Frage 92, Farbentrocknung im Heatset

  • Wie geschieht die Verfestigung (= Trocknung) der Drucke im Rollenoffset – Heatset?

    meine Antwort:

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    Der allgemein bekannte Mechanismus ist das Austreiben (Verdunsten) von Mineralölen. Die Siedebereiche der verwendeten Verdünner liegen dabei hauptsächlich bei 240 - 270 °C und 260 - 290 °C. Die Bahntemperatur beträgt jedoch nur etwa 120 °C. Es ist also ein Verdunsten, kein echtes Verdampfen.

    Der Druck wird durch die Passage im Trockner so warm, dass er trotz des Ölverlustes klebrig ist, weil die Hartharze bei etwa 140 °C zu schmelzen beginnen, und weil immer ein Teil des Verdünners im Farbfilm verbleibt (s. a. Ölretention).

    An der silikonbeschichteten Kühlwalze wird er abgeschreckt und erstarrt. Dadurch „friert“ die Oberfläche sehr glatt ein, so glatt eben die Oberfläche der Kühlwalze ist: Der Druck wird gebügelt. Das bringt den uniformen, hohen Glanz des Heatset.

    Manchmal werden noch Hilfsmechanismen verwendet, z. B. ein gewisser Anteil oxidativer Verfilmung, wenn etwa Laserformulare gedruckt werden. Dann muss der Maschinenbediener achtsam sein, weil z. B. die Frischhaltesprays für Walzen etc. Antitrockner enthalten können. Auch diese oxidative Verfilmung läuft in der Heatset-Maschine schneller als im Bogenoffset, weil die hohen Temperaturen dies fördern.

    Wenn in einer Heatset - Maschine Dispersionslack aufgetragen wird, verfestigt er sich natürlich auf die ihm eigenen Weisen (s. a. Fragen 45, 46 und 47). An der Kühlwalze bekommt er dann eine solchen Glanz, dass mancher UV-Lack neidisch werden könnte.

  • Hallo Inkman,
    will jetzt mal ein ganz "dickes" Lob an dich weiterleiten, was du hier mit deinen Fragen machst, ist das beste, das ich an Weiterbildung in meinen 39 Jahren als Drucker erlebt habe. Tolle Fragen, und das wichtigste, perfekte Antworten.
    Ich zieh meinen " Hut" vor dir, bitte weiter so, Danke, Danke!!
    Gruß
    Endloser

  • Eine schöne Erklärung, aber deine Temperaturen sind zu hoch. Allgemein gilt als "trocken" im Rollenoffset, wenn nichts am Falzapparat schmiert. Dafür sind, je nach Trocknungsanlage, nicht solche hohen Temperaturen notwendig. Bei niedrigeren Temperaturen schmelzen unter anderem die Hartharze nicht, ein Einsatz von Kühlwalzen ist nicht notwendig für den typischen Heatsetglanz.

    In vielen (Gas)-Öfen wird die Bahn eher gebraten, als getrocknet.

  • Hallo TrocknerSpezi,

    meine 120 und 140 °C sind allgemeiner Wissensstand von vor 10 - 15 Jahren. Aber sie stammen durchaus aus Anlagen mit Wärmerückgewinnung, also nicht aus Methusalems Zeiten.

    Hast du denn verstehbare Erklärungen, wie es in deiner Version läuft? Die Harze schmelzen erst ab 140°C. Sie erweichen also beim Heatset nur, schmelzen aber nicht. Mit den Ölresten zusammen haben sie keinen klaren Schmelzpunkt, sondern eher Schmelzbereiche über eine gewisse Temperatur-Bandbreite. Wo kommt denn bei dir der Heatsetglanz her? Ich kenne übrigens keine Heatsetanlage, die ohne Kühlwalzen auskommt. Ich kenne eher solche, die noch unterstützend Silikon-Emulsionen aufbringen.

    Und einen Trocknungsmechansimus "Braten" habe ich noch nicht erwischt. Wie läuft der? Knusprig und braun? ;)

    Viele Grüße & ciao
    Inkman

  • So, wie ich es kenne, hat jeder Trockner 3 Wärme- und eine Abkühlzone. Die erste Kammer sollte im Bereich von Inkman's Angaben sein (um die 250°C LUFTTEMPERATUR), damit
    die genannten Wachse gut schmelzen und viel "Verdünner" verdampft. Danach ist die Temperatur wieder leicht abfallend und nach dem Trockner und vor
    den Kühlwalzen sollte die Gradzahl zwischen 100-120°C sein (Bahntemperatur).

    Die ersten beiden Kühlwalzen sind meist etwas wärmer temperiert (ca. 30-35°C) und der Rest bei (20-30°C). Das ist damit begründet, dass bei zu kühlen ersten
    Kühlwalzen sich durch die Umgebungsluft und der Temperaturdifferenz ein kleines Luftpolster zwischen Bahn und KW bildet, was die Bahn verlaufen lässt.

    Ferner sind die Kühlwalzenoberflächen nicht Silikonbeschichtet. Das Silikonwerk kommt meines Wissens immer erst nach den Kühlwalzen. Es stimmt allerdings,
    dass es Für das SW EMulsionen gibt, die die Verstärkung des Glanzes explizit anpreisen.

    Vor zig Jahren habe ich mal mit Dispo-Lack Heatset gedruckt und dann mal für mich zum Test n paar Exemplare ohne gedruckt. Glanzdifferenz gleich null!
    Einziges Argument dafür ist die erhöhte Scheuerfestigkeit mit Lack - zumindest aus meiner Sicht :)

  • Als Alternative können Infrarotstrahler und ähnliches zur Trocknung eingesetzt werden. Mit dieser Technik heizt sich die Bahn nicht so auf, dass Kühlwalzen notwendig sind, weil die Energie großteils in die Farbe und nicht in das Papier geht.

    Eine Lufttemperatur von 250°C ist nicht notwendig für eine Trocknung dabei. Bei 250°C werden die Farben "überhitzt", daher lapidar der Begriff "Braten". ;)