Zum Mangel an Auszubildenden in den Druckereien muss ich auch noch meinen Senf dazugeben:
Ja, es interessieren sich nicht mehr so viele junge Menschen für den grafischen Weg. Einerseits ist die Zahl der Lehrverträge in den letzten zwanzig Jahren generell gesunken wegen geburtenschwacher Jahrgänge, andererseits stehen den Jungen mit guter schulischer Leistung heute andere, weitaus attraktivere Laufbahnen offen. Man beachte nur die stetig steigende Akademikerquote.
Heute wollen junge Menschen Selbstverwirklichung, wollen beachtet werden, sich selbst darstellen und sich nirgends mehr festlegen, alles soll möglich sein, kein Weg verschlossen bleiben. Ist es aus dieser Sicht wirklich sooooo attraktiv, eine grafische Lehre zu beginnen, wenn der Drucker mehr und mehr nur noch eine "Bioschnittstelle" ist? Oder in der Druckvorstufe wird Kreativität im Beruf suggeriert, die Wirklichkeit ist jedoch, dass dieser Beruf ein technischer geworden ist und "Datenschrottveredelung" ein immer grösser werdender Anteil der Arbeit ist.
Die Zeitung als Auslaufmodell, Massendrucksachen, welche niemand mehr im Briefkasten will, das Ende des papierenen Büros, Betriebsschliessungen - mit diesem Image sollen junge Leute für das Grafische begeistert werden?
Druckereien könnten auch in der Öffentlichkeit werben, dass ohne Druck die reale Welt grau in grau wäre, wenn Plakate, Verpackungen, Bilder, Zeitschriften usw. nicht mehr gedruckt würden, dass Druckereien unverzichtbar sind für die Ausgestaltung unseres Lebensraums. Statt dessen wird plagiert, wenn wieder eine neue, noch schnellere, noch automatisiertere Maschine gekauft wird. Damit sind wohl nur die Hardcore-Maschinensexuellen für eine Druckerlehre zu gewinnen.
Ein spezielles Beispiel für das Image des Druckers habe ich letzthin auf der Kirmes gesehen. "Hau den Lukas", heisst das Ding, an welchem man seine Kräfte messen kann. Mit viel Schlagpower fliegt der Laufkörper bis ganz nach oben an die Turmspitze. Dort seht dann geschrieben, dass man ein "Steiger" oder "Schwerathlet" sei. Fliegt der Laufkörper mit weniger Wucht nicht ganz nach oben, ist man immer noch ein "Bauarbeiter". Bei wenig Kraft, wenn der Laufkörper kaum hoch kommt, ist man hingegen ein "Baby", ein "Milchbubi" oder ein "Fräulein". Und jetzt kommts: Gleich über dem "Fräulein" folgt der "Drucker".
Übrigens: In einer Druck-Verbandszeitschrift wird bereits 1934 über die Lehrlinge gelästert, dass diese nichts mehr Wert seien, faul, unzuverlässig, Nichtsnutze.