Frage 160, Wie wirken Antitrockner (Trocknungsverzögerer, Inhibitoren) in Offset-Druckfarben?

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    Inhibitoren sollen entweder die Trockenstoffe blockieren, oder die Bindemittel. Oder sie blockieren den Sauerstoff, damit er nicht angreifen kann. Am liebsten sollen sie so lange in der Farbe bleiben und die oxidative Verfilmung aufhalten, bis sie auf den Bedruckstoff gelangt sind. Dann sollen sie möglichst völlig verschwinden.

    Die erste Forderung ist am leichtesten zu erfüllen, wenn wir dir Trockenstoffe (Sikkative) blockieren. Man verwendet so genannte Reduktionsmittel, früher z. B. Hydrochinon, das wir aus der Fotografie kennen. Inzwischen sind wegen physiologischer Bedenken ähnlich gebaute, weiniger verdächtige Verbindungen am Zug. Man braucht sie in nur geringen Dosen, weil die Trockenstoffe ja auch in geringen Mengen da sind.

    Dann müssen sie sich im Bindemittel der Farbe gut verteilen, am liebsten lösen, damit sie überall hin kommen. Das geht auch noch.

    Der Knackpunkt ist, wie wir sie im rechten Augenblick wieder loswerden. Da bietet sich – von Buchdruck her kommend – die Flüchtigkeit an. Auf dem langen Weg über die Walzen sollten sie gerne verdunsten. Der Offset bietet noch eine weitere Chance: Sie könnten wasserlöslich sein und ins Feuchtmittel hinaus gelöst werden.

    Beide Wege werden benutzt. Wie wir schon ahnen, gehen diese Rausschmisse aus der Farbschicht aber nie 100% ig. Es bleibt also ein Risiko für die Verfilmung, wenn nicht ein Schaden.

    Da der Heatset im Normalfall keine oxidative Verfilmung hat, braucht man sich nicht um die Abtrennung zu kümmern und muss nur Hautbildung an der Luft verhindern. Hier genügen also stark wirksame Stoffe ohne Ansprüche an Löslichkeiten oder Flüchtigkeiten. Deshalb dürfen Frischhalte-Sprays im Heatset auch herzhaft stark inhibieren. Nur sollte man sie dann nie an einer Bogenoffsetmaschine einsetzen…

    Im Bogenoffset gab es deshalb früher zwei verzögerte Einstellungen und die unverzögerte Grundversion. Walzenfrisch oder Overnight als stark verzögert für wirtschaftliches Arbeiten. Kastenfrisch war schwach verzögert und erlaubte auch brauchbare Glanz- und Scheuerfest-Farben. Für die gnibbeligen Fälle wie Folien, Transparentpapier usw. galten dann die Grundversionen ohne Inhibitor. Die waren allerdings nur von erfahrenen Druckern wirtschaftlich zu verarbeiten, weil Hautbildung in der Maschine nicht nur Frust bringt, sondern Geld kostet.

    inzwischen sind offensichtlich zuverlässigere Kompromisse gefunden. Die aktuellen Farben sind fast durch die Bank kastenfrisch.

    Wer noch eine chemische Bemerkung verträgt: So ein Inhibitor verändert immer auch die Chemie der radikalischen oxidativen Verfilmung. Das kann eigene Probleme bei einer nachträglichen Lackierung bringen oder eigene Geruchsbelästigungen.

    Mit der inzwischen immer weiter verbreiteten in-line - Dispersionslackierung sind Trocknungsverzögerungen weit weniger dramatisch
    geworden, und unsere Systeme vertragen fast immer eine ganz brauchbare Inhibierung. Der Lack schützt den Druck oft bis durch die Weiterverarbeitung, und eventuelle Verzögerungen der Verfilmung führen kaum noch zu Schäden.