Boston Tiegel // Fragen über Fragen

  • Hallo zusammen,


    bisher war ich stiller Mitleser und habe schon viele Informationen aus diesem Forum für mich mitgenommen. Vor ca. drei Jahren habe ich mir einen Boston Handtiegel gekauft und habe seither viel ausprobiert, auch war ich schon bei einigen Workshops und hatte Gelegenheit an anderen Tiegeln zu drucken. Dabei ist mir aufgefallen, dass das Druckergebnis an anderen Handtiegeln um ein vielfaches besser ist, als die Ergebnisse an meinem Tiegel. Um welches Modell es sich handelt, kann ich nicht sagen, es war ein Schild angebracht, dass es ein Tiegel aus dem Hause Karl Krause ist. Ein paar Fotos vom Tiegel als auch vom letzten Druckergebnis habe ich hier mit angefügt.


    Zu dem Bild mit den Druckergebnissen: "start late" habe ich an meinem Tiegel gedruckt, "studio k53" wurde auf einem fremden Tiegel gedruckt. Beim Drucken an fremden Tiegeln fällt mir immer wieder auf, dass bereits nach einmaligem Betätigen des Hebels ein toller Druck hinsichtlich Farbauftrag und leichter Prägung entsteht, was ich an meinem Tiegel einfach nicht hinbekomme. Außerdem habe ich das Gefühl, dass fremde Handtiegel viel kompakter und kräftiger wirken, als meiner - unabhängig davon, ob es ein A5 oder A4 Tiegel ist. Der leichte Prägedruck ist vor allem schon auf 300g Papier zu sehen. Ich verwende 600g Papiere (ungestrichen) und komme nicht ansatzweise zu einer feinen Prägung, der Farbauftrag ist zudem unzufriedenstellend. Mir geht es auch gar nicht um eine wirklich tiefe Prägung, wohlwissend, dass man diese mit dem Handtiegel ohnehin nicht hinbekommt. Aber diese feine Prägung scheint ja generell zu funktionieren, warum nicht an meinem Tiegel!?


    Auf den Bildern ist außerdem zu sehen, dass der Tiegel möglicherweise irgendwann mal runtergefallen sein muss, da an der rechten Walzenlaufleiste eine Schweißnaht zu sehen ist. Die Walzen sind allerdings auf deutsche Schrifthöhe eingestellt, das einfärben von Bleisatz als auch Klischees funktioniert einwandfrei, obwohl auch der Farbteller ein paar Macken hat.


    Nun zu meinen Fragen - ich hoffe sehr, dass mir diese hier beantwortet werden können:


    1. Ausrichten des Fundaments: Ich habe bereits, wie auch hier im Forum schon beschrieben, das Fundament am Tiegel ausgerichtet. Die mittlere Schraube ganz locker gedreht und anhand der vier kleineren Schrauben das Fundament ausgerichtet. Sobald ich jedoch beim Aufzug etwas Papier oder das Gummituch unterlege, um ansatzweise eine Prägung oder satten Farbauftrag zu erhalten, druckt der Tiegel lediglich im unteren Bereich, oben gibt es gar keinen Druck mehr. Das führt wiederum dazu, dass ich erneut anfange an den kleineren Schrauben zu drehen. D.h. ich versuche die oberen beiden Schrauben weiter anzuziehen um das Fundament weiter an den Tiegel zu bekommen. Leider geben die kleineren Schrauben nicht mehr her, da diese dann schon vollständig eingedreht sind.
      • Was mache ich falsch? Wo ist mein Denkfehler?
      • Muss an einer anderen Stelle noch etwas eingestellt werden, z. B. die Schrauben an der Rückseite des Tiegels?
    2. Die Walzen sehen für mich noch top in Ordnung aus, nicht aufgequollen oder dergleichen. Sie lassen sich leicht, wirklich nur ganz leicht zusammendrücken und Färben das Klischee auch gut ein. Sowohl Klischee, als auch Bleisatz sind deutsche Schrifthöhe, mit der Walzenlehre habe ich den Abstand außerdem überprüft.
      • Kann es dennoch an den Walzen liegen, dass der Farbauftrag aufs Papier nicht zufriedenstellend ist? Ich verwende die Offset-Farben von Epple, kastenstabil...
      • Haftet evtl. noch Walzenwaschmittel an, sodass die Farbe nicht gut aufs Klischee übertragen wird? Ich verwende Böttcherin Blau.
    3. Ist der Handhebel richtig angebracht? Auf Bildern von anderen Handtiegeln sehe ich oft, dass der Handhebel hinten nicht soweit raussteht...
    4. Ist es möglich, dass der Tiegel durch einen möglichen Sturz beschädigt/verzogen ist, was mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist oder ist es einfach Unwissenheit meinerseits, was das richtige Einstellen angeht!?
    5. Sofern jemand eine Idee hat, aus welcher Zeit oder um welchen Tiegel es sich tatsächlich handelt, freue mich natürlich auch über solche Informationen :)


    Herzlichen Dank fürs Lesen und natürlich auch vorab dafür, sollte mich jemand mit Antworten versorgen können :)

    Kristina

  • Hallo Kristina,


    die alten Handtiegel sind zum Letterpressen eigentlich gar nicht gedacht und können schnell überlastet werden, was wiederum zu einer Beschädigung am Tiegel führen kann.


    Mal soll schon beim Drucken lieber nur die Hälfte des tatsächlichen Formats nehmen, beim Prägen noch weniger. Immer auf die Mitte schließen!


    Wenn du den Tiegel einstellst, solltest du ihn auf die deutsche Normhöhe einstellen, dabei aber den Aufzug schon auf dem Tiegel haben. Die Aufzugshöhe variiert oft bei den Angaben der alten Maschinenhersteller zwischen 1 und 1,5mm.


    Die Dicke des Papiers, auf dem gedruckt wird, ist ein Teil des Aufzugs, also wird nicht auf ,zum Beispiel 1mm, drauf gerechnet. Die Aufzugstärke mit dem zu bedruckenden Papier, mit dem Tauen und mit den anderen Aufzugsbögen oder Folie etc soll dann 1mm ergeben, wenn man ganz normal drucken will.


    Weil ja eben in der „Prägung“ das Bild gleichmäßig sein soll und nicht auf der „Oberfläche“ wie das im normalen Buchdruck der Fall wäre, muss man auch bei einer genauen Einstellung mit dem Aufzug arbeiten und beim unteren Blatt durchs Ausschneiden und Aufkleben die Unterschiede im Druckbild egalisieren.


    Wichtig ist auch nicht nur die Dicke des Papiers, sondern auch die Beschaffenheit. Die Baumwollpapiere sind im Regelfall etwas weicher als viele anderen Papiersorten.


    Da du die Papiere per Hand anlegst und die Auflagen wahrscheinlich übersichtlich sind, könntest du dein Papier vorher etwas feuchten. Dein Papier wird aber mehr Farbe aufnehmen. Dein Druckbild wird ggf. etwas unschärfer.


    Das Druckbild kann so aussehen, weil

    die Farbe zu alt und zu kurz ist,

    nicht genug Farbe,

    nicht genug Druck für die Papierbeschaffenheit.


    Schau dir das kleine „Lexikon der Druckschwierigkeit“ an.


    https://drukwerkindemarge.org/download/documentatie/Kleines_Lexikon_der_Druckschwierigkeiten_Rudolf_Zorn.pdf


    Grüße

    Arsentij

  • Hallo Kristina


    Also, so ganz schlecht ist das Druckergebnis nicht, welches du auf deinem Handtiegel erzielst. Mit zunehmender Erfahrung und mit den Tipps von Arsentij wird es bestimmt noch besser werden. Workshop-Besuche sind ebenfalls eine Topp-Weiterbildung.


    Wieweit das Druckergebnis auf deinem Tiegel gesteigert werden kann, kann dir jedoch niemand sagen. Diese Maschinen waren die Kopierapparate ihrer Zeit, gebaut vielleicht vor 150 Jahren, und niemals dazu gemeint, Spitzenqualität zu drucken. Billette, Nummerzettel, Collis usw. war das Einsatzgebiet dieser Maschinen.


    Karl Krause war wahrscheinlich der Händler dieser Maschine, welche wohl ein No-Name-Tiegel ist und irgendwo in grosser Stückzahl gegossen und zusammengesetzt wurde.


    Wenn du deine Maschine irgendwann ausgereizt hast, auf maschinensucher.de werden grössere und stabilere Maschinen immer wieder angeboten. Und mit tiefem Griff in den Geldbeutel sind auch neue Maschinen erhältlich.

  • Was du ausprobieren könntest, wäre der Farbe ein wenig Kreide oder Talk ( z.B. aus dem Sportgeschäft, zum klettern etc.) beizumischen. Das erhöht die Deckung, ohne den Farbton zu verändern, vor allem bei hellen Tönen wie gelb fand ich das recht hilfreich.


    Zum einstellen des Tiegels:

    Da spielt auch die Mechanik eine große Rolle.

    Der Tiegel wird ja über das Gelenk unten bewegt, das bedeutet, je näher die Druckform am Gelenk ist, desto höher ist der Druck, das ist einfach mit der Hebelwirkung zu erklären. Weiter oben ist die Kraftübertragung geringer, deswegen ist da der Druck auch schwächer.

    Um den Tiegel sauber einzustellen solltest du erstmal eine Form so schließen, das du an allen vier Ecken, gleichmäßig zum Rahmen den selben Buchstaben hast, am besten was größeres, ein O oder so.

    Dann druckst du die Form ab, am besten auf das Papier, dass du prägen willst.

    So kannst du genau sehen, an welcher Ecke vom Tiegel du noch mehr Druck geben musst. Den Aufzug dafür möglichst dünn machen, damit nicht zu viel nachgeben kann.

    Den Hebel kannst du auch noch etwas mehr rausziehen, dann hast du auch etwas mehr Kraft beim drucken ( Hebelwirkung)

    Dabei aber immer drauf achten, nicht mit Gewalt runterzudrücken, wie schon geschrieben wurden die Teile nicht für "Letterpress " ausgelegt.