• Hii,


    Ich muss in der Berufschule ein Referat über Biofarben halten!
    Muss man beim Offsetdruck was besonderes beachten wenn man mit Biofarben druckt?(Zwecks Maschine,Farbwerke,Platten, etc...)




    danke im vorraus für hilfreiche tipps

  • Hallo cashnox,


    Das Thema Biofarben hat sehr unterschiedliche Seiten.


    1. Die Sicht der Drucker:
    Biofarben, Ökofarben und, wie die Farben auf Fettsäureestern
    kommerziell auch immer heißen, sind emulgier-stabiler und in der
    Weiterverarbeitung mindestens so schnell wie die alten Mineralölfarben. Bei
    jedem Farbwechsel muss der Drucker sich und seine Maschine etwas an ein neues
    Fabrikat anpassen - unabhängig davon, welcher Verdünner in der Farbe ist. Besonders für die langen
    Maschinen mit Wendeeinrichtung sind nur diese Esterfarben zu empfehlen, weil
    sonst die Zweiseitigkeit zwischen Schön- und Widerdruck und die lästigen
    Waschintervalle wieder zum Thema werden.


    2. Die Aussage der Farbverkäufer:
    Biofarben schonen die Umwelt dadurch, dass sie anstelle des
    Mineralöls aus fossilen Ressourcen Komponenten aus nachwachsender Quelle
    verwenden (Leinöl, Sojaöl usw.). Die Hartharze basieren schon hauptsächlich auf
    Kolophonium (Baumharz), nun auch die Verdünner. Alkydharze werden so wie so
    schon immer aus Pflanzenölen gemacht. Damit wird kein Mineralöl aus dem Erdöl
    verwendet, diese fossile Ressource also geschont.


    Am weitesten in seiner Argumentation geht ein Anbieter aus dem
    Süden der Republik: Er verwendet „essbare“ Komponenten in Farben für
    Lebensmittel -Direktverpackungen, damit auch bei einem Materialübergang das
    Füllgut nicht kontaminiert werde (vorstellbar z. B. Leinöl).


    3. Die Meinung eines markenneutralen Insiders:
    Der Name ich Quatsch und ein Werbewort, weil er biologische
    Verträglichkeit oder Herkunft vortäuscht. Aber die gute Seite ist, dass solche
    Umwelt- und Bio-Ausdrücke tatsächlich die Verkaufbarkeit erhöhen. Das schleppt
    hinter sich am Ende doch ein paar Verbesserungen des gesamten technischen
    Bereiches, weil Stichworte wie Ressourcenschonung wichtig werden. Und damit
    halte ich diese Öko-Platte doch für etwas Gutes für unsere Gesellschaft.


    Die Ursprünge dieser Druckfarben im Offset sind ein Wechsel des
    Verdünners vom Mineralölprodukt zu umgeesterten Pflanzenölen, so genannten
    Fettsäureestern. Seit die bezahlbar sind, kann man sie auch in Druckfarben
    verwenden. Und in deutlich weniger gereinigter Form haben sich ja ähnliche
    Produkte wie Biodiesel ebenfalls ihren Markt erobert.


    Einfach aus funktionellen Gründen hat man schon immer z. B.
    Leinöl (lange vor Gutenberg) in Farben eingesetzt. Nur weil die moderne Chemie
    besser funktionierende Lösungen - manchmal endlich auch zu einem akzeptablen
    Kilopreis - bietet, werden sie gewählt.


    Übrigens: Die Gesamtmenge an Mineralöl für Druckfarben weltweit
    ist winzig gegen die Mengen, die in Kraftstoffen verbraucht werden. Erst sollte
    man einmal berücksichtigen, wie viel Mineralöl die LKWs der Farbenfabriken und
    die Geschäftswagen ihrer technischen und kommerziellen Mitarbeiter verbrauchen,
    damit lauter Ökofarben verdruckt werden können. Und wenn hier eine Schonung der
    fossilen Ressourcen erreicht ist, könnten wir an die kleineren Felder gehen.


    Man hätte aus Werbegründen gerne auch die Farbmittel (Pigmente)
    aus nachwachsenden oder wenigstens irgendwie „natürlichen“ Quellen. Sie sind
    die letzte große Bastion der Erdölchemie. Aus meiner Sicht sollte sie das auch
    bleiben, weil diese Stoffe eine unglaublich starke Kombination von farblichen,
    verarbeitungstechnischen und wirtschaftlichen Vorteilen gegenüber mineralischen
    oder pflanzlichen Alternativen bieten. Man sollte eher an der Verwendung von
    Erdöl für Kraftfahrzeuge und zur Energiegewinnung arbeiten, als die verfeinerte
    Erdölchemie infrage zu stellen. Mit der Farbchemie kam die Chemotherapie in der
    Medizin auf; sie war eher Auslöser als Abfallprodukt der Farbforschung. Und
    welchen Segen hat sie uns gebracht!


    Wenn du sie gebrauchen kannst, habe ich noch Detailinformationen. Die sind aber teilweise etwas schwer verdaulich (Chemie und Physik).


    Viele Grüße & ciao
    Inkman

  • Hallo Inkman,
    auch von mir vielen Dank für die Informationen. Auch wir verwenden ausschliesslich Farben auf Pflanzenölbasis.
    Nun aber meine Frage: Was hat Farbchemie mit Chemotherapie zu tun ?


    Gruss, Hein


    Gesendet von meinem SM-T315 mit Tapatalk

    Es ist schwer im Tempel des Rechts logisch zu argumentieren, wenn der Hohepriester nicht ganz dicht ist.

  • Hallo Hein,


    danke für dein Interesse und die Frage.


    Ende des 19. Jahrhunderts lebten in Deutschland zwei berühmte Forscher und Ärzte, Robert Koch (Entdecker des Tuberkelbazillus) und Paul Ehrlich („Ehrlich färbt am längsten“). Man hatte gerade entdeckt, dass viele Krankheiten von winzigen Lebewesen verursacht wurden, und beide suchten auf diesem Gebiet schuldige Bakterien. Sie färbten sie unter dem Mikroskop an, um sie erkennbar zu machen. Und in einem dieser Experimente merkten sie, dass einige der Farbstoffe die Bakterien abtöteten. Damit lief eine Zeitlang die Entwicklung von Farbstoffen und Medikamenten zusammen. Nicht lange danach wurden aus beiden Richtungen eigene Zweige.


    Außer den beiden Genannten arbeiteten auch noch Chemiker in Frankreich, Deutschland und Großbritannien an Synthesen von Naturstoffen zum Färben und Heilen. Bekannte Beispiele sind Alizarin, Mauvein, Indigo, Methylenblau und Salvarsan.


    Viele Grüße & ciao
    Inkman

  • Hiho,


    wir benutzen die "BIO-Farben" auf Offset-Papier, wenn dieses noch durch einen Laserdrucker bedruckt wird. Produkt z.B.: Werbeblätter im Baumarkt; oder Mailings, die personalisert werden. Die BIO Farben bassieren auf Minerralöl, wie perfekt beschrieben von inkman, daurch auch Hitzebeständig sind.


    Ich hoffe ich konnte helfen


    Grüße Nils

  • Hallo Nils und Hein,


    Hein hat Recht. Die „Biofarben“ heißen so, weil sie anstelle des Mineralöls chemisch umgewandelte Pflanzenöle enthalten, die als nachwachsend (und daher Bio) beworben werden.


    Das mit der Hitzebeständigkeit ist eine andere Kiste. Wenn Offsetdrucke noch durch den Laserdrucke müssen, müssen sie die ca. 200 °C heiße Fixierwalze überstehen, ohne klebrig zu werden, damit da nichts aufbaut. Das ist für einen Offsetdruck eigentlich eine überzogene Forderung, weil unsere Wachse ab 90 °C und die Hartharze ab 140 °C zu schmelzen anfangen. Nur wenn die Kontaktzeit sehr kurz ist, geht das gut. Es ist also eine Gratwanderung.
    Zum Trost: Solche Gratwanderungen gibt es auch woanders, z. B. bei Blister-Packungen. Und diese Risiken sind geradezu unbedeutend, wenn man sie mit Lebensmittel-Direktpackungen vergleicht...


    Der Farbenchemiker baut in solche Vordruck-Farben zur Absicherung viel oxidative Trocknung ein, weil sie die Bindemittelmoleküle durch Vernetzung träge macht. Da helfen allerdings nicht die Verdünner, die aus Pflanzenölen durch Umesterung gewonnen werden. Die verfilmen bestenfalls sehr schwach.
    Man verwendet Pflanzenöle selbst wie z. B. Leinöl, oder deren chemische Veredelungsvarianten, die Alkydharze. Und das kann man sowohl in den traditionellen Mineralöl-Farben machen, als auch in Fettsäureester-haltigen „Biofarben“.
    Lieber Nils, lass´ dich bitte nicht entmutigen, frei von der Leber zu fragen. Du glaubst nicht, wie viele Kollegen deine Fragen haben, sich aber nicht trauen, mal etwas spontan zu fragen. Das geht Studenten (der Druck- und Medientechnik) nicht besser. Also immer munter bleiben. Dies ist ja ein Forum, und wir sind unter uns.


    Viele Grüße & ciao
    Inkman

  • Bio oder Öko-Farben sind natürlich Mineralölfrei. Nils hat sich vermutlich nur verschrieben.


    Diese Farben sind auch nur bedingt "lasergeeignet". Diese Erfahrung durfte ich leider machen. Bei kleineren und mittleren Auflagen funktioniert es seit Jahren bei uns auch. Wir drucken allgemein mit mineralölfreien Farben und wechseln auch weiterhin nicht, wenn Aufträge kommen, die eine Anforderung für hitzebeständige Farben haben.


    Bei größeren Auflage verwenden wir aber mittlerweile die "Pro-Laser" Farbe von Epple. Diese Farbe erfüllt alle Anforderungen, die auch Hochleistungslaserdrucker verarbeiten können. Auch das Trocknungsverhalten (rein oxidativ) ist bei Natur und Offsetpapieren eine andere Liga.


    Leider kommen in letzter Zeit bei uns immer wieder Anfragen zu mineralölfreien Farben im Headset-Rollenoffset. Diese Farben gibt es ,-aber die Probleme sind nach meiner Info so groß..., wir sträuben uns noch dagegen. Scheinbar aber auch die Farbhersteller selbst.


    inkman,-Dein Fachwissen beeindruckt in diesem Bereich. Wenn Du da Infos für uns hättest, wären wir sehr dankbar!


    Viele Grüße

  • Hallo Fazer-jk,


    da ich früher mit Bogenoffsetfarben gearbeitet habe, kenne ich die Heatset-Angelegenheiten nur aus der Nachbarschaft. Und inzwischen können sich neue Dinge ergeben haben, über die mit mir natürlich auch keiner spricht. Es schaut aber so aus, als sei die Lage nicht völlig anders:


    Die Fettsäureester lassen zwar gut verdruckbare Farben zu, gehen aber im Heatset-Trockner nicht gut genug hinaus. Es gibt einfach nicht die passenden Siedebereiche - oder nur zu Apothekenpreisen. Eine Eigenentwicklung lohnt bei der Menge nicht, die weltweit für Druckfarben verbraucht würde. Wir können uns also wie oft nur auf fahrende Züge anderer Branchen draufsetzen (s. a. Laser, Dioden, Biodiesel...).


    Ich habe mal ein paar Websites von Anbietern angeschaut: Dort arbeiten noch immer alle nur mit Mineralölen.
    Sollte einer doch Esterfarben anbieten, erwarte ich drucktechnisch eher Verbesserungen, auch kräftige. Nur im Trocknungsverhalten und im Materialpreis sehe ich die Probleme.
    Der Coldset hat es da leichter, obwohl sein Preisdruck noch größer ist. Dort kann man direkt Pflanzenöle einsetzen. Das ist noch billiger als erst umzuestern.

    Viele Grüße & ciao
    Inkman