Meine Drupa-Eindrücke als Nicht-Besucher der Ausstellung:
Was an der Drupa von den Maschinenherstellern ausgestellt wird, zeigt, was die Zulieferer zu bauen fähig sind, aber nicht, ob diese Neuentwicklungen vom Markt überhaupt gekauft werden. Mein subjektives Empfinden von all den Drupa-Neuheiten über all die Jahre meiner Berufstätigkeit, dass sich von zehn neuen Entwicklungen maximal eine auf dem Markt etablieren kann. Was ist nicht alles schon auf der Drupa als Zukunft des Druckens postuliert worden:
Die mechanisierte Bleisetzerei, Buchdruck-Akzidenz-Bogenrotation, Letterset, wasserloser Offset, Endlos-Akzidenzdruck, DI-Offset, Anicolor-Offset, UV-Offset, um nur ein paar Entwicklungen zu nennen, welche sich nicht durchgesetzt haben, nur ein Nischendasein fristen oder schlicht von der Entwicklung überrollt wurden. Der Markt entscheidet, was brauchbar, was zu teuer oder zu wenig flexibel einsetzbar ist. Auch Landa, eigentlich eine geniale Technologie, wird nie Allgemeingut der grafischen Branche werden, weil das Druckprodukt ausserhalb von eng definierten Nischenmärkten preislich nicht konkurrenzfähig ist.
Ich bin der Meinung, dass der Offset technisch heute dort steht, wo der Buchdruck in den siebziger Jahren des vorderen Jahrhunderts gestanden hat. Quantensprünge sind nicht mehr zu erwarten, Verbesserungen nur noch im Detail, der Geschwindigkeit, dem Handling, der Automatisierung. Das Problem, dass vor dem Druck eine Druckform herzustellen ist und diese vor dem Druckvorgang erst eingerichtet werden muss, kann kein noch so ausgeklügeltes Plattenspannsystem und keine Maschinen- und Farbsteuerung eliminieren. Das Maschineneinrichten, welches bei den hohen Auflagen der Vergangenheit preislich kaum ins Gewicht gefallen ist, wird heute bei sinkenden Auflagen und in Konkurrenz mit den digitalen Druckverfahren zunehmend zum Preisproblem. Heidelberg hat meiner Meinung nach richtig reagiert, die Zeichen der Zeit erkannt und beendet den Bau der A3-Offsetmaschinen.
Interessant sind die zahlreichen Entwicklungen im Digitaldruck, welche auf der Drupa vorgestellt werden. Interessant, der tonerbasierte Druck, welcher sich im A3-Format etabliert hat und sich jetzt in den A2-Bereich vorwagt. Interessant, der tintenbasierte Druck, welcher sich vom A2-Format jetzt in den A3-Bereich vortastet. Welches Verfahren sich durchsetzen wird, kann wohl erst in zehn, zwanzig Jahren gesagt werden. Bei Toner und Tinte sind meiner Meinung nach noch grosse Entwicklungsschritte zu erwarten.
Wenn ich eine Prognose stellen darf, wird sich als Basis des digitalen Druckens das tonerbasierte Verfahren durchsetzen und das tintenbasierte Verfahren in Nischenmärkten zur Anwendung kommen. Meine Einschätzung beruht darauf, dass es zwanzig Jahre gedauert hat, bis sich der tonerbasierte Laserdruck von der "Kopie" zum anerkannten "Druck" gemausert hat.
Die Entwicklung der Inkjetmaschinen steht heute noch ganz am Anfang. Zwanzig Jahre gibt sich heute aber kein Maschinenbauer mehr Zeit, um das Tintenpisser-Image seiner Maschinen loszuwerden. Kommt dazu, dass die Inkjet-Maschinen eher Einfamilienhäusern gleichen als einer Druckmaschine. Tonerbasierte Lasermaschinen müssen nur die Wärme loswerden, was zum Teil sogar über den Papierdurchgang erfolgt. Inkjet-Maschinen müssen in erster Linie grosse Mengen an Feuchtigkeit abführen, was viel schwieriger ist, wofür auch wiederum viel Wärmeleistung gebraucht wird und die Maschinen darum riesig und sehr teuer werden. Kommt dazu, dass wasserbasierte Inkjet-Drucke nicht wasserfest sind. Konica-Minolta setzt auf UV-Inkjet und hat damit für mich die besseren Karten in der Hand als beispielsweise Heidelberg-Canon.
Drupa zusammengafasst: Wer als mittelständischer Drucker den "OHT der Zukunft" für den Fortbestand seiner Firma sucht, wird diesen nicht bei den europäischen Maschinenbauer finden, bei den asiatischen Konzernen jedoch schon.