Welche Trocknungsarten haben normale Bogenoffsetfarben, und in welcher Zeit nach Druck bringen sie Ergebnisse?
Meine Antwort:
Konventionelle Bogenoffsetfarben trocknen im Normalfall, also auf Papier oder Karton, durch Wegschlagen und durch oxidative Verfilmung.
Das Wegschlagen geschieht sehr schnell in Sekunden bis einigen Minuten durch Absaugen von Verdünner (Mineralöl oder Fettsäureester) aus dem Druckfarbfilm in den Papierstrich. Es macht aus einem frischen, klebrigen Emulgat einen halbwegs berühr-trockenen Druck. Wartet man etwas mehr, wird er sogar schon recht fest.
Die oxidative Verfilmung ist eine Verknüpfung von kettenförmigen Molekülen (von z. B. Pflanzenölen) durch Brücken aus Sauerstoffmolekülen. Hierzu müssen große, träge Bindemittelmoleküle (z. B. Linolensäure - Glycerin - ester) sich passend zueinander ausrichten und dann von aktivierten Sauerstoffmolekülen miteinander verbrückt werden. Der Sauerstoff kommt aus der Stapelluft. Die Aktivierung macht das Sikkativ (Trockenstoff). Das dauert mindestens Stunden - bis es weitgehend fertig ist, auch Tage.
Wenn man also einen Bogen mattgestrichenes Papier schon nach einer halben Stunde umschlagen will, kann man nur die wegschlagende Trocknung ausnutzen. Das heißt, die Farbe - Papier - Kombination muss stimmen, und Infrarot mag helfen. Es ist gar nicht hilfreich, zusätzlich Sikkativ (Trockenstoff) in die Farbe zu mischen, weil der möglicherweise beschleunigte Prozess erst viel zu spät wirken kann.
Die modernen Allround-Farben sind kastenfrisch, also in ihrer Verfilmungsfähigkeit = Hautbildungsvermögen gebremst. Hier blockiert ein Verzögerer das Sikkativ und hält auf diese Weise den oxidativen Prozess auf. Er muss sich während des Druckes verflüchtigen oder mit dem Verdünner wegschlagen.
Es gibt rein oxidativ verfilmende Farben, „Folienfarben“, die nicht verzögert werden dürfen und entsprechend leicht an ungewollter Stelle Haut bilden.
Das Gegenteil sind rein wegschlagend konzipierte Farben für Zeitungsdruck, Endlos-Formulardruck, Tabellierwerke und Besonderheiten für den Druck von Lebensmittelverpackungen. Die kennen gar keine Haut. Allerdings auch kaum Scheuerfestigkeit.
Seit sich die Lackierwerke im Bogenoffset breit gemacht haben, können wir immer mehr Wegschlagen in die Farben bauen und brauchen weniger oxidative Verfilmung. Die komplette Verarbeitungskette profitiert davon.