Historische Frage: Wie wurde das Druckbild auf das Rotablatt aufgebracht?

  • Die Rotaprint RKL war in den 60er Jahren die Kleinoffset-Maschine, mit der die Flugschriften und Raubdrucke der Studentenbewegung hergestellt wurden. Ich möchte verstehen, wie damals ein DIN A 4 Klebe-Layout mit Typografie und Fotos auf das Rotablatt übertragen wurde. Leider gibt das Handbuch der RKL keine Auskunft darüber. Weiß jemand noch darüber Bescheid? Die Jungens von der Uni hatten doch sicher keine chemografischen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Druckvorstufe. Wie funktionierte das damals?

  • Die RKL war meine erste Offsetmaschine. Die Platten habe ich damals reprofotografisch erstellt. Es gab auch ein spezielles Farbband für Schreibmaschinen und Stifte, damit konnten Texte und Zeichnungen direkt auf das Rotablatt

    ( 0,10 mm Alufolie ) aufgebracht werden. Die "guten" Sachen wurden damals mit Tageslicht Filmen, Rastefolien und Kontaktkopie hergestellt.

    War schon eine tolle Zeit!

  • ...und da gab es noch Verilith- (Kodak) Rapilith- (Agfa) und ZNO-Platten (Rotaprint und AM), die entweder in einer Reprokamera oder im Kontaktverfahren (Reflexbelichtung) hergestellt wurden.

  • "Die 'guten' Sachen wurden damals mit Tageslichtfilmen, Rasterfolien und Kontaktkopie hergestellt." Das ist eine interessante Information. Wie muß man sich das vorstellen, wenn ich eine Aufsichtsvorlage auf die Platte bringen will? Ich kann doch keine

    Kontaktkopie auf einen Tageslichtfilm machen. Gab es da eine Art einfacher Reprokamera, die verbreitet war?

  • Hallo,

    die Reflexkopie wird im Kontaktgerät gemacht. Der Film war damals von AGFA, Autoreversal A1 P, wenn ich mich recht erinnere. Also Film in den Kontaktbelichter Vorlage obenauf, belichten durch die Schicht, dann den Film entwickeln und dann die vorbeschichtete Platte kopieren. Das ging alles mit einem Gerät und ohne Dunkelkammer. Wer zu der Zeit schon über eine Reprokamera verfügte konnte normalen Repro Film einsetzen, war aber dann an eine Dunkelkammer gebunden.

    Mit Verilith habe ich mich auch eine zeitlang herumgeärgert,Film und Aluplatte war der bessere aber auch teuere Weg.

  • Da fällt mir noch etwas ein: Rotaprint hatte damals einen Kameraautomaten für die Verilith Fotodirekt-Platten, eine Kamera und eine Entwickler Station beinhaltete. Das Gerät konnte im Hellraum betrieben werden, gab es aber erst anfang der siebziger Jahre.

  • Ganz herzlichen Dank für diese Zusatzinformationen. Wenn ich Dich richtig verstehe, wird der Film nicht durch die schwarze Zeichnung (Schrift oder Rasterpunkt) belichtet, sondern durch das zurückgeworfene weiße Licht des Montagepapiers. Dann erhalte ich also ein Negativ der Vorlage. Wurde das durch eine Umkehrentwicklung in ein Dia verwandelt? Denn für die Plattenbelichtung brauche ich doch ein Positiv? Spannend. Und es würde auch erklären, daß Laien ohne Reprokamera damit richtige Layouts drucken konnten.

  • An den genauen Vorgang kann ich mich nur noch dunkel erinnern, da ich sehr schnell mit Reprokamera und Dunkelkammer gearbeitet habe. Eins ist jedoch sicher, nach der Reflexbelichtung und Entwicklung, gab es ein Positiv. Es kommt also auf den Film an ob ein Positiv oder ein Negativ entsteht. Auch in der Reprokamera wird das Licht von den weißen Stellen reflektiert und schwärzen den Film. Es entsteht aber ein Negativ. Dieses muß dann noch zu einem Positiv "umkontaktet" werden. Beider Sache muß dann noch auf die richtige Schichtseite des Films geachtet werden. Die Ozasol P1 Druckfolien benötigten einen Positv-Film. Ein zusätzliches Bleichbad wie es für fotografische Diapositive verwendet wird, gab es nicht. Es gab auch durchsichtige Montagefolien um verschiedene Filme zu einer Seite zu montieren.

    Zum 50 Jährigen Betriebsjubiläum von Rotaprint erschien 1954 ein Buch von Ernst Jaster mit dem Titel von Gutenberg bis Rotaprint. Ein sehr interessantes Werk, das die Entwicklung und den Werdegang des "Rotaprint-Druckverfahrens"

    anschaulich darstellt.

  • "Nach der Reflexbelichtung und Entwicklung gab es ein Postiv." Das ist für mich die entscheidende Information, die erklärt, wie die Flugschriften und Raubdrucke der Studentenbewegung technisch ohne große Investitionen hergestellt werden konnten. Ich arbeite nämlich an einem Buch über die Ästhetik dieser Drucke und fand bisher niemanden, der mir deren Druckvorstufe erklären konnte. Nochmals ganz herzlichen Dank! Und das Rotaprint-Buch habe ich gleich antiquarisch gekauft.

  • An den genauen Vorgang kann ich mich nur noch dunkel erinnern, da ich sehr schnell mit Reprokamera und Dunkelkammer gearbeitet habe. Eins ist jedoch sicher, nach der Reflexbelichtung und Entwicklung, gab es ein Positiv. Es kommt also auf den Film an ob ein Positiv oder ein Negativ entsteht. Auch in der Reprokamera wird das Licht von den weißen Stellen reflektiert und schwärzen den Film. Es entsteht aber ein Negativ. Dieses muß dann noch zu einem Positiv "umkontaktet" werden. Beider Sache muß dann noch auf die richtige Schichtseite des Films geachtet werden. Die Ozasol P1 Druckfolien benötigten einen Positv-Film. Ein zusätzliches Bleichbad wie es für fotografische Diapositive verwendet wird, gab es nicht. Es gab auch durchsichtige Montagefolien um verschiedene Filme zu einer Seite zu montieren.

    Zum 50 Jährigen Betriebsjubiläum von Rotaprint erschien 1954 ein Buch von Ernst Jaster mit dem Titel von Gutenberg bis Rotaprint. Ein sehr interessantes Werk, das die Entwicklung und den Werdegang des "Rotaprint-Druckverfahrens"

    anschaulich darstellt.

    Hallo Boston Presse, ich sehe Du bist auch noch einer der "alten Schule"

    Ich bin übrigens NICHT PERFEKT und ich arbeite auch nicht daran.

  • "Nach der Reflexbelichtung und Entwicklung gab es ein Postiv." Das ist für mich die entscheidende Information, die erklärt, wie die Flugschriften und Raubdrucke der Studentenbewegung technisch ohne große Investitionen hergestellt werden konnten. Ich arbeite nämlich an einem Buch über die Ästhetik dieser Drucke und fand bisher niemanden, der mir deren Druckvorstufe erklären konnte. Nochmals ganz herzlichen Dank! Und das Rotaprint-Buch habe ich gleich antiquarisch gekauft.

    Eine weitere Möglichkeit war das direkte bebildern mittels xerografischer (also Trockentoner) Kopie auf spezielle Papierfolien von Tecco.

    Ich bin übrigens NICHT PERFEKT und ich arbeite auch nicht daran.

  • Boston Presse hatte ein Buch zu Rotaprint empfohlen - Ernst Jaster: Von Gutenberg bis Rotaprint. Berlin 1954 -, das ich inzwischen erhalten und durchgelesen habe. Es ist in überraschend hoher Qualität zweifarbig im Rotaprint-Verfahren gedruckt und tatsächlich sehr interessant. Allerdings vermeidet es sorgfältig jeden Hinweis auf eine Selbstanfertigung von Platten, die über das Beschreiben der Rotablätter mit Schreibmaschine oder Spezialtinte hinausgeht. Der Grund: Man soll anspruchsvollere Drucksachen der Repro-Abteilung von Rotaprint übergeben. Sie werden dort "mit Spezial-Kameras aufgenommen, wodurch ein Negativ-Film entsteht, der dann auf ein lichtempfindlich gemachtes Rotablatt kopiert wird." Man erwähnt auch ein Umdruckverfahren, durch das ein bestehender "Briefkopf von der Rotaprint-Umdruck-Abteilung gleich auf das Rotablatt gebracht" wird, dessen unterer Teil dann normal in der Schreibmaschine vom Kunden beschriftet wird. Okay, wir sind im Jahr 1954. Möglicherweise gibt es noch nicht die Filme für das Reflex-Verfahren. Aber offenbar genügte ein Negativ, kein Dia, für die Beschichtung des Rotablatts. Und wie könnte das Umdruckverfahren ausgesehen haben?

  • Wie das Umdruckverfahren zur Erstellung des Rotablattes ausgesehen hat kann ich nicht sagen. Die Erstellung dieser Folien war ein Geschäftszweig von Rotaprint und war etwas geheimnisvolles. Bedenken muß mann auch, daß die Rotaprint-Maschinen zuerst nur in Büros und Verwaltungen standen und nur von Laien bedient wurden. Eine Repro-Kamera war schon etwas spezielles. Mit dem Autoreversalfilm habe ich erst 1967/68 gearbeitet, beschreiben oder zeichnen mit speziellem Stift habe ich bereits 1962 gemacht, war allerdings auch ein anderer Plattentyp. Wann der Autoreversal-Film den Markt gekommen ist kann evtl. über AGFA ermittelt werden.

    ein Negativ, kein Dia, für die Beschichtung des Rotablatts

    Die Aussage ist falsch. Das Rotablatt für die Filmkopie war lichtempfindlich (UV) beschichtet. Die Filmvorlage war positiv. Nach der Belichtung mit UV-Licht wurde die Platte mit einem Alkali-Entwickler entschichtet. In späteren Jahren habe ich auch mit negativ reagierenden Platten gearbeitet. Was genau meinst Du mit Dia? Jeder Film,egal ob positiv oder negatives Bild, ist ein Dia.

  • "Jeder Film, egal ob positiv oder negatives Bild, ist ein Dia." Das ist mir neu. Unter einem Dia versteht man allgemein ein Diapositiv, also ein positives Bild, nicht irgendeinen Film. Bei Rotaprint kam offenbar auch das Diffusionsverfahren in Gebrauch, bei dem kolloidales Silber von einer Negativschicht auf eine Übertragungsschicht auf der Aluminiumplatte übergeht und dort ein positives Bild erzeugt. Es gab dafür das Rotaprint Modell FP 43 zum Entwickeln von Diffusions-Offsetfolien. Ich hänge ein Bild des Geräts an.


  • also ein positives Bild, nicht irgendeinen Film

    Ich glaube Du verwechselst hier reprografische Technik mit analoger Fotografie. In der analogen Fotografie spricht mann von Dia, wenn es sich um ein farbiges, transparentes Bild handelt. Da auch ein Schwarz-Weiß-Film undurchsichtige und transparente Stellen hat duch die mann hindurch sehen kann, handelt es sich auch um ein Dia denn nichts anderes bedeutet das Wort. Ein Farb-Dia kann ohne vorherige Trennung in CMYK-Farben nicht reproduziert werden.

    Natürlich gab/gibt es mehrere Techniken ein Rotablatt zu bebildern, dazu gehöhrt auch das Diffusionsverfahren Copyrapid von AGFA.

    Das abgebildete Gerät ist jedoch nur das Entwicklungsgerät.