Kennt jemand diese Presse?

  • Wenn kein Typenschild an der Maschine angebracht ist, dürfte es sich um einen Nachbau einer der zahlreichen "No-Name-Firmen" handeln, die Ende des 19. Jahrhunderts den grossen Bedarf an solchen Maschinen gedeckt haben. Der Nachbau war auch nicht besonders schwer. Von einer bestehenden Maschine konnten Gussformen hergestellt werden und fehlende Bearbeitungspräzision wurde mit Maschinenrobustheit kompensiert. Solcherart hergestellte Maschinen wurden wahrscheinlich mit keinem Typenschild versehen, weil schon damals Raubkopien von den etablierten Maschinenbauern verfolgt wurden.


    Der Bedarf an solchen Maschinen war bis weit ins 20. Jahrhundert gegeben, weil man sich vorstellen muss, dass es damals kaum andere Möglichkeiten gab, von einem Schriftstück Kopien herzustellen. Wer als Privater zu einem Fest eingeladen hat, musste zum Drucker gehen und Einladungskarten drucken lassen, wenn er die Einladung nicht fünfzig Mal von Hand schreiben wollte. So sind in dieser Zeit überall Dorfdruckereien entstanden, gleich wie ab den siebziger Jahren Copyshops den wachsenden Bedarf an Vervielfältigtem gedeckt haben.


    Die Officin, in welcher ich meine Brötchen verdiene, ist auch aus einer Kellerdruckerei entstanden, welche nach Feierabend mit einem Handtiegel ausschliesslich Karten und Kärtchen für Private gedruckt hat.


    Robby, was mich interessiert, warum die Frage nach dem Hersteller der Machine. Ist es persönliches Interesse oder soll die Maschine beispielsweise mit Provenienz in einem Museum präsentiert werden? Mit viel Detektivarbeit könnte man vielleicht anhand von eventuell mitgegossenen Giessereistempeln den Maschinenbauer feststellen.

  • Das ist soweit richtig. Bedenken muß mann jedoch, daß um 1880 noch nicht durchgängig mit Typenschildern gearbeitet wurde. Wenn mann großes Glück hat, gibt es ein Schild vom Händler. Gießereistempel sind dagegen sehr selten.

    Genau, daran habe ich gar nicht gedacht. Drum werden in den Online-Auktionen auch Maschinen unter "kuriosen" Herstellernamen angeboten, weil der Händler als Maschinenbauer angesehen wird. Ich habe auch schon Heidelberger Tiegel unter dem Herstellernamen "Lüscher, Leber" in Auktionen gesehen, weil viele Jahre lang die Firma "Lüscher, Leber" die CH-Heidelberg-Vertretung innegehabt hat.


    Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass auf den Original-Tiegeln nirgends der Hersteller vermerkt worden ist. Auf unserem grossen Tiegel mindestens ist an prominentester Stelle auf dem Tiegel "Victoria" eingegossen gewesen und am kleinen Handtiegel seitlich auf dem Arm der Farbwalzen wurde der Name vermerkt. Druckmaschinenbau war immer die Krönung des Maschinenbaus, warum sollten die Firmen damals auf ihren Wunderwerken den Namen nicht verewigen. So gesehen ist No-Name eher ein Zeichen für den Nachbau. Auch in den Museen hängen nicht nur Originale...

  • Ein Patent ist immer nur 30Jahre gülig. Ab ca.1880/90 liefen viele Patente für Handtiegel-Pressen ab. Viele Eisengießereien,besonders im Osten Deutschlands ,fertigten Nachbauten bekannter Pressen. Es war damals ein großer Markt für kleinformatige Tiegelpressen.