Werden im Offset flüchtige organische Lösemittel eingesetzt?
meine Antwort:
Ja und nein: Die Druckfarben im Offset enthalten keine Lösemittel, sondern so genannte Verdünner als Flüssigkomponenten.
Im Fachdeutsch der Druckfarbenhersteller definieren wir als Lösemittel solche organischen Flüssigkeiten, die niedrig sieden und entflammbar sind, also ein Brennbarkeitsrisiko darstellen. Die Lösemittelfarben von Tief- und Flexodruck benutzen sie, z. B. Ethanol, Essigester, Toluol usw. Sie müssen sich deshalb ganz anderen Sicherheitsvorschriften bei Lagerung und Verbrauch unterwerfen als die pastösen Farben.
Unsere Flüssigkomponenten in Offset- (und auch in Buchdruck-) farben nennen wir zur Unterscheidung ausdrücklich „Verdünner“. Die klassischen Verdünner (Mineralöle) üben auch im chemischen Sinne keine Lösemittelfunktion aus, sondern quellen die Harze nur an und halten die Bindemittel in einer kolloidalen (sehr feinteiligen) Verteilung. Die modernen Fettsäureester dagegen („Öko - Farben“) lösen die Bindemittel im Normalfall. Dennoch bezeichnen wir sie nicht als Lösemittel, weil sie nicht flüchtig sind.
Oft wird Wasser ebenfalls nicht als Lösemittel bezeichnet, weil es kaum flüchtig und nicht brennbar ist. Wasser-basierte Farben und Lacke werden teilweise sogar als „lösemittelfrei“ beworben.
Wir sehen hier wieder ganz deutlich, dass zu einem Fachausdruck immer die Kenntnis gehört, wer ihn benutzt. Für einen Chemiker ist nur die Löseeigenschaft wichtig. Unsere Verdünner können in einem Chemielabor also durchaus Lösemittel sein. Wasser auch.
Die Unterscheidung bei Druckfarben hat man eingeführt, um die in der TA Luft geforderten Auflagen für Produktionsanlagen mit Lösemittelverbrauch nicht unberechtigt auch auf z. B. eine große Offsetanlage anwenden zu müssen.
Im Englisch-sprachigen Raum gab es so früh keine TA Luft. Daher unterscheidet das Drucker-Fachenglisch auch nicht zwischen Lösemittel und Verdünnern. Wir sagen einfach immer „solvents“.
Im Feuchtmittel werden noch immer häufig Alkohole verwendet (meist Isopropanol, selten Ethanol), die zu den klassischen Lösemittel gehören. Sie werden logischerweise als VOCs (volatile organic compound) registriert.
Die flüchtigen Lösemittel (meist Benzine, also Kohlenwasserstoffe), die man früher als Waschmittel im Drucksaal verwendete, sind ersetzt worden durch solche mit höherem Flammpunkt, also sehr geringer Feuergefährlichkeit und Verdunstungsrate.