Freiberuflicher Drucker

  • Der Spruch ist geil " Es sei denn du tanzt gerne Walzer auf einem Minenfeld " :D:thumbup:

  • Hi,

    hab in meiner Zeit als freiberuflicher Drucker (Auftragnehmer: AN) für eine Druckerei (Auftraggeber: AG) gearbeitet, aber nur sehr wenig. Ca 10 Monate, nur drei oder vier Tage in der Woche, 5 -6 Std. am Tag, selten 5 Tage die Woche, zwischendurch auch bei anderen AG.

    Durch eine normale Betriebsprüfung vom Finanzamt (FA) in der Druckerei bin ich ins Visier geraten, das FA hat meinen Fall an die Deutsche Rentenversicherung, Abteilung Prüfdienst (DRV) gemeldet. Ich mußte von denen ein Frageformular ausfüllen, das hatte früher 2 Seiten heute 5, ist sehr detailliert. Die DRV mußte früher (soweit ich noch weiß) den ganzen Zeitraum Deiner Selbständigkeit prüfen, heut wird nur ein kleiner Zeitraum angeschaut, in diesem Fall 10 Monate. Die DRV kann rückwirkend für 3 Jahre prüfen. Hab mir Beistand von einem Anwalt (RA) geholt. Trotzdem wurde ich als Scheinselbständig abgestempelt.

    Es ist fast egal wieviel Umsatz im Jahr Du bei einem AG machst, im Prüfzeitraum auch bei anderen AG gearbeitet hast, wie Du versichert bist, ob Du frei am Markt auftrittst, mehrere Kunden hast etc. Ganz schwer ins Gewicht fällt: Ist vor Ort ein Angestellter der das selbe macht. Und: In dem Moment wo Du als AN mit den fremden Maschinen und dem fremden Equipment die fremden Kunden (die Druckjobs gehören ja der Druckerei, nicht Dir, Dein Kunde ist ja der AG) abarbeitest giltst Du als abhängig beschäftigt.

    Der AG bekam eine Zahlungsaufforderung im fast mittleren fünfstelligen Betrag, festgemacht an meinen Rechnungen nicht anhand eines Tarif´s. Dies beinhaltete auch eine mittlere vierstellige Summe als Strafe. Man unterstellt automatisch dem AG er will Sozialabgaben unterschlagen. Ebenso wurden rückwirkend eine saftige Summe als Verzugszinsen gefordert, der Rest Sozialabgaben.

    Der AG legte natürlich Einspruch ein, der aber keine aufschiebende Wirkung hat. Du mußt zahlen und dann Klage beim Sozialgericht einreichen. Ich war als sogenannter Beigeladener verpflichtet zu den Schriftsätzen der DRV und des RA des AG Stellung zu beziehen und darlegen ob ich mich als selbständig sehe und warum. Ich wurde jahrelang von dem Vorgang durch die Mangel gedreht. wobei es unheimlich schwierig ist mit dem Behörden-, Amts-, Juristendeutsch zurecht zukommen. Die DRV stellt auch sehr sportliche Behauptungen auf: Ich argumentierte, daß ich selbständig bin, da ich ja für meinen Mist hafte, hatte sogar eine Betr.haftpfl.vers. Antwort der DRV: Argument zählt nicht, weil ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer ebenso haftbar wäre. Lt. meines RA ist das Unsinn.

    Nach Jahren mußt ich mit zur Verhandlung. Hier wurde nicht die Bohne diskutiert, ob oder ob nicht scheinselbständig, das war festgelegt, es ging nur noch um die monetären Angelegenheiten. Vorm Sitzungssaal war eine el. Anzeigetafel was noch für Verhandlungen kommen. Den ganzen Tag Branchen aller Couleur, alle gegen die DRV.

    Der AG fragte die Vorsitzende u. A.: Was soll ich in Zukunft machen bei Urlaubszeiten, Auftragsspitzen? Antwort der Vorsitzenden: Nur noch Minijobber, Zeitarbeiter, ich weiß ist ein riesen Problem auch für andere Branchen und zählte dann etliche Berufe auf. Mir haben die Ohren geschlackert wer da so alles im Fadenkreuz ist.

    Durch Verhandlungsgeschick des RA und der Umgänglichkeit des DRV Bevollmächtigten und der Zustimmung des Gerichts, gab es ein Vergleich, die fünfstellige Summe reduzierte sich auf eine höhere Vierstellige. Hier hat es nun geholfen, daß ich nicht nur pflichtversichert war sondern ein sehr üppigen PKV-Tarif hatte.

    War ein blaues Auge für den AG, der aber trotzdem sehr erleichtert war.

    Die DRV ist sehr erpicht auf Beitragszahler, so ist es in der heutigen Zeit m .M. nach fahrlässig in der Angelegenheit den Kopf in den Sand zu stecken oder sich etwas schön zu reden.

    Wenn man Google befragt erhält man viele Infos und merkt, daß das zu einem heißen Eisen geworden ist

    Achtet auch auf die Vertragsform zwischen AG und AN (Dienstleistungsvertrag oder Werkvertrag).

    Die Vorgehensweise der DRV unterscheidet sich auch etwas je nach Region und Sachbearbeiter.

    Dies so im groben wie das bei mir war, aber juristische Aussagen bitte ohne Gewähr, keine Allgemeingültigkeit.

    Schönes WE

  • Also 10 Monate 3-5 Tage die Woche, 6 Stunden. Das ist schon hart finde ich. Das hat nix mit Urlaubsvertretung oder Auftragsspitzen zu tun. Da hätte man wirklich jemand einstellen sollen, oder von ner Zeitarbeitsbude( habe ich das jetzt wirklich geschrieben) Wenn du 90% deines Einkommens da erwirtschaftet, hört sich das für mich auch nach Scheinselbständigkeit an. Hast du denn auch ne Strafe bekommen, oder nur der AG?

  • Ich finde die Geschichte von ROBBI ist ein sehr gutes Beispiel dafür, was in diesem Lande so alles falsch läuft.

    Zum einen wird permanent versucht, Selbständige in die GKV zu pressen, wie auch in die GRV zu behalten. Wohl bemerkt, der Beitrag zur GKV richtet sich nach den tatsächlichen Umsätzen, dennoch ist man in der GKV ein Patient zweiter Klasse und muß Monate auf einen Termin beim Kardiologen warten. Jedoch gibt es für selbständige verschiedene Möglichkeiten sich auch privat abzusichen.

    Natürlich ist die DRV erpicht darauf, die Kasse wenn möglich zu füllen - wohl wissend, dass das dt. Rentensystem sehr bald kolabieren wird.

    Das Argument der ´Scheinselbständigkeit´ ist seit Jahren das Thema Nummer 1 schlecht hin, wohl wissend, dass viele im Bereich IT+Computer+Software über Jahre hinweg als Scheinselbständige für ein und diesselbe Firma/Konzern tätig waren und es wurde versucht, diese Leute mit Nachzahlungen in den finanziellen Ruin zu treiben.

    Das letzte Anschreiben der GRV liegt Jahre zurück und ich konnte den Beweis erbringen, das ich selbständig arbeite und mit einem relativ großen Kundenstamm über meine eigene Unabhängigkeit verfüge, demnach nicht weisungsgebunden bin, und ich selbst meine Preise gestalte.

    Ich kann nur jedem Raten, sich sehr genau zu überlegen, ob es langfristig gesehen Sinn macht, eine selbständige Tätigkeit anzustreben, welche einzig darauf beruht ´Urlaubsvertretung in Druckereien´ zu machen.

    In dieser Folge entspräche die Unterzeichnung eines Werksvertrages einem Aufruf zur Selbstjustiz, denn das führt gerade zu den von ROBBI genannten Problemen, und das kann für alle Beteiligten sehr teuer werden.

  • Ich finde es sehr interessant wie unterschiedlich die Branchen sind. Ein bekannter von mir in der Metallbranche. Programmiert Laserschneidmaschinen und alle Biegemaschinen. In der Firma seit 35 Jahren, keine anderen Kunden. Nie Probleme gehabt.

  • In den 90ern war ich ebenfalls als freier Mitarbeiter für mehrere kleine Druckereien im Raum Bonn tätig. Soweit mir das damals bekannt war und mir so auch von den Firmenchefs erklärt wurde, ginge das nur, wenn keine Regelmäßigkeit zu erkennen ist. Ebenfalls durfte sich die Tätigkeit nicht über einen längeren Zeitraum erstrecken (da man sonst ja auch jemanden hätte einstellen können). Ich bin im Krankheitsfall und bei erhöhter Auftragslage beauftragt worden. Nach 5 Jahren habe ich mich von einem Auftraggeber fest anstellen lassen, weil es ihm doch zu heikel wurde und ich fast nur noch bei ihm tätig war. Das war zum Glück - natürlich im Nachhinein betrachtet - mein Wiedereinstieg in die Festanstellung und der finanziellen Absicherung.


    In dem obigen Beispiel - 10 Monate, 3-5 Tage, 6 Std. - ist das ein klassischer Teilzeit-Job und somit in meinen Augen eine Scheinselbständigkeit. Wenn natürlich immer der Gleiche beauftragt wird, wäre das ebenfalls ein Argument für eine Scheinselbständigkeit. Hätte man allerdings einen Pool von freien Mitarbeitern, die auch unregelmäßig beauftragt würden, wäre das vielleicht machbar. Hier könnte man Arbeitsrechtler fragen, wo die Grenzen sind.


    Während meiner späteren Zeit im Rollenoffset, gab es ein Subunternehmen (2 Mann), das immer Samstags mit den Wartungen und Reparaturen (u.a. Austausch von Verschleißteilen) der Druckmaschinen beauftragt wurde.

    Vielleicht gibt es hier eine Gesetzeslücke, da es sich um "Reparaturen" handelt. U. U. wird die Beauftragung von Subunternehmen in diesem Arbeitsbereich großzügiger behandelt. Dann hinge das Ganze von der Art der Tätigkeit des Einzelnen ab, das er bei der Gewerbeanmeldung angibt.