Zu viel Trockenstoff...

  • An alle, die mal Lust verspüren mit Trockenstoff zu experimentieren.


    Zur Ausbildungszeit wurde mir immer eingetrichtert, genau 3% vom Trockenstoff in die Farbe,
    da es sonst gar nicht mehr trocknen würde.
    Hinterfragt habe ich das in all den Jahren nicht mehr.
    Kam ja auch nicht oft vor, daß man es brauchte, es gibt ja mittlerweile den Trockner fürs Wischwasser.


    Gestern haben wir einen "Schnellschuß" reinbekommen, davor sollte aber noch ein Spezialauftrag über die Maschine rattern.
    Folienaufkleber 1C, 1500 Bg. 50 x 35 cm.


    Auf Grund des Zeitproblems ist dann noch ein 2ter Drucker zur Maschine gekommen damit es schneller gehen sollte.
    Bogen vorstapeln, Format einrichten etc.
    Nach dem Einrichten fragte ich den Kollegen, was er denn mit der Farbe gemacht hätte, da die Konsistenz so suppig war.
    - Trockenstoff, und zwar reichlich war die Antwort. :thumbdown:
    Als ich Ihm erklärte daß ich den Trockner schon ins Wischwasser gekippt hätte (und davon auch reichlich), und daß es wohl jetzt Trocknungsprobleme gibt.
    - Ach keine Bange, sieh die ersten Makubogen sind schon fast trocken! 8|


    Positiv überrascht ging es nun an den Fortdruck!
    Als die Auflage dann fast durch war, auf einmal extremer Farbabfall auf dem Bogen und Wasserspritzer!


    Man, man, man...
    Die Farbe war innerhalb von ca. 15 Minuten im Fortdruck auf sämtlichen Walzen sowas von angetrocknet.
    Die sind jetzt einfach nur Schrott.


    Der Schnellschuß nun natürlich auch geplatzt!


    Wir haben dann die Gummiwalzen komplett aus der Maschine rausgenommen um zu reinigen, keine Chance!
    Selbst bei den Rilsanwalzen im Farbwerk haben wir (trotz Farblöser von Böttcher) über 1 Stunde pro Walze geschrubbt!
    Gegendruck ging dann nur noch mit Stahlwolle!
    Jetzt gibts erst mal einen neuen Walzensatz, zum Glück war nur 1 Werk betroffen!


    Man lernt halt auch nach über 20 Jahren Berufserfahrung noch täglich was neues kennen.

  • Hallo,


    bei den Trockenstoffen, oftmals auch als Sikkative bezeichnet, ist wichtig, zwischen zwei Produkten zu unterscheiden. Es gibt zum einen den herkömmlichen Trockenstoff, ein so genannter Oberflächentrockner, der bereits vom Farbhersteller der Farbe zugesetzt wird. Dabei handelt es sich in der Regel um Metallsalzverbindungen.(Kobalt-Mangan). Diese Verbindungen wirken als Katalysatoren. Sie vermitteln Sauerstoffmoleküle an die langkettigen Bindemittelmoleküle der Druckfarbe. Auch mir hat man als Drucker beigebracht, nie mehr als 3% beizumischen. Die Gefahr besteht hier in der Instabilität dieser Trockner. Bei einer Überdosierung wird aus dem Farb-/Trocknergemisch eine höchst anfällige und instabile Mischung. Die Kobaltverbindungen neigen dazu bei nicht optimaler Feuchtmitteleinstellung in Octansäure und Kobalthydroxid zu zerfallen. Die katalytische Wirkung wäre damit futsch und die Farbe trocknet nicht mehr. Deshalb von diesen Trocknern also nicht unbedingt mehr als 3% zugeben.


    Bei der zweiten Sorte Trockner handelt es sich um wasseraktivierte Trockenstoffe, fälschlicherweise auch häufig als Sikkativ bezeichnet. Diese Trockner beinhalten aktiven Sauerstoff und sind somit hochreaktiv. Und zwar so hochreaktiv, dass würde sie der Farbhersteller bereits ab Werk beimischen, die Farbe in der Dose innerhalb von 5 Tagen zu einem Block werden würde. Hier kann man durchaus höher dosieren. Besonders häufig kommen diese Trockner auf Folien zum Einsatz. Bei Überdosierung beschleunigt man die Trocknung allerdings so stark, dass dünne Schichten unter Einwirkung höherer Temperaturen(wie es bei Walzen der Fall ist) innerhalb kürzester Zeit antrocknen.


    Kleiner Exkurs in die Chemie ;)