In der Lehre vom Fließen, Rheologie, gibt es für pastöse Farben drei praktische Begriffe - die Viskosität, die Zügigkeit und die Elastizität. Die ersten beiden werden nicht nur von Herstellern der Messgeräte und der Druckfarben, sondern auch von Druckern benutzt. Sie wollen wir in den nächsten zwei Fragen besprechen.
Zuerst: Was ist die Viskosität einer Offsetfarbe?
meine Antwort:
Einfach gesagt, ist die Viskosität der Fließwiderstand eines Mediums. Meist verstehen wir darunter Flüssigkeiten. Physikalisch können es auch Gase oder sogar Festkörper sein.
Bei unseren pastösen Farben gibt es viele spezielle Messmethoden. Eine einfache, aber nützliche ist eine schräg aufgestellte Glasplatte, bei der man oben eine bestimmte Farbmenge aufträgt und dann die Zeit misst, nach der sie z. B. 10 cm gekrochen ist. Viskosere Farben brauchen länger als niedriger viskose. Wir merken die Viskosität auch direkt am Rühr- oder Spachtelwiderstand. Wie fast alles ist auch die Viskosität temperaturabhängig: Warm fließen Farben besser als kalt.
Bei einfachen Substanzen wie Wasser ist die Viskosität eine feste Stoffeigenschaft, die man bei z. B. 20°C mit 1 mPas (Millipascalsekunde) beschreiben kann. Bei Feststoffsuspensionen wie Druckfarben ist es viel komplizierter. Da die Pigmentteilchen und Bindemittelmoleküle sich beim Fließen gegenseitig mal mehr, mal weniger behindern, messen wir unterschiedliche Werte, ob wir nun leicht rühren (geringe Scherkraft) oder kräftig (hohe Scherkraft). Jetzt kommen eine Menge Fachausdrücke ins Spiel, von denen ich am liebsten alle bis auf zwei aus der Druckpraxis verbannen möchte. Manche von ihnen beschreiben ganz komplexe Verhalten (newtonsch / nicht newtonsch, Strukturviskosität, Pseudoplastizität, Dilatanz, Fließgrenze, Thixotropie, Rheopexie). Für die Druckpraxis ist es genug zu wissen, ob eine Farbe scherverdünnend ist. Dann wird sie bei heftigerem Rühren immer dünner, also niedriger viskos. Das ist der Normalfall. Wenn man Farbe ins Farbwerk spachtelt, muss sie etwas dick / zäh sein, damit sie nicht gleich vom Spachtel läuft. Zwischen den Walzen soll sie aber leicht fließen, damit sie nicht vor dem Nipp aufstaut. Deshalb hätten wir sie gerne scherverdünnend. Das Gegenteil heißt „scherverdickend“ und ist zum Glück in der Praxis selten. Es führt immer zu Problemen bis Katastrophen (z. B. Treibsand), bestenfalls zu lustigen Phänomenen wie Zauberknete oder begehbare Kartoffelsuppe.
Dass der Physiker hier Scherkraft- und zeitlich abhängige Effekte unterscheidet, ist in der Druckpraxis nur in Extremfällen wichtig. Stichwort: Stehenbleiben im Kasten. Im Allgemeinen werfen wir beides in einen Topf, weil es selten klar zu trennen ist.
Im konventionellen Offset bekommen wir zur Farbe noch einen weiteren wichtigen Teilnehmer ins System, das Feuchtmittel. Es ist plausibel, dass die einemulgierten Wassertröpfchen die Viskosität einer Farbe mit beeinflussen. Meist erniedrigen sie sie. Aber es gibt durchaus Fälle, in denen die Tröpfchen die Fließfähigkeit so erschweren, dass das Emulgat nicht mehr vernünftig durch den Farbstuhl marschiert. Das nennen wir dann Pelzen.
Die Messgeräte heißen „Viskosimeter“, wenn sie nur einen Wert messen und „Rheometer“, wenn sie ein umfangreiches Verhalten der Prüfsubstanz erfassen.
Für alle Benutzer, Maschinenbauer, Farbhersteller usw., die es nicht reinrassig physikalisch brauchen, gibt es ein gut verständliches Buch: Thomas G. Metzger, Das Rheologie Handbuch. Echte Spezialisten haben mit allen feinen Unterschieden eine Sprache, die mir nicht mehr zugänglich ist. Sie kommen mit meiner vereinfachten Form nicht mehr aus. Aber dafür benutzen wir die Rheologie ja auch nur hilfsweise. Wie die Mathematik. In der besetzt jeder auch nur die Tiefe, die er braucht oder verstehen kann.