Zu eurer Unterhaltung und gegebenenfalls zur Diskussion stelle ich hier hin und wieder einfache Fachfragen. Wer Lust hat, kann sich nach der eigenen Beantwortung meine Lösung anschauen. Wenn jemand erweitern, korrigieren oder widersprechen will - jederzeit gerne.
Frage: Was passiert eigentlich während des Druckes auf der Offsetplatte?
meine Antwort:
Praktisch unsere gesamte Fachliteratur gibt hier Versionen, die hoffnungslos veraltet sind. Und in vielen Ausbildungsstätten wird noch immer und hartnäckig überkommener Unsinn unterrichtet. Das liegt daran, dass viele Ausbilder, sogar Hochschulprofessoren und Lehrbuchautoren, aus Bequemlichkeit ihre eigenen Kenntnisse nicht aktualisieren.
Abstoßung zweier Medien, fettig und wässrig, hydrophil und oleophil - womöglich sogar hydrophob und oleophob: Alle diese „Fachausdrücke“ werden hier benutzt. Woanders mögen sie auch Fachausdrücke sein. Im Flachdruck sind sie grobe Vereinfachungen, die Fachleute nicht mehr ohne Warnvermerk verwenden sollen.
Wie gilt es nun aktuell?
1. Die Farbe und das Wasser stoßen sich nicht einfach ab. Sie mischen sich zwar nicht, emulgieren aber miteinander. Und die Qualität dieser Emulsion sagt, ob eine Auflage läuft oder nicht. Wir drucken also gar nicht mit Farbe, sondern mit einem Emulgat aus Farbe mit 10 - 30% ein-emulgiertem Feuchtmittel.
2. Die Platten führen überall „Farbe“, wenn sie nicht gefeuchtet werden. Erst durch das Feuchten nehmen die bildfreien Stellen eine Wasserschicht an, und zwar ziemlich fest gebunden.
Ihre Oberflächen bestehen gar nicht aus Aluminium. Die Aluschicht ist vom Plattenhersteller durch Eloxierung (anodische Oxidation) in eine harte, dicke und poröse, aber abriebfeste Oxidschicht verwandelt worden. Und auf dieser Oxidschicht hält sich Gummiarabikum festgekrallt, was es mit seinen vielen polaren Gruppen (Chemie) sehr gut kann. Und auch wegen der vielen polaren Gruppen klebt eine hauchdünne Wasserschicht darauf, sobald auch nur eine Maus darüber hustet.
Während der Auflage zeigen die bildfreien Flächen also eine Wasserschicht nach oben. Und hier darf jeder einmal raten, was am besten auf einer Wasserschicht haftet. Die Messungen der Oberflächenspannung kann man sich heute ersparen, wenn sich die Frage um Tonen und Bildleistungen auf der Platte dreht.
3. Die druckenden Flächen werden übrigens nicht sauber und exakt eingefärbt, sondern in aller Regel drängt die Farbe über die Punktränder nach außen, färbt also ein bisschen zu viel Fläche ein. U. a. deshalb hat der Nassoffset gewöhnlich eine Tonwert-Zunahme. Beim Wasserlosen läuft die Sache anders, und die Zunahme ist winzig oder gar nicht vorhanden.
Viele Grüße & ciao
Inkman