Zu eurer Unterhaltung und gegebenenfalls zur Diskussion stelle ich hier hin und wieder einfache Fachfragen. Wer Lust hat, kann sich nach der eigenen Beantwortung meine Lösung anschauen. Wenn jemand erweitern, korrigieren oder widersprechen will - jederzeit gerne.
Frage: Wie funktioniert die Farbannahme nass-in-nass im Offsetdruck, z. B. bei Gelb auf Magenta in einer Vierfarben - Druckmaschine?
Meine Antwort:
Im Offsetdruck werden Emulgate verdruckt. Mit den 10 - 30% einemulgierten Wassers haben sie eine dramatisch niedrigere Zügigkeit (Tack, Klebrigkeit, Kohäsion = Zusammenhalt) als unemulgierte Farben. In Messwerten: Wenn eine Bogenoffsetfarbe einen Tack von 8 IK - Einheiten besitzt, so fällt dieser Wert beim Einemulgieren von Wasser auf weit unter 1 IK - Einheiten.
Wenn Magenta im 3. Werk auf Papier gedruckt worden ist, schlägt augenblicklich das einemulgierte Wasser als niedrigstviskose (flüssigste) Komponente in den Papierstrich weg. Dadurch steigt die Zügigkeit der soeben gedruckten Magentaschicht sprungartig an - fast bis zum Niveau einer reinen (wasserfreien, aber nicht getrockneten!) Farbe.
Das geschieht in aller Regel in einem großen Ausmaß schon in den wenigen Zehntelsekunden von einem Druckwerk zum nächsten. Dort kommt das Gelb ebenfalls als schlappes, niedrigzügiges Emulgat auf den vorgedruckten Bogen und trifft ein Magenta, das schon wesentlich zügiger ist. So wird Gelb gut in sich gespalten (angenommen), anstatt sich mit Magenta zu vermischen und Maschine und Druck zu verschmutzen.
Im Buchdruck und im wasserlosen Offset existiert dieser Verfahrenstrick mit dem Zügigkeitssprung nicht. Hier muss man die Zügigkeiten der Farben von Beginn an passend abstufen. Und in beiden Verfahren darf man absolut nicht Farben umwaschen, also in den Werken tauschen. Im Falle des Nassoffsets ändert sich durch den Tausch zwar der widergegebene Farbraum etwas, und die Standardisierung ist hin. Es werden aber immerhin verkaufbare Bilder. Das gilt sogar, wenn Schwarz und Gelb in Werk 1 und 4 getauscht werden.
Dieser Trick braucht natürlich einen porösen Bedruckstoff. Beim Nassoffset auf z. B. PE-beschichteten Karton (Tiefkühlpackungen) oder BOPP-Folie (Margarinedeckel-Etiketten) ist das Trapping ein Eiertanz und verlangt viel Gefühl vom Drucker. Das gleiche gilt für UV-Farben, die im Nassoffset verdruckt werden. Hier liegt einer der Gründe, warum sich der wasserlose Offset auf CDs und Plastikkarten so breit gemacht hat.
Viele Grüße & ciao
Inkman