Offsetdruckfarbe (Bogenoffset) absolut mineralölfrei ?!

  • Liebe Kollegen,
    mir ist ein Artikel aufgefallen wo geschrieben wurde das Bogenoffsetdruckfarbe absolut mineralölfrei hergestellt werden kann.
    Wir verarbeiten sogenannt Ökofarbe.
    Mir ist neu das die Herstellung absolut mineralölfrei ist.
    Vielleicht kann unser " Forenchemiker " Inkman dazu etwas sagen.
    Ich denke das könnte viele interessieren.
    Gruß Hein

    Es ist schwer im Tempel des Rechts logisch zu argumentieren, wenn der Hohepriester nicht ganz dicht ist.

  • Ja, Hein, das kann ich.

    Zuerst (schon Gutenberg, lange allgemein der Buchdruck) hatte man als flüssige Komponente Leinöl und andere Pflanzenöle in den Druckfarben.

    Dann kamen als Hauptflüssig-Komponente die Mineralöle. Sie waren viel flüssiger (niedriger viskos) als Pflanzenöle und brachten damit ein wesentlich schnelleres Wegschlagen und andere Vorteile. Als Festkomponente benutzte man Kolophonium-Derivate (Baumharz, chemisch veredelt). Sie lösten sich zwar nicht in Mineralöl. ließen sich aber zu zähklebrigen Masen anquellen. Das brachte noch schnelleres Wegschlagen.

    Damit ging es rezeptmäßig in den aufkommenden Offset

    In einigen Verpackungsspezialitäten kam es zu Problemen mit Mineralölen, z. B. bei Zigarettenpackungen. Dort wurde zuerst wieder auf Pflanzenöle zurückgegriffen. Diese Farben konnten aber nur ein Übergang sein, weil sie zu polar waren und lauter Litho-Schwächen hatten, also im Offset schlecht verdruckbar waren.

    Wir kannten schon besser verwendbare Verdünner, nämlich umgeesterte Pflanzenöle. Man knackt das typische Triglycerid von Pflanzenölen und verestert sie neu mit kleinen Alkohol-Molekülen wie Methyl-, Ethyl- oder Butyl-. Sie waren perfekt in der Viskosität und konnten die Hartharze richtig lösen, nicht nur anquellen. Aber sie waren noch viel zu teuer, weil in zu geringen Mengen hergestellt. Entgegen der Ökodiskussion ist der Druckfarbenmarkt zu klein, um hier etwas bewegen zu lassen.

    Dann kam das Biodiesel. Hier werden Pflanzenöle gerade so umgeestert wie eben beschrieben. Unser Vorteil waren die riesigen Mengen, die als Kraftstoff gebraucht wurden. Sie machten diese Ester bezahlbar.

    Nur: Biodiesel war nicht besonders gereinigt. Es sollte ja nur verbrannt werden. Aber man konnte es nun in kleineren Mengen reinigen und so als bezahlbaren Verdünner für Offsetfarben und andere Anwendungen anbieten.

    Das haben wir euch natürlich nicht einfach so erzählt. Damals war die Ökoplatte schon in vollem Gange. Also haben wir euch erzählt, dass wir jetzt
    das Mineralöl aus fossilen Ressourcen durch einen nachwachsenden Rohstoff, eben Pflanzenöl mit chemischer Veredelung, ersetzen. Dieses Argument lag in der Zeit und wurde so bereitwillig gekauft, dass es heute noch lebt.

    In Wirklichkeit waren diese neuen Farben erheblich besser im Lithoverhalten und im Wegschlagen als die alten. Ihnen gehört klar die Zukunft, wenn du mal in die Produktprospekte der Hersteller schaust.

    Jetzt kommt der Haken:
    Ganz mineralölfrei ist etwas anderes als nur ein neuer Verdünner. Mineralöle stecken in kleineren Mengen in einigen Rohstoffen und Halbfabrikaten, auch als Verunreinigungen. In Anwendungen wie Zigarettenpackungen müssen aber auch diese Spuren noch raus. Das engt die Rezepturarbeit deutlich ein und verteuert den gesamten Materialpreis etwas. Man wird es also nicht für ein Öko-Image tun, sondern nur für funktionelle Anforderungen. Deshalb muss man in der Regel davon ausgehen, dass Ökofarben doch noch Spuren von Mineralöl enthalten können.

    Viele Grüße & ciao
    Inkman

  • Lieber Incman,
    vielen, vielen Dank für diese Erklärung.
    Quartalsmäßig verfasst unsere Firma ein Bericht in Form eines Flyers über ökologische Brennpunkte in der Druckbranche.
    Dieses Mal hat sich unser Guido Schmidt mit der Druckfarbe beschäftigt- speziell unter ökologischen Gesichtspunkten und wieviel Mineralöl die " Ökofarbe" immer noch enthält.
    Es gibt Ökodruckerein die damit werben absolut Mineralöl-freie-Farben zu benutzen.
    Dieser Fakt hat uns mal einen Kunden gekostet der woanders umworben wurde mit dem Argument der 100% igen Ökofarbe . Dieser Kunde ist nun wieder zurückgekehrt.
    Das interessante war und ist das Farbhersteller nicht sagen wollen . . . dürfen . . . oder können wie hoch der Restanteil von Mineralöl in der Ökofarbe ist. Unser Kollege hat verschiedene Hersteller kontaktiert aber keiner hat eine genaue Aussage gemacht.
    Uns gehts nicht darum jemanden an den Pranger zu stellen sondern sachlich unseren Kunden zu erklären was möglich und was noch nicht möglich ist - was auch eine Verpflichtung unsererseits ist.
    Ich fasse also zusammen : Es gibt kleine Mengen von Mineralöl in Ökofarben. Gut.
    Ich suche den Link noch mal heraus und setze es hier rein .



    Lieber Inkman, vielen Dank noch mal - Gruß Hein

    Es ist schwer im Tempel des Rechts logisch zu argumentieren, wenn der Hohepriester nicht ganz dicht ist.