Fragen zum Handtiegel, Walzendurchmesser

  • Hallo,

    ich habe gestern einen Handtiegel von ESE (Ernst Sattler Essen) erworben (Bild ganz unten!) Was ich damit machen möchte...noch keine konkrete Ahnung. Das war eine Anschaffung die stark nostalgisch motiviert war. Praktikum in einer Druckerei vor 35 Jahren, am Dienstag ein Tiegelvideo auf einem abonnierten Woodworkingkanal vorgeschlagen bekommen, mal bei Ebay Kleinanzeigen gestöbert...am Donnerstag stand das gute Stück hier. Manchmal muss man auch unüberlegte und bekloppte Sachen machen.


    Ich hab den Tiegel heute mal auf meine Werkbank gehieft und genauer betrachtet. Eigentlich wollte ich den komplett zerlegen und neu lackieren, er sieht aber nach dem säubern und entrosten einiger Teile so gut aus, dass das unnötig scheint. Zudem sind sämtliche Öleinlässe rot getupft, was ich total schön finde. Optik bleibt also weitgehend so. Technisch scheint eigentlich auch alles in Ordnung zu sein, eine Rollenführung ist wohl mal abgebrochen und wurde geschweißt.

    Es haben sich aber ein paar Fragen ergeben dir ihr mir vielleicht beantworten könnt.

    Speziell geht es um die 3 Farbwalzen.


    1)Alle Lager haben einen Durchmesser von 30mm (+/-1/10), alle Walzen von 32mm. Die obere Walze wird vermutlich zum Auftragen von Farbe aus dem Farbbehälter genutzt. Trotzdem fährt sie noch zur Hälfte über die Druckplatte (Bild unten) wenn ich die 2 unteren Farbwalzen ganz nach unten fahre. Oder bewege ich die Rollen garnicht so weit nach unten ..oder steh ich nur irgendwo auf dem Schlauch. Wenn die 3. Walze nur halb über den Druckstock (heißt das so?) und wieder zurück rollt, dann wird doch sicherlich der Farbauftrag ungleichmäßig. Ich hab irgendwo gelesen, dass die dritte Walze oft ein dickeres Lager hat, damit sie den Druckstock nicht berührt. Hab ich vielleicht einen Satz falsche Lager eingebaut?


    2) Die Lager, bzw. die Metallteile links und rechts vom Gummibelag drehen/reiben sich ja einfach so in den seitlichen Führungen. Das ist vermutlich richtig so und war damals Stand der Technik? Heute wären da ja vermutlich Kugellager. Da reicht also offenbar ein Tropfen Öl. Oder?


    3) Haben die Lager Standardmaße, bzw. kann ich sowas noch irgendwo erwerben? In zwei Lagern fehlt die Madenschraube, in einem ist die Schraube aber total verdengelt. Ich denke die werd ich kaum rausbekommen.


    4) Eine Walze hat zwei Dellen, bzw. Verformungen des Gummis. Nicht sicht-, aber fühlbar. Ich denke die kommen dadurch zustande, dass die untere Walze wenn sie ganz unten ist, gegen den Fuss der Presse stößt. So stand sie wohl längere Zeit. Ist das ein Problem, wenn man diese Walze ganz nach oben setzt? Also zur Farbwanne meine ich. Da sollte die Delle ja wenig stören.


    Herzliche Grüße

    Tobias

  • Hallo Tobias


    Vom Zustand her ein schöner Tiegel, welchen du ersteigert hast. Mechanisch vermute ich jedoch, dass dieser einen Defekt haben könnte.


    Die Walzen dürften eigentlich nicht so weit runterfahren, dass die erste Auftragwalze den Maschinenrahmen berührt. Wenn der untere Wendepunkt der Walzen richtig wäre, würde die Schöpfwalze nicht auf der Druckform wenden.


    Meine Frage darum: Auf keinem Foto sehe ich den Handhebel, mit welchem der Druckvorgang betätigt wird. Fehlt dieser oder hast du den für den Transport demontiert?

  • Gute Morgen.


    Der Tiegel stammt aus einer alten Druckerei. Ich habe ihn von der Frau des Druckers erworben. Tatsächlich wurde lange nicht mehr damit gedruckt Er wurde zuletzt, aber auch vor vielen Jahren, als Demogerät zum Vorführen der Technik auf einen Markt mitgenommen, während ein größerer Heidelberg in Aktion war.


    Hebel ist dran. Ich mach gleich nochmal Bilder der kompletten Maschine. Es kommt mir ja auch irgendwie nicht richtig vor. Also aufgrund der Rollenposition. Vielleicht hab ich die obere Rolle falsch eingebaut. Die Halterung lässt sich um 180 Grad drehen...dann sind die unteren Rollen noch dichter zusammen, die 3. Ist noch weiter unten. Passt auch irgendwie nicht.


    Möglicherweise muss ich irgendwo einen Endstopp einstellen. Ich dachte nur die unteren beiden müssten beide über den kompletten Schließrahmen rollen...vielleicht überschätze ich die mögliche Druckgröße. Ich dachte Din A5.


    Wie auch immer, im mache gleich weitere Bilder. Sie lief anfangs etwas zäh, ein bisschen Öl und Rost/Flugrostentfernung haben da Abhilfe geschaffen. Farbwerk(?) läuft, Teller dreht sich, ich habe auch mal ohne Farbe was geprägt 👍🏽. Wäre schade, wenn irgendwas ernsthaftes defekt wäre.


    Grüße

    T.

  • Ah ja, jetzt sehe ich den Hebel.


    Dann wirds schon so sein, dass die Schöpfwalze auf der Druckform wendet. Ist auch nicht schlimm, du wirst ja kaum Flächen oder Raster auf der Presse drucken und die beiden Auftragswalzen werden den Farbauftrag der Schöpfwalze beim Hochfahren sowieso weitgehend egalisieren.


    Ist ja keine Hightech-Maschine, aber auch beim Heidelberger OHZ wendet die vierte Auftragwalze auf der Druckform.


    Zu den übrigen Fragen kann ich sagen, dass du auf dem richtigen Lösungsweg bist. Dass die Maschine aber nach heutigen Normen gebaut ist, kannst du wahrscheinlich vergessen. Fehlende Schrauben usw. wirst du selber herstellen müssen.


    Aber die ausgewiesenen Handtiegel-Spezialisten hier im Forum werden dir eine genauere Einschätzung geben können.

  • Danke Cyberfisch.


    Erstmal noch ein paar Bilder der Maschine, es ist etwas eng in der Werkstatt, alleine raustragen ist gerade schlecht.

    Ich denke ich hab das Problem gefunden. Wenn die Rollen ganz runterfahren stößt die untere ja leicht gegen dan Rahmen. Der Endanschlag ist nicht die Rolle gewesen sondern der Vorderteil der gegen die Grundplatte stößt. Also an der Stelle.

    Die Walzen fahren dabei dann soweit runter, dass die Schöpfwalze (danke für den Begriff) zu weit fährt, wobei ich die Farbwalzen da ganz unten ja garnicht brauche. Die obere Farbwalze erreicht jetzt den unteren Rand des Schließrahmens (?).

    Meine Idee wäre jetzt, dass der Drucker den Hebel zum Farbauftrag eben nicht ganz nach oben bzw. die Rollen nicht bis zum Anschlag nach unten bewegt hat. Die Schöpfwalze und die obere Farbwalze haben einen Abstand von knapp 11,5cm damit kann man DIN A5 im Querformat einfärben.

    Möglicherweise gab es auch mal ne Anschlagsauflage die den Weg begrenzt hat. ZB. so, mit dem Stück Korken.

    Dann fahren die Farbwalzen bis in die dargestellte Position, und die Schöpfwalze hängt 12,5cm nach.


    Das wäre nur ne Idee von mir. Die Walzen haben ja eine Führung die unten nach hinten weiterläuft. Und die untere Walze würde in Endposition nicht gegen den Rahmen stoßen wenn der Anschlag einen halben mm höher (Abnutzung) oder wenn die Gummis genauso dick wie die Lager wären. Vielleicht stimmt auch die Dicke der Auflage nicht.


    Fragen über Fragen ;)


    Euch ein schönes Wochenende!

    Tobias

  • Nochmal ganz kurz, ich denke die Sache mit dem Korken könnte in die richtige. Richtung gehen, wobei ich da was deutlich Festeres brauche. Der Korken gibt zu stark nach. Sehr hartes Gummi. Dazu muss ich aber das richtige Maß austesten, da der Teller nicht mehr richtig gedreht wird sobald die Unterlage zu dick wird. Das muss ich einfach mal ausprobieren, es macht aber Sinn denke ich.


    Habe eben mal nach einem weiteren Mitbringsel geschaut. Ein Stück schwerer als der kleine Boston-Tiegel. Ich hab mich überreden lassen, auch noch die abgebildete, bei der Abholung auch ziemlich verstaubte Presse mitzunehmen. Sonst wäre die vermutlich weggeflogen. Vielleicht könnt ihr mir auch dazu was sagen. Wurde die auch zum Drucken verwendet? Die Auflageplatte kann man rausziehen.

    Grüße!

    T.


    Ps.: Spontan denke ich ja an Linoldruck als Heimanwendung. Aber da lacht ihr mich bestimmt aus🤦🏽‍♂️

  • Also,

    die Walzenhalterung ist eindeutig nicht Orginal und wurde später neugebaut.

    Der Tiegel lief auch ursprünglich mit drei Walzen, die saßen aber einzeln an diesen Federstangen mit Haken (heißt wahrscheinlich irgendwie anders) in dem schwarzen Teil, man sieht da ja das dritte Loch.

    Weil die neue Halterung zu weit nach unten ragt gibt es das Problem mit dem gegen das Korpus drücken.

    Ein Problem sind auch die Laufrollen, eigentlich müssen sie zwingend den gleichen Durchmesser wie die Gummiwalzen haben.

    Da sie aber kleiner sind, rollen sie auch etwas langsamer als die Gummiwalzen, dadurch kann dann das Druckbild verschmieren. Nicht viel, aber bei feinen Motiven kann das durchaus ein Problem sein.

    Wichtig ist auch die Laufschienen so einzustellen, dass die Gummiwalzen nur ganz leicht über das Druckmotiv rollen, sonst schmiert es auch.

    Auch müssen die Lager für die oberste Walze einen größeren Durchmesser haben als die Walze selbst, die ist einzig dafür da, Farbe von der Metallwalze im Farbwerk aufzunehmen und sie auf dem Farbteller zu verteilen.

    Da sie jetzt auch auf dem Motiv wendet wirst du an der Stelle immer einen dickeren schmierigen Streifen im Bild haben.

    Man kann aber auch ohne das Farbwerk drucken, dann einfach die beiden Laufschienen am Farbwerk so weit hochschrauben, dass die Gummiwalze nicht an die Metallwalze rankommt. Das mache ich auch immer, wenn ich kleine Auflagen drucke, es dauert immer ewig das Farbwerk sauberzumachen.

    Dann einfach etwas Farbe (weniger ist mehr, es muss leise zischen und nicht laut schmatzen beim Drucken) auf dem Farbteller verteilen und ein paar mal hin und her rollen.

    Die oberste Walze verteilt die Farbe über den Teller und verhindert so auch die unregelmäßige Einfärbung.



    Die kleine Presse diente wahrscheinlich zum prägen und stanzen. Wenn in dem oberen Teil runde Löcher sind, konnte man da auch Heizpatronen einsetzen und die Presse dann auch für die Heißfolienprägung benutzen.

  • Hallo Monstermonster,


    das ist durchaus möglich, dass die Maschine mal umgebaut wurde. Das war auch zwischenzeitlich mein Gedanke als ich die Rollenhalter auseinandergenommen und sauber gemacht habe. Die Rollenhalter passen optisch nicht so richtig an die Maschine, zudem gibt es ja, wie du auch richtig bemerkt hast, die 3 Löcher. Da war mein Erklärversuch, dass es möglicherweise eine Variante ohne Schöpfwalze, also nur 2 Walzen und eine mit 3 Walzen gab, die aber das gleiche Gussteil nutzen.


    Es scheint aber wohl so zu sein wie du sagst. Da muss ich mal überlegen, ob und wann ich mich damit mal auseinandersetze. Grundsätzlich hat das ja mal jemand mit Zeitaufwand umgebaut, und schlecht ist das nicht gemacht. Ich denke das teste ich einfach mal aus. Habe eben auch einen anderen Thread gefunden in dem es um Walzendurchmesser und Lager geht. Die Maschine um die es ging hatte wohl ab Werk Rollenhalter wie sie jetzt auch an meiner Maschine sind (Link: Bild des anderen Rollenhalters). Das ist also keine Erfindung des Umbauers, warum mal umgebaut wurde.. weiß der Geier.


    Mehr Handlungsbedarf besteht ja offensichtlich/möglicherweise bei den Walzenlagern oder den Gummiauflagen. Ich verstehe, dass da ein Problem mit dem Abrollen auf dem Druckstock besteht. Das sind ca. 6mm Mehrumfang des Gummis. Klingt erstmal nicht so wenig. Im Thread aus dem das obere Bild ist gibts dazu auch unterschiedliche Meinungen. Keine Ahnung wie sich das nun praktisch auswirkt. Der Vorbesitzer hat damit ja offenbar noch gedruckt. Da werde ich wohl um einen Versuch nicht rumkommen. Von meinem Verständnis her sollten die beiden unteren Walzen im besten Fall den Durchmesser der Lager haben, die Farbwerkwalze MUSS größere Lager haben! Es nützt ja quasi nix das Farbwerk "abzuschalten", was ich auch schon gemacht habe, also die Führungen dort höher gestellt. Die Rolle kann ich bei mir nicht einfach weglassen weil die hintere Führung nur mit beiden Walzen funktioniert.


    Da die Walzengummis aus meiner Sicht eher gut aussehen und auch kein Schnäppchen sind sehe ich das also folgendermaßen:


    Ich versuche die Maschine erstmal mit den vorhandenen Rollenhaltern zu betreiben. Das ist zumindest denkbar, dass das funktioniert.

    Die Gummis auf den beiden Farbauftragswalzen lass ich vorerst auch wie die sind und teste ob das trotz des falschen Durchmessers ausreichend gut klappt. Dazu nehm ich die zwei Walzen ohne Delle.

    Die dritte Walze kann ich ja in meiner Maschine nicht einfach weglassen. Deshalb komm ich so oder so nicht um 2 größere Lager rum. Wie viel größer - 2mm mehr Durchmesser?


    Also 1. Handlungsbedarf: Größere Lager für die Schöpfwalze beschaffen/drehen lassen. Die 2 vorhandenen Lager kann ich ja so eh nicht brauchen...auch später nicht, wenn ich irgendwann mal neue Gummis auflegen lasse, da ja alle 6 Lager 30mm Durchmesser haben. Kann man die vielleicht aufschweißen und auf das neue Maß abdrehen? Werd mal überlegen wer mir da weiterhelfen kann.


    Grüße und Danke für eure Unterstützung!

    T.

  • Was du für den Anfang machen kannst, ist die Lager sauber mit Tesafilm umwickeln, bis sie den gleichen/größeren Durchmesser wie die Gummiwalzen haben. Ist zwar nicht optimal, aber für den Anfang sollte es langen.

    An meinem Trettiegel ist eine ähnliche Halterung, da sitzt aber die Schöpfwalze einzeln und die Farbwalzen an einem Arm, der aber deutlich kürzer ist.

    Ich denke das wollte der Drucker auch damals so haben, hat dann aber mit den Maßen nicht ganz geklappt.


  • So sieht das an meiner aus, ist aber auch ein größeres Modell.

    Deine hat damals Orginal wahrscheinlich die einfachen Federhaken gehabt.



    Eine Schlosserei mit einer Drehbank sollte eigentlich keine Probleme haben, sowas recht schnell herzustellen. Am besten mit einer Walze hin und genau erklären.


    Es gibt auch (ich glaube aus England) Walzenlager die aus zwei Scheiben mit einer dicken Gummischicht in der Mitte bestehen. Man kann die Scheiben zusammenschrauben, dadurch wird das Gummi gepresst und ragt dann über die Scheiben hinaus, so kann man individuell den Durchmesser einstellen.

  • Hi,

    mittelfristig werd ich mir sowas drehen lassen. Vorerst werd ich neben der Tesavariante vermutlich Folgendes testen:


    Walzenhalterung mal anders montieren, also ohne dritte Walze und beide Farbwalzen an der Doppelhalterung montiert. Das Farbwerk werd ich eh nicht nutzen denke ich. Da habe ich 6 unterschiedliche Montagevarianten ( 3 Möglichkeiten an der Maschine, der Halter ist zudem nicht symetrisch) vielleicht gibt es da ne richtig gute Einstellung.

    Alternativ hab ich Kugellager 10x35 gefunden. zusammen mit ner Reduzierhülse 10/8 würde das passen. Die Funktion sollte als Schöpfwalze ohne Farbwerk trotzdem funktionieren, also auch wenn die Walze nicht über die Lager gedreht wird, sondern nur über den Teller rollt. Kostet dann nen 5er. Billig genug um einfach mal zu probieren.


    Ich meld mich wieder und berichte!


    Grüße T.


    Edit: Habe das mal provisorisch mit Kontaktkleber, nem Gummirest und Isolierband "repariert" jetzt ist es egal wo die 3. Rolle hinfährt. Keine Dauerlösung aber gerade die halten ja bekanntlich am längsten.