumbup:

  • Hallo operator74,


    das war mir neu, dass man auch über die Wasserführung das klassische Mottling beeinflussen kann. Das ebenfalls bekannte Wassermottling äußert sich ja klar anders, nämlich in der Farbe des zweiten Werkes. Gibt es noch andere Kollegen, die eine solche Erfahrung gemacht haben? Dann hätten wir hier einen ganz wertvollen Hinweis :) . Und man könnte wieder einmal etwas näher verstehen, warum unter scheinbar gleichen Bedingungen sogar innerhalb der Auflage Mottling auftritt und mal nicht.

    Viele Grüße & ciao
    Inkman