Wirtschaftliche Situation

  • Hallo zusammen,


    ich wollte mal wissen wie es so in andern Betrieben aussieht.
    Wie habt ihr die Wirtschaftskrise verkraftet. Wie läuft eurer Betrieb ?
    Ausreichend Aufträge oder gar Kurzarbeit ?
    Wie macht euch die Preissituation zu schaffen?
    Wie ist die Stimmung bei euch ?
    Welche Veränderungen habt ihr seit 2008 ?


    Na dann mal in die Tasten gehaun!

  • Jo, Tach auch,


    ja, uns hats voll erwischt. Wir hatten von Angab an zu kämpfen und es wurde 2009 richtig hart. Anfang 2010 war dann die Luft raus.


    Ich hatte 2007 aus einem sehr sicheren Job heraus die Firma gewechselt, weil eben Probleme in der Produktion da waren. Wir hatten die gebügelt bekommen und der Qualitätsstandard sowie die Quantität hatten sich sehr stark verbessert.


    Nur sind die Preise verfallen bzw. die Produktionskosten (in Form von Papier und Energie) rasant gestiegen. Die Kunden konnten das nicht auffangen. Eine Zeit lang hatten wir dann mal versucht, auf einer grünen Null zu Produzieren. Das ging dann so lange gut bis zwei Großkunden geglaubt hatten, Pleite gehen zu müssen. Die ausstehende Forderung hat uns dann das Genick gebrochen, weil zuerst immer Banken kommen, dann lan lang nix und dann das Handwerk.


    Hier im Südwesten sieht es insgesamt ganz trübe aus. Hier haben innerhalb von 6 Monaten drei Großbetriebe zugemacht, weil entweder Insolvent oder unwirtschaftliche Teile der Firma geschlossen. Das waren dann ca. 500 Leute (NUR Drucker), die entweder in Auffanggesellschaften sind oder auf der Starße. Alle zusammen schätze ich mal ca. 750 Leute aus der Printbranche.


    Dann sieht hier die Jobsuche ganz dunkel aus. Grad wenn man dann wie ich Handwerksmeister ist aber ohne Betriebswirt. Für die Maschine überqualifiziert, für die Verwaltung unterqualifiziert. Dann kommt noch das Alter dazu und fertig ist der Salat.

  • Gruezi,


    wie fast jeder hier weiß, bin ich freischaffender Drucker,
    Anfang bis Mitte 2009 hatte ich schon deutliche Umsatzeinbrüche
    dann hat sichs wieder ein bisschen erholt und März - April 2010
    wars ganz vorbei, seit mitte letzten Jahres hab ich ca. 100 Bewerbungen
    verschickt - keine Chance -
    werde mich demnächst auf dem Sozialamt wiederfinden...


    Gott grüß die Kunst
    Norbert

  • Zurzeit hat es sich bei uns im Betrieb im Rhein Neckar Kreis so ziemlich wieder beruhigt.
    Momentan ist es auf einer sehr graden Linie. Nicht zuviele Aufträge aber auch nicht zuwenige.
    Aber 2009 war echt hart bei uns.
    Die gesamte Rotationsabteilung Kurzarbeit.
    Bei uns im Bogenoffset zum glück keine Kurzarbeit da einige Mitarbeiter extrem viel Überstunden hatten
    und es sich somit gut über Wasser gehalten hat.
    Hoffe für die Zukunft besserung, wobei das wohl nur Wunschdenken ist...
    Ich habe zwar nächstes Jahr eine sehr gute Aussicht auf eine Übernahme aber wenn ich den Azubi der dieses Jahr fertig geworden ist
    und jetzt für 8,50 die stunde BRUTTO arbeitet und der Depp für alles ist ( Rotationshelfer, Buchbinderreihelfer, 2ter Drucker... wo er halt gerade gebraucht wird) anschaue hab ich echt keine Lust mehr =( schon Schade.
    Bin zwar noch nicht solange in der Druckindustrie unterwegs aber ich finde es echt Schade... =(


    Das sind aussichten... :( :(

  • Der Rollenoffset-Bereich ist da n ganz kleines bissl besser dran als der Bogenoffset.
    Als MaFü für 16S. und mehr gibts schon noch Jobs, zumal, wenn man net örtlich gebunden ist.


    Wobei auch hier die letzten Jahre ihre deutlichen Spuren hinterlassen haben. Weniger Lohn,
    mehr Arbeit in kürzerer Zeit, mehr Überstunden und Wochenendarbeit, keine Sonderzahlungen
    und weniger Schichtzuschläge.
    Was Unternehmertum angeht ist Deutschland dafür so toll wie die Wüste zum Erdbeeranbau 8|
    Die Firmen werden mit Auflagen, Steuern und Abgaben "erstickt", mal ganz zu schweigen von dem
    Bürokratenwahn, den es hierzulande ja schon immer gab.
    Umweltschutz- und Sicherheitsbeauftragte, die dir die Produktion erschweren.


    In Asien kippen sie Quecksilber in Gulli und hier darfst n stärkeres Lösungsmittel net mehr verwenden,
    weil der VERDACHT besteht, es könnte Hautkrebs verursachen usw. Klar, Gesundheit ist wichtig, aber
    es gibt auch Handschuhe und diese ganzen Auflagen und Bestimmungen machen es uns noch viel schwerer,
    als es so schon ist. Die Maschinen sind mit Schutzteilen so überladen, daß du nichtmal mehr SEHEN kannst,
    was in/an der Maschine passiert, wodurch die Fehlerbestimmung/-beseitigung wieder erschwert wird usw.


    Kurzum: Die Druckbranche ist seit Jahren aufm absteigenden Ast und wird sich gegenseitig zerfleischen,
    bis nur noch ne handvoll großer übrig bleiben werden, wo alle für 5€ 12h täglich arbeiten und dankbar für
    n Job sind -.-

  • Habe vor kurzem vom Chefe nebenbei gehört, das Kurzarbeit ab Februar nochmals verlängert wird.APPLAUS
    Wenn es der normalen Wirtschaft wieder gut geht,kriegt das Druckgewerbe es fast zum Schluß erst mit.

  • Hallo zusammen,


    wir sind ein kleines Unternehmen mit 3 Mann. Da dachten wir eigentlich das wir die Krise locker überstehen werden da wir ja unsere Stamm Kundschaft haben. Scheiße wars. Bis Anfang vom Jahr ( 2010 ) hat auch alles Super geklappt dann hat es angefangen das die Leute ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Nachdem dass nun auch 2 Großkunden so betreiben sieht es bei uns recht düster aus. Arbeite derzeit nur 6 Stunden am Tag und nur 3 mal die Woche. Die Branche ist derzeit richtig kaputt. Preise werden immer weiter gedrückt, Papier usw. wird immer teurer. Bin mal gespannt wie lange das noch gut geht. Am Ende werden wir als Drucker für 6.50 arbeiten gehen. Wenn ich überlege als ich vor 10 Jahren angefangen hab diesen Beruf zu erlernen hatte man noch Gehaltsaussichten von 17Euro im 2 ten Gesellen Jahr.

  • 2009 war bei uns wirklich super und von Krise keine Spur, dieses Jahr ging es dann los. Kurzarbeit. Die ist jetzt aber zum Glück vorbei und die Auftragslage hat sich mittlerweile auch verbessert. Ich denke, es ist wohl vorbei bei uns. Das ging also alles gerade nochmal gut.


    Das Gefühl, nach Hause geschckt zu werden, werde ich nicht vermissen.

  • Hallo,


    Wir konnten uns 2009 nicht beschweren, wir haben fast das ganze Jahr 2-schichtig gearbeitet und ab Ende September sogar 3-schichtig. Das Jahr 2010 ist so angefangen wie das Jahr 2009 aufgehört hat. Ab Mitte April wurde es dann auch bei uns ruhiger, ab da hieß es: eine Woche einschichtig, eine Woche 2-schichtig, 2 Wochen einschichtig´, dann mal wieder 2 Wochen 3-schichtig, ab und zu arbeiten wir seit April auch mal nur 6- Stunden. Jetzt geht es schon wieder, vor zwei Wochen sind einige große Aufträge gekommen, so dass wir bis September schon fast 2-schichtig voll sind. (ich hoffe das bleit auch so). Mir ist aufgefallen, dass die Termine alle enger geworden sind. Die Preise sind ziemlich im Arsch, so dass die Drucker kaum noch was verdienen oder sogar noch Verlust machen. Wenn das so weiter geht werden wohl noch einige Druckereien Pleite machen. Laut Prognose sollen bis 2015 noch ca. 3.000 Druckereien die Grätsche machen.


    In diesem Sinne...

  • Es läuft soweit.
    In all den Jahren sind wir niemit den Preisen herunter gegangen-der Service wurde erhöht.Dumpingkollegen machen sich und andere kaputt.
    Wenn´s wieder läuft heben die ihre Preise und der Kunde sagt..."vor´n viertel Jahr warst du 30% billiger".
    Ne , Kunden halten mit gleichbleibenden Preis+ Service heben.
    Das ist die Philosophie von unserem Chef.
    ...Klug denke ich.

  • Hi!
    @ Heini:
    Ich weiß ja nicht, wie eure Auftragsstruktur ist, aber ich denke nur mit besserem Service hält man heute keine Kunden mehr.Bei uns ist es so, dass die Kunden, mit denen wir ein Gros des Umsatzes machen,ihre Drucksachen über konzerneigene oder freie Agenturen einkaufen lassen, da ist schonmal nix mehr mit persönlichem Kontakt. Dann sind das Profis, die liefern komplett druckreife Daten und wollen das genau SO und nicht anders, die haben unseren "Vollstufenservice" gar nicht nötig. Ergo müssen wir mit den Preisen runter, sonst sind die schneller weg, als du gucken kannst.
    Das führt auch zu Auswüchsen, wie dass der Chef von einem Verlag einen Brief mit Einsparungsvorschlägen in seiner Druckerei bekommt. Da standen Sachen drin wie: Stellt doch komplett auf XL-Maschinen um, dass bringt 8% Effizienzsteigerung...
    Naja, wir versuchen jedenfalls den Preisverfall durch Umsatzsteigerung zu kompensieren. Funktioniert auch ganz gut. Riesenprobleme/Kurzarbeit etc. haben wir jedenfalls (noch) nicht.


    So long, Kid_A

  • Drehts, wie ihr wollt..sicherlich kann man durch technologischen Vorsprung (sofern im Griff) etwas
    an Umsatz rausholen (sofern Kundenpotential vorhanden),...aber im Endeffekt is der Offset bald an der
    Grenze und der Digitaldruck kommt...so, wie damals der Hochdruck vom Offset abgelöst wurde.


    Internetdruckereien bieten dir 1000 Visitenkarten für 9 Euro an..welche normale Druckerei kann da
    mithalten? Großkunden streuen ihre Aufträge und spielen die Firmen gegenseitig aus ("..die drucken's
    mir aber günstiger")


    Der Fisch fängt am Kopf an zu stinken..will meinen...ohne gute Geschäftsführung isses egal, wie sehr du dir
    den allerwertesten aufreißt...wirds ned klappen.


    Eine gute Option die bleibt wär die Spezialisierung. Also z.B. Perforieren oder Altarfalz an der Rolle, oder
    zwei Lackwerke im Bogen (SD&WD)...da is dann nur wiederum die Frage, wie man an solch Aufträge rankommt :(

  • Tach auch,


    nun, mal ein paar Fakten zur wirtschaftlichen Entwicklung der Druckbranche:


    Im Vergleich zu 2000 hatten wir im Jahre 2009 satte 26% weniger Betriebe und satte 25,6% weniger Beschäftigte (Quelle BA und BVDM).


    Das ist der Hammer schlechthin. 1/4 weniger Beschäftgte innerhalb von 10 Jahren. Wenn das so weitergeht, müßt Ihr euch drei Kollegen suchen, denn einer von euch Vieren würde dann innerhalb der nächsten 10 Jahre seinen Arbeitsplatz/seine Firma ohne Ersatz verlieren.


    So schlecht hatten es nur in dern 80ern die Stahlkocher im Saarland und Bergleute im Ruhrgebiet.


    Es ist erschreckend... :(

  • ich geb der Druckindustrie maximal noch 30 Jahre bis sie total am Ende ist und auch völlig überflüssig. Der Markt wird sich stark konzentrieren und es werden vielleich noch so 4-5 große Druckereien übrig bleiben, die dann den markt unter sich aufteilen werden...

  • Absolut pessimistische Sicht. Man könnte nun zwar meinen, dass die Genreation, die gerade heranwächst, eine andere Sicht aufs Leben und auch andere Ansprüche hat, als die, die jetzt noch in die Druckereien strömt, aber es ist ebenfalls ein Trend zu beobachten, dass alte Werte und Traditionen im Kommen sind, weil das Leben zu schnelllebig wird. Von daher, und das ist wichtig, wird auch in ferner Zukunft eine Druckerei vor Ort gewünscht sein, mit der man direkt und persönlich kommunizieren kann.
    Ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht, wie man seine Branche so tot reden kann. Ein Blick auf andere Branchen tut da wohl ganz gut. Man schaue sich Bäckereien an. Da könbnte man auch der Meinung sein, dass bald alles nur noch von wenigen großen Firmen erledigt wird, da der Trend in diese Richtung geht. Aber dann muss man auch mal auf die Straße gehen und schauen, dass sich bei kleinen, lokal angesiedelten Bäckereien Schlangen vor der Tür bilden. Weil die Qualität gut ist und die Menschen das wollen. Industriell gebackene Brote und Brötchen sind zwar in Ordnung und gut, aber so ein schönes frisches Brot "von nebenan" ist da nochmal eine Steigerung. Und die tolle Hochzeitstorte kann mir die Franchise-Bäckerei auch nicht bieten. Und so wird das bei Druckereien auch sein.


    Es sei denn, die SPD bekommt die alleinige Herrschaft und kappt mittels Gesetzen die Branche und betreibt fortan nur noch ihre Druckereien. :D

  • Moin moin,


    au weia, wer wird denn gleich so pessimistisch sein.


    Ich denke da an die 90er, als das Internet groß kam und es hies, es werden schwere Zeiten auf uns zukommen. Sicherlich war das so und das Netz macht uns viel Konkurrenz. Aber das Printprodukt in seinen vielen Facetten wird es immer geben.


    Natürlich ist es so, dass aufgrund der Automatisierung immer wenigerPersonal von Nöten ist, dafür braucht man dann aber immer mehr Spezialkräfte. Drucken könnte heute nahezu jeder, der die Maschine bedienen kann, denn der Rest erledigen Steuerungsmodule und Programme. Wenn aber mal was nicht funktioniert, dann stehen eben diese Leute da und wissen nicht weiter. Grad bei Vollautomatisierten Maschinen ist das oft der Fall.


    Geht einfach mal in den Laden und schaut mal nach, was es da so alles geducktes gibt.


    Ich finde es halt nur außerst bedenklich, dass ein so altes Gewerbe wie der Druck (und Buchbinderei) so massiv abgebaut wird ohne in die Zukunft zu schauen. Das hat nix mit Politik oder Parteien zu tun, da auch in den 80ern Druckereien zugemacht haben und da die CDU dran war...


    Gruß

  • Das mit der SPD war jetzt nur so nebenbei, weil die ja Anteile an einigen Druckereien haben und auch selbst welche besitzen. Ich wollte in dieses Thema jetzt nicht offensiv die Politik einfließen lassen, denn die hat damit nur ganz am Rande was zu tun. ;)

  • nur mal ein paar Zahlen aus Frankreich


    Umsatz der dortigen Druckindustrie in 2008 10,26 Mrd. € mit 2900 Drucknternehmen


    zum Vergleich:


    in Deutschland


    2008 23,1 Mrd. € und


    2009 21,7 Mrd. mit 10300 Betrieben.


    also doppelter Umsatz mit 3 mal so viel Druckereien