Beitrag 290, Wie wirkt IR an der Offset-Druckmaschine?

  • Die Infrarot-Strahlung liegt zwischen dem sichtbaren Licht und der Wärmestrahlung. Das sagt schon etwas.

    Ein IR-Strahler nach den Druckwerken wärmt nicht gleichförmig den ganzen Bogen auf, sondern wirkt umso besser, je dunkler die Druckpartien sind, weil die nicht nur Sichtbares, sondern auch die Nachbarstrahlung IR am gierigsten aufnehmen.

    Durch die schnelle Erwärmung werden alle physikalischen und chemischen Vorgänge beschleunigt und teilweise sogar über heftigere Reaktionswege geführt.


    1. Wegschlagen:

    Im Idealfall (glänzend gestrichenes Papier, Bilderdruck) saugt der Bedruckstoff aus der Farbe nur den Verdünner heraus, also Fettsäureester bei den modernen und Mineralöl bei den traditionellen Farben. Das sind übrigens farblose Flüssigkeiten.

    Je gröber Poren sind, desto ungenauer saugen sie auf, was sie können. Bei Mattgestrichem und erst recht bei Naturpapier, gehen auch Teile der Bindemittel mit aus dem Farbfilm - und hinterlassen oft Festigkeits - Defizite im fertigen Druck. In Zeitungspapier können ganze Farbtröpfchen in den Löchern verschwinden und fehlen dann sogar an der Einfärbung. Hier kann die stärkere Verflüssigung durch Wärme sogar noch mehr schaden.

    Die Farbschicht wird durch das Wegschlagen des Verdünners ganz schnell halbfest und immerhin berührtrocken. Die modernen Bindemittel schaffen sogar eine gewisse Filmfestigkeit - noch lange vor einer oxidativen Verfilmung.

    Praktisch alles, was in den ersten 30 - 60 Minuten geschieht, wird vom Wegschlagen getragen. Es gibt uns die Stapelsicherheit (Klebarmut) und Umschlagbarkeit.


    2. oxidative Verfilmung:

    Reaktionsfähige, kettenförmige Moleküle der Pflanzenöle (und -Derivate) haben Doppelbindungen, die vom Luftsauerstoff angegriffen und geöffnet werden können. Wenn sie in günstigen Stellungen zueinander liegen, geben sie sich die Hand wie zwei Ärmchen. Und damit verbinden sie zwei der kettenförmigen Fettsäureester-Moleküle.

    Wenn das an genügend Stellen passiert, verfestigt sich der Bindemittelfilm ganz erheblich. Er bringt uns die Festigkeit, die wir gegen das Wiedererweichen unter Druck (Schneidbalken) und Scheuerangriffe samt Karboniergefahr brauchen.

    Vielleicht wird hier verständlich, dass diese Verfilmung eine Sache für Geduldige ist. In der ersten halben Stunde nach Druck gibt es da praktisch noch keinen messbaren Umsatz. Hauptsächlich passieren diese Vorgänge am besten über Nacht.

    Auch chemische Vorgänge laufen umso schneller, je wärmer es ist. Dazu sind sie hier auch noch exotherm, produzieren also eigene Wärme. Und wenn wir Pech haben, steigt die Stapeltemperatur in den ersten Stunden nach Druck dadurch so weit an, dass die Farbschichten wieder klebrig werden - das Nachkleben. Also ist hier das richtige Maß wichtig, wie auch Johnny85 schreibt.

    Ich habe in Erinnerung, dass in alten Zeiten ein max von 38°c galt (unlackierte Offsetdrucke). Das kann heute leicht anders sein, weil die Bindemittel vermutlich deutlich anders geworden sind. Aber grundsätzlich gilt es wohl.

    Gefühlsmäßig sehe ich bei typischen Quickset-Farben, also Allround-Farben (sog. IR-reaktive Farben) die Gefahr des Nachklebens geringer als bei den fetteren Glanz-, Scheuerfest- oder gar Folienfarben. Je mehr chemische Verfilmung eingebaut ist, desto stärker kann die Eigenerwärmung durch die Verfilmung sein, klar.


    3. Dispersionslack

    In meinen ersten Jahren in der Branche gab es häufig Reklamationen wegen Ablegen und Blocken im Stapel. Es gab praktisch keine Lackierwerke an Maschinen. Eine Lackierung aus dem 5. Werk war selten eine Erleichterung, eher nur Schutz oder Glanz, weil der Drucklack ja nix Neues anbot.

    Mit den in-line-Lackierwerken zog die Flexotechnik in die Offsetdruckereien ein. Und brachte eine technische Revolution.

    Warum?

    Dispersionslacke sind völlig anders aufgebaut als Öldrucksysteme. Sie bestehen aus einem fettigen Bindemittel, das in winzigen Tröpfchen in Wasser einemulgiert ist - wie eine Milch. Das Wasser kann sehr schnell in den Bedruckstoff wegschlagen und das reine Bindemittel übrig lassen. Das passiert praktisch sofort - aus der Maschine - berührtrocken. Und dazu verfilmt es noch (physikalisch, nicht chemisch) innerhalb von 10 - 15 Minuten - wieder flott und weitgehend vollständig. Und schon bringt es sogar Scheuerfestigkeit.

    Die Offsetfarbe unter dem Dispersionslack hat nun Zeit, in Ruhe oxidativ zu verfilmen. Der Lack schützt nur mechanisch, lässt aber bereitwillig Luftsauerstoff zur Farbe durch - ideale Kombination. Man kann sich mit dem Schutz durch Dispersionslack sogar immer weniger oxidative Verfilmung leisten und mehr Wegschlagen. Das beschleunigt die Weiterverarbeitbarkeit noch einmal.

    Auch das Wegschlagen von Wasser wird durch die Aufheizung beschleunigt. Allerdings wird das kaum merkbar sein, weil es ohnehin schnell geht.

    Dafür kommt aber noch ein wichtiger Trick dazu: das Verdunsten des Wassers. Das wird durch IR natürlich unterstützt, besonders über dunklen Zonen. Alleine über Erwärmung mittels IR bringt es aber nur geringen Umsatz.

    Auch mit Dispersionslack muss man die Stapeltemperatur kontrollieren, damit er nicht blockt. Ich habe max. 28 °C in Erinnerung.


    4. Heißluft

    Es kommt noch etwas hinzu, das die ganze Lage revolutioniert: Heißluftgebläse. Wenn IR eine Fläche aufgeheizt hat, schwebt nämlich eine Dampfschicht über der Lackschicht - und hindert weiteres Wasser daran, aus dem Film herauszutreten. Hier kommt die Heißluft und schält wie ein Messer die Dampfschicht ab und lässt neuen Dampf austreten. Kalte Luft würde schon etwas helfen. Aber warme Luft saugt begierig Feuchtigkeit auf und trägt damit ganz andere Mengen an Wasser weg.

  • servus inkman


    Danke für das Thema und wir haben öfters das Problem das unser Mattpapier schlecht trocknet und beim Falzen merkt man das die Falztaschen Spuren hinterlassen. Mein Chef meint IR Trockner würder sicher stark helfen. Ich bin eher skeptisch ob es besser ist. Nehme den IR Trockner eher für Offsetpapiere und bei Flächen. Wasser und Farbe sind bei mir immer Top. Schutzlack ist keine Option. Grüße Franky 😁 aus der Steiermark