Frage 49, Saure und neutrale Papiere

  • Was bedeutet, dass ein Papier sauer oder neutral geleimt ist? Inwiefern berührt dies den Offsetdruck? Gibt es überhaupt saure Papiere?


    meine Antwort: [spoiler]


    Ältere Fachleute meinen, ja, es gibt sie. Ich weiß immerhin, dass es sie mal gab.


    Papier und Karton kommen, auf herkömmliche Weise hergestellt, aus einer wässrigen Aufschlämmung von Zellulosefasern. Damit die Fasern bei der Trocknung miteinander gut verfilzen und aneinander haften, werden sie „in der Masse geleimt“. Früher (bis in die 1980er Jahre) wurden sie dazu mit einer Alaunlösung (eine Aluminiumverbindung) versetzt. Durch Ansäuern wurde daraus als gallertartige Ausfällung Aluminiumhydroxid erzeugt, das an den Fasern haftete und sie miteinander „verklebte“. Deshalb „Leimung“. Der pH - Wert lag bei 4, also leicht sauer.


    Wenn ein solches Papier im Offset bedruckt wurde, ließ sich ein Teil der anhaftenden Säure vom Feuchtmittel anlösen. Es griff sofort die Sikkative der Offsetfarbe (Kobalt - octoat) an. Die konnten danach nicht mehr die oxidative Verfilmung katalysieren. Die Drucke waren zwar weggeschlagen, konnten aber nicht mehr scheuerfest verfilmen.


    Moderne Papiere und Kartons werden (damit das Kalziumkarbonat im Kreislauf überlebt) mit Harzen (Kolophonium-Verbindungen aus Baumharz) geleimt, und das klappt nahe dem Neutralpunkt: pH - Werte um 6,5 herum. Damit können solche Bedruckstoffe die oxidative Verfilmung der Farben nicht mehr beeinträchtigen.


    Die Streichfarben der Papierindustrie sind als Dispersionen immer leicht alkalisch aufgebaut. Gestrichene Bedruckstoffe waren also nie wirklich verdächtig, die Farbentrocknung auf chemischem Wege zu gefährden.


    Ganz brutal waren früher die Pergamantpapiere, weil deren Faserbau durch Behandlung mit Schwefelsäure durchscheinend gemacht wurde. Damit war es eigentlich unfachmännisch, so ein Material mit oxidativ verfilmenden Farben zu bedrucken – egal, ob Buch- oder Offsetdruck. Auch diese Papiere werden heutzutage anders hergestellt. Ich hoffe wenigstens, dass das für alle stimmt, denn ungewöhnliche Papierarten waren einmal stark in Mode für Geschäftsberichte und andere teure Objekte. [\spoiler]