Kennen Sie mindestens vier wichtige Vorteile des konventionellen (Nass-) Offsetdruckes gegenüber dem wasserlosen?
Ein paar Vorschläge:
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1. Es gibt eine deutlich geringere Tongefahr, weil die Wasserschicht auf dem Gummiarabikum der bildfreien Stellen leicht stabil zu halten ist. Die hoffnungsvollste Entwicklung gegen diese Gefahr, die „wasserbasierten Wasserlosfarben“ hatten so viele Schwierigkeiten an anderen Stellen, dass sie ihren bahnbrechenden Vorteil der Tonfreiheit noch immer nicht ausspielen können oder gar ganz eingehen.
2. Durch die geringe Tongefahr kann der Farbhersteller sehr viel freier unter Rohstoffen auswählen. Eine Vielfalt besonderer Funktionen können in Farben untergebracht werden, wie z. B. Geruchsarmut für Lebensmittelpackungen.
3. Bei älteren Maschinen und einfacherem Maschinenpark ist der Nassoffset trotz aller seiner Emulgierprobleme doch noch immer das einfacher beherrschbare Verfahren. Der wasserlose Offset braucht streng angepasste Maschinentechnik, praktisch nur in modernen Maschinen verfügbar. Das sind existentielle Argumente in Ländern außerhalb Westeuropas und Japans.
4. Die Druckplatten sind problemlos in der Handhabung (niedrige Kratzempfindlichkeit, einfache Korrekturmöglichkeit) und kostengünstig.
5. Die Farbannahme nass-in-nass in einer Mehrfarbenmaschine ist erheblich stärker, also der Zusammendruck der Skalenfarben. Das ist gerade ein deutlicher Nachteil des wasserlosen Offsets, weil er sich besonders an die hochwertigen Druckobjekte richtet. Wieweit dieser (gemessene!) theoretische Ansatz die Bildgestaltung beeinträchtigt, kann nur ein „jahrelanger Praktiker“ sagen.
6. Die Druckfarben können ggf. recht niedrige Zügigkeiten vertragen. Das begünstigt das Bedrucken rupfempfindlicher Bedruckstoffe. Wenn Speziallösungen bei den Farben wirtschaftlich erlaubt sind, kann man das Rupfproblem allerdings auch im Wasserlosen lösen. So gab es viele Jahre einen Drucker, der Bierdeckel im wasserlosen Offset herstellte.
7. Solange der wasserlose Offset immer noch Nischen bearbeitet, werden Farben und Töne außerhalb der Euroskala immer etwas teurer oder nur schwer zu bekommen sein.
8. Die Verdunstungswärme des Wassers führt einen großen Teil der Prozesswärme ab und stabilisiert den Verlauf der Auflage. Rollenoffset ohne solche Temperierungen ist wasserlos gar nicht möglich.
Allerdings ist dieser Effekt für viele moderne Auflagenbedingungen nicht wirksam genug. Deshalb werden auch in Maschinen für den konventionellen Offset immer häufiger Farbwerkstemperierungen eingebaut. Immerhin kennt der konventionelle Offset gar keinen CTI (critical temperature index).
9. Die Zugabe von Silikonzusätzen als Trennmittel begrenzt bei den Wasserlosfarben ihre spätere Einarbeitbarkeit als Farbreste z. B. in Werkschwarz, Zeitungsfarben usw. Die Entsorgung wird aufwändiger als bei herkömmlichen Offsetfarben. Deshalb bieten einige Hersteller extra silikonfreie Wasserlosfarben an.
10. Die Veredelbarkeit von Wasserlosdrucken, die Silikone enthalten, kann eingeschränkt sein z. B. beim nachträglichen Lackieren oder Kaschieren.
11. Das Feuchtmittel ist in gewissem Umfange in der Lage, polar wirkende Verunreinigungen wie Papierfasern während der Auflage ins Feuchtwerk abzutransportieren.