Wie ernst kann man sensorische Messergebnisse nehmen?
Meine Antwort:
Wenn man Wein- oder Kaffee-Beschreibungen liest, bekommt man den Eindruck, dass entweder geniale Sonderbegabte da reden - oder phantasievolle Merketing-Leute. Selbst kann man die Beschreibungen nicht nachvollziehen. Die meisten von uns halten sie schlicht für Gewäsch.
In einem Sensorik-Kurs lernte ich schnell, dass doch nicht nur mehr dran sein kann, sondern dass es sich um eine ganz seriöse Analytik handelt, wenn man sie nur ernst und wissenschaftlich angeht.
Wir unterscheiden unglaublich viele unterschiedliche Gerüche und haben ein Geruchsgedächtnis. Mir hat man damals reine Substanzen, z. B. Lösemittel gegeben. Die habe ich auch Jahre nach den Praktika im Studium schnell und klar wieder erkannt. Dabei habe ich gar keine Supernase. Immerhin war mir vom Essen schon klar, dass der gleiche Geschmack unterschiedlich daherkommt, ob ich vorher Süßes oder Weißbrot gegessen habe.
Es gibt zahllose Beispiele dafür, dass Gerüche sicher erkannt werden können. Das Stadtgas hat man künstlich mit dem von früher bekannten „Gasgeruch“ versetzt, damit es jeder als Warnung erkennen konnte. Wer erkennt nicht sofort Heizöl bzw. Diesel? Also, es geht.
Wie man das seriös verwirklichen kann, versuche ich in der nächsten Quizfrage zu berichten.
Die Beurteilungen werden in Stufen, z. B. „stark - mittel - schwach - nicht erkennbar - sauber“, also 5 „Zensuren“ eingeteilt. Diese sind absolut nicht linear aufgebaut, dürften also nicht zu einer „gemeinsamen“ Meinung gemittelt werden. Sie werden es in der Fachwelt dennoch, weil man handhabbare (=zahlenmäßige) Ergebnisse braucht. Das klappt nur ernsthaft, wenn die Einzelbeurteilungen für eine Probe sich nicht jeweils um mehrere Stufen unterscheiden. Sonst macht man aus Hausnummern dann Hausnummern mit Kommastelle.
In der betrieblichen Praxis habe ich Geschmacksanalysen leider oft nur sehr laienhaft vorgefunden. Bei Problemfällen werden Leute benannt, die dann z. B. die Schokoproben zusammen verkosten und sich gemeinsam eine Meinung bilden. Das ist zwar besser als nix, aber es taugt nur für sehr grobe Verfälschungen der Proben.
Wenn es professionell sein soll, ist die Arbeit streng nach der aktuellen Norm hochwichtig. Und wenn dann doch bewusst abgewandelt wird, z. B. wegen des Aufwandes, ist dies unbedingt im Protokoll festzuhalten. Auch eine abgespeckte Version kann durchaus aussagekräftig sein.