Manchmal hat es den Anschein, dass etwas nach ISO
oder DIN so gesetzlich vorgeschrieben ist. Das stimmt natürlich
nicht. Die entsprechenden
Kommissionen auf nationaler und auf europäischer Ebene sind
grundsätzlich organisiert von den Beteiligten in Industrie, Handel
und Verbrauch von Gütern. Sie sollen es vereinfachen, wenn jemand
ein Produkt kauft, 5 Anbieter mit unterschiedlichen Produktversionen
(z. B. Skalencyans) vorfindet und nicht erst einzeln herauskriegen
will, welches wie gebaut ist. Eine Norm ist also eine freiwillige
Vereinbarung, wie man einzelne Produktklassen definiert hat z. B. als
Tabelle.
In
solche Normenausschüsse schicken die Interessenten ihre Vertreter,
damit möglichst viel Sachverstand zu einem sehr praktischen System
führt.
Natürlich
führt das zu einem Überhang der Lieferanten und in der Regel zu
geringer Beteiligung der Abnehmer, besonders der kleineren Firmen,
die es eigentlich am meisten brauchen. Gibt es einen Monopol -
ähnlichen Großanbieter und sonst nur lauter kleine, bezahlen die
kleinen kaum Abgesandte, weil Normenarbeit ja nicht direkt Umsatz
bringt. Da kann der eine Große z. B. seine Produktpalette als Norm
einrichten. Und kleinere oder neue Anbieter müssen sich ihm dann
anpassen. Ich habe selbst so einen Fall in einem Normenausschuss für
Füllstoffe erlebt. Die Medaille kann also durchaus euch eine zweite
Seite haben.
In
manchen Branchen gibt es staatlich unterstützte Forschungsinstitute,
die sich um Normen kümmern. Bei uns ist es die FOGRA. Solange die
von der ganzen Branche unterstützt wird und nicht von zwei
Oligarchen, wird so eine Einrichtung auch ausgewogen die Interessen
der ganzen Branche vertreten. Und wir im Offset wissen, wie lästig
die "Standardisierung" einst auf Kongressen war - und wie
segensreich sie seit ihrer Einrichtung wirkt.
Diese
öffentlichen, aber nicht staatlichen Einrichtungen können wie in
unserem Fall eine bestimmende Kraft werden.
Natürlich
gibt es auch hier immer Risiken. Ich kann mich noch gut erinnern,
dass in den europäischen Ausschüssen, die die ISO-Normen
erarbeiteten, z. B. Vertreter aus Großbritannien versuchten, die
Gefährlichkeit der UV-Farben und -lacke für Verarbeiter und
Verbraucher nicht ganz so hoch zu hängen wie andere: Auf der Insel
war damals der UV-Anteil auch bei Publikationen viel größer als bei
uns. Nun können in einem europäischen Gremium alle versuchen, sich
Gehör zu verschaffen. Das europäische Ergebnis ist daher eher
ausgeglichen als reine nationale Versionen, es sei denn ein Land hat
verschlafen.
Im
Englischen sagt man übrigens "standard" für Norm. Deutsch
"Standard" scheint mir eher ein unklarer,
umgangssprachlicher Begriff.