Frage 166, Welche Funktion hat das Schutzkolloid Gummiarabikum, und wie wirkt es?

  • Frage 166, Welche Funktion hat das Schutzkolloid Gummiarabikum, und wie wirkt es?

    Meine Antwort:

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    Gummiarabikum ist ein natürlich vorkommender, makromolekularer Stoff mit vielen (polaren) Alkohol- und Säuregruppen. Es wird als wässrige Lösung auf die Platte aufgetragen und haftet sehr fest auf der Aluminiumoxid-Oberfläche der bildfreien Stellen. Durch seine vielen polaren Gruppen hält es Wasser als oberste Schicht fest, sobald es feucht wird. Damit bietet es im Offsetprozess dem Feuchtmittel direkt eine Wasserschicht an und erleichtert es ihm erheblich, sich unter der Farbe festzusetzen und ein Tonen zu verhindern. Weil es während der Auflage doch allmählich abgewaschen wird, enthalten die meisten Feuchtmittelkonzentrate geringe Mengen dieses oder eines ähnlichen Schutzkolloides.

    Gummiarabikum ist auch nach langer, trockener Lagerung im Kontakt mit Wasser quellfähig und hilft so, archivierte Platten erneut zu verwenden.

    Es hilft allerdings nicht gegen eine Oxidation der Plattenoberfläche. Die ist längs passiert an der Luft und wird als Schutzschicht benötigt, damit das sehr reaktive Aluminium nicht bei Kontakt mit Wasser "rostet" (ins Hydroxid verwandelt). Wenn in einer Auflage bildfreie Plattenpartien stellenweise an Gummiarabikum und Wasser verarmen und deshalb nebelartig tonen (oder schmieren?), spricht mancher Offsetdrucker fälschlicherweise von „Plattenoxid“. s. a. Quizfrage 67

  • Gummi Arabicum ist ein "geiles Zeug".Ich habe in den Siebzigern im Osten gelernt, und dank der guten Beziehungen der DDR zu den Maghreb-Staaten gab es das Zeug in Hülle und Fülle zum Schleuderpreis, im Papiersack als Rohharz mit allen Verunreinigungen. Vier Wochen einweichen, abgedeckt stehen lassen und filtern, danach hatte man eine säuerlich riechende (vergleichbar reverse Nahrung ;-)) Flüssigkeit, die, dem Feuchtwasser zugesetzt, für ein gutes Klima auf der Platte sorgte. Puffernde Zusätze gab es kaum, aber G-A kommt mit ziemlich genau ph 5 rüber und ist somit ideal. Allerdings, da organisch, stinkt es nach einer Woche schon ganz schön im Kreislauf. Also war jedes WE Wasserkreislauf reinigen angesagt. Die alten Steindrucker haben es schon verwendet, um den Lithostein hydrophil zu halten. Heute ist das Haupteinsatzgebiet eher die Lebensmittelindustrie. Wird fast überall beigemengt als Emulgator.

    Ach ja, geruhsame Feiertage @all!

  • Hallo jotemel,

    danke für die Informationen. Das alles war mir gar nicht so bekannt, weil wir das „geile Zeug“ nur fertig von Lieferanten bezogen haben. Ich stelle mir es aber grenzwertig vor, wenn Drucker auch noch die Arbeit chemischer Industrie machen müssen. Sie haben ihre eigenen, fachspezifischen Aufgaben und sollten nicht auch noch Laborant oder Chemikant sein.

    Wenn man bedenkt, dass der olle Senefelder damals praktisch nur gepanscht hat, wie es in der Chemie noch verbreitet war. Er wollte Gummiarabikum nur als schwache Säure verwenden, um durch Herunterätzen von Kalziumkarbonat eine Hochdruckform zu bauen. Da hätten sich viele einfachere angeboten. Und bis heute haben wir für diese Funktion im modernen Offset keinen neuen, besseren, billigeren Stoff gefunden. Der hatte wirklich einen gewaltigen Dusel. Oder wie man es positiv sieht, war er einer der Erfinder vom Typ Daniel Düsentrieb, natürlich nie ein richtiger Chemiker in unserem modernen Sinne. Aber segensreich für mehrere Generationen moderner Chemiker, die in der Farbenindustrie arbeiten.

    Viele Grüße & ciao

    Inkman