Beitrag 108, Typische Bilder der Drucktechniken 2. Flachdruck

  • Der Flachdruck ist ein modernes Verfahren, das von einer Person richtig „erfunden“ wurde. Alois Senefeleder, ein Multitalent (Jurist, Schauspieler, Schriftsteller) aus München versuchte 1796, Notenblätter besser herzustellen, als es damals möglich war. Er nahm Platten aus einem sehr feinkörnigen Kalkstein. Seine Idee war, eine Hochdruckform dadurch herzustellen, dass er zuerst mit fettiger Tinte oder fettigem Stift ein seitenverkehrtes Abbild der Noten zeichnete. Diese Fettschicht sollte den Kalk dort vor einer milden Säure schützen (wässrige Lösung von Gummiarabikum mit Salpetersäure), wo gedruckt werden sollte. Die ungeschützte Kalkoberfläche wollte er bis zu einer ausreichenden Tiefe herunter ätzen, also auflösen, so dass Vertiefungen entstanden und die fettgeschützten Partien hochstanden. Von diesen wollte er im Hochdruck seine Noten auf Papier drucken.


    Bei seinen Versuchen hat er auch einmal nur kurz mit der Säure gewischt und dann sofort zu drucken versucht, ein Probierer und Tüftler also. Und dabei merkte er, dass das Herunterätzen gar nicht notwendig war, sondern seine Form sofort druckte. Er hielt sein neues Verfahren wegen dieser Behandlung auch für ein chemisches Druckverfahren. Heute wissen wir, dass der Mechanismus physikalisch ist und mit der Benetzung von Oberflächen durch Flüssigkeiten zu verstehen ist.


    Unter den künstlerischen Flachdruckverfahren lebt seine Methode heute als Lithografie = Steindruck weiter.


    Industriell benutzen wir meistens Druckplatten aus Aluminium mit einem komplizierten Aufbau von Stoffschichten. Vereinfacht können wir sagen, dass sich jeder Gegenstand aus Alu an der Luft sofort mit einer dünnen Schicht aus Aluminiumoxid, Al2O3, überzieht. Dieses Oxid ist recht wasserfreundlich (polar, hohe Oberflächenspannung), ein guter Ausgangspunkt für die bildfreien Stellen. Mit dem Trick des Gummiarabikum (heute immer noch, Bravo, Senefelder!) binden wir eine hauchdünne Wasserschicht ganz fest an das Aluminiumoxid. Offsetfarbe kann das zwar benetzen. Wenn aber genügend Wasser dazu kommt, kriecht es dazwischen, sitzt fester auf dem Gummiarabikum und verdrängt so die Farbe. Ohne zusätzliche Feuchtung geht auch Farbe auf diese bildfreien Stellen - es tont. Die Darstellung der hydrophilen und hydrophoben Flächen ist also eine grob vereinfachte Version für Laien.


    Als druckende Partien enthält die Platte oben auf der Oxidschicht ein organisches Material, ein Polymer. Dieses muss eine sehr niedrige Oberflächenspannung haben, also möglichst unpolar sein. Dann perlt an ihr das Feuchtmittel ab und lässt die Farbe gut auf sich sitzen.


    Manche „Fachleute“ argumentieren, dass die Polymerschicht ja auf dem Alu liegt, oder bei anderen Aufbauten mal die druckenden Schichten unten liegen (Toray). Daraus werden dann haarsträubende Hochdruck- oder Tiefdruck-Charakteristiken hineingeredet. Für das Druckprinzip sind diese hauchdünnen Schichten-Unterschiede belanglos. Das Druckbild zeigt in allen diesen Fällen reinen Flachdruck, also eine Übertragung über ebene Flächen. Bei bei Silber-Diffusionsplatten haben wir sogar exakt die gleiche Höhe, und das Druckbild ist genauso wie bei Aluplatten.


    Das Druckbild zeigt unter dem Fadenzähler randscharfe Konturen und einigermaßen gleichmäßig ausgefärbte Flächen. Das bleibt natürlich nur halbwegs wahr, wenn die Oberflächen der Kontaktpartner Gummituch und Bedruckstoff sehr glatt sind. Sonst deformieren sie die Punkte und Randlinien entsprechend ihrer Oberflächenstrukturen. Ein Zeitungs-Offset-Druck kann deshalb gar keine randscharfen Punkte und Linien haben. Aber mit etwas Übung erkennt man leicht, dass die Einfärbung des Punktes doch recht gleichmäßig in der Farbschichtdicke ist, ohne Quetschrand oder Näpfchenstruktur (Sägezahnrand des Tiefdruckes).


    Schaut man sich Drucke unter dem Mikroskop an, verwirrt die starke Vergrößerung oft, weil alles ungleichmäßig und rissig ausschaut. Der Fadenzähler mit seinen nur 8- bis 12-facher Vergrößerung ist hier das besser passende Instrument.

  • Hallo Inkman,


    Senefelder hat auch das Umdruckpapier erfunden. Das war beschichtetes Papier. Auf die wasserlösliche Beschichtung wurde eine seitenrichtige "Umrißzeichnung" für die einzelnen Farbplatten gedruckt (oder gezeichnet), die später vom Lithographen eine entsprechende Farbzeichnung bekam.


    Jetzt hoffe ich mal, dass meine Angaben alle richtig sind :)


    Viele Grüße, kartendruck

  • Hallo inkmann, wieder viel geschrieben. Gute Arbeit, nur den Anfang kenne ich anders.


    Aus meiner Sicht wurde der Flachdruck jedoch nicht erfunden, sondern seine bestmmten Eigenschaften wurden zufällig entdeckt.
    Jetzt sind es Notenblätter die preiswert vervielfältigt werden sollten, zu meiner Lehrzeit war es nur ein zufällig auf den Stein
    geschriebener Wäschezettel für seine Mutter der den ersten "Abzug" erzeugte. Wer kennt heute noch Wäschezettel? Notenblätter
    sind da bestimmt aussagekräftiger.
    Alois Senefelder nannte sein Verfahren selbst eine Chemische Druckerei, aus damaliger Sicht bestimmt richtig.


    Gruß
    Boston Presse