Meine Antwort:
Allein im Standardfall, dem Wegschlagen und der oxidativen Verfilmung, stecken so viele spezifische Risikoquellen, dass er gut daran tut, sie gesondert zu berücksichtigen. Wer noch immer Trockenstoff hinzufügt, weil er innerhalb einer halben Stunde schon die Verfestigung absichern will, beruhigt vielleicht sich selbst. Selbst wenn es hülfe, wäre es ein Grundfehler, falls er es häufiger tun müsste. Um die Rezeptur hat sich der Farbhersteller zu kümmern. Wenn eine Farbe wirklich unzureichend sikkativiert ist, sollte man sie durch eine richtige austauschen.
Das Wegschlagen lebt ja von der Paarung Farbe - Papieroberfläche. Wenn die Poren sehr fein und viele sind, kann der Verdünner sehr gründlich aus der Farbschicht gesaugt werden, und der frische Druck ist schnell berührtrocken, manchmal sogar etwas robust.
Wenn aber die Poren zu grob sind (Matt- und Naturpapier), muss man der Farbe die Zeit für erste Verfilmung lassen. Und es sollte eine eher Bindemittel-reiche Farbe sein, weil in den groben Töpfen des Papiers nicht nur Verdünner verschwindet. Also z. B. eine scheuerfest-Einstellung.
Übrigens: Auch bei Naturpapieren braucht man heute keine sauren Oberflächen mehr zu befürchten. Die sind heute weltweit fast durchgehend „neutral“ geleimt. Und bei gestrichenen Papiersorten hatte man auch früher nichts von der Papiermasse innen gefühlt: Der Strich ist leicht alkalisch.
Wenn man in line mit Dispersion lackiert, sollte man wissen, wie sich diese wässrigen Lacke verfestigen, und welche Zeiträume dafür benötigt werden. Die Trocknung läuft in ganz wenigen Sekunden, praktisch aus der Maschine. Damit sind die Drucke zuverlässig berührtrocken, meist sogar schon gut handhabbar. Die Verfilmung läuft dann in ein paar Minuten - 10 bis 20 als Größenordnung. Dann sind sie sogar scheuerfest, schneidbar usw.
Wenn in line lackierte Drucke klare Scheuerschwächen aufweisen, ist es müßig, an der oxidativen Verfilmung der Farbe herumzusuchen. Das liegt am Lack. Möglicherweise hat er sich abgesetzt, und man hat mehr Wasser verdruckt als Bindemittel. Oder er hat Frost bekommen oder, was auch immer.
Wenn man mal ein ganz haariges mattgestrichenes Papier hat mit ungünstig groben Poren, kann zum Schmirgeleffekt der Papieroberfläche noch hinzukommen, dass anstelle des Verdünners auch Bindemittel abgesaugt wird. Hier braucht es eine fettere Farbeinstellung. Und wenn keine Zeit ist oder extra Farbe, dann nimmt man lieber eine Glanzserie (falls verfügbar), die dann reicher an Bindemittel ist als eine Quickset - Einstellung. Im Notfall tut es dann auch ein bisschen Öldrucklack als Zusatz, möglichst auch glänzend. Aber das muss man vorsichtig machen wie bei Pasten, weil die Zügigkeit leicht im Keller landet und damit auch die Rasterqualität.
Welche Bedeutung der Verfilmungsmechanismus bei strahlenhärtenden Farben und Lacken hat (UV, LED-UV, EB, ggf. Wärme), brauche ich hier nicht näher auszuführen, denke ich. Dafür muss man schon ein echter Spezialist sein, wenn man nicht im Sumpf waten will.