Wie kann man im Druckauftrag Farbtöne vereinbaren?
Meine Antwort:
Es gibt juristisch eine einfache Antwort: Es kommt ganz darauf an, was im Liefervertrag bindend vereinbart ist. Der besteht üblicherweise in der Schriftform. Dabei ist es sicher nicht nötig, bei jeder Bestellung alles haarklein zu beschreiben. Es muss aber in einem allgemeinen Vertrag definiert werden. Wir nennen so etwas dann Spezifikation.
Hat man so etwas nicht, ist die Lage juristisch unklar. Und hier wird gerne je nach Marktmacht kaufmännisch entschieden. Das ist nicht fair und korrekt, kommt aber häufig vor.
Professionell ist es übrigens auch nicht.
Welche Formen der Vereinbarung kennen wir?
1. Ein gedrucktes Muster als verbindliche Vorlage, am besten im Original - Herstellungsverfahren auf Original - Material. Ich kenne das aus der Zigarettenindustrie. Dort gibt es Klappkarten mit 3 vollständigen Packungen - Min, Ziel und Max. Das ist sehr aufwändig, lässt aber keinen Zweifel. Profis eben.
2. Ein gedrucktes Stück aus einer früheren Vorlage, aus Bastelmaterial, einem sog. Chipfächer oder irgendein Originalstück. Da muss schon extra vereinbart werden, wie man mit Abweichungen umgeht. Meist kommt der Auftraggeber zum Start der ersten Auflage und gibt die Imprimatur. Die erlaubten Schwankungen müssen aber trotzdem definiert werden. Alles andere ist unprofessionell. Auch wenn es häufig vorkommen mag.
3. Die Vorgabe nach einem Farbfächer. Das ist kostengünstig und geht schnell, sehr oft ein Punkt. Aber nur mit der Farbtonbezeichnung aus einem Fächer, z. B. PANTONE® 282 C, muss der Auftraggeber einen gehörigen Spielraum einräumen, weil das Ziel weder visuell noch messtechnisch festgelegt ist. Immerhin ist dieser Weg erheblich präziser als z. B. „Karminrot“. Oder „Reflexblau“ - ohne „PANTONE®“ dazu zu schreiben.
4. Für riskant halte ich die Vereinbarung rein farbmetrischer Koordinaten, also z. B. Lab-Werte. Wir haben das mal diskutiert, weil ein Kunde in Norddeutschland uns für eilige Anzeigen morgens telefonisch einen Farbort nennen wollte und wir ihm dann zum nächsten Tag die Sonderfarbe liefert wollten. Aus Gründen der Messtechnik und unserer Art der Farbempfindungen kann dieses Verfahren, das wir „Projekt Blindflug“ nannten, zwar häufig auch erfolgreich sein. Eine rein messtechnisch eingestellte Farbe hält der visuellen Beurteilung in strengen Fällen jedoch nicht immer stand. Wir beurteilen doch noch mehr in unserem recht komplexen Farbeindruck, beispielsweise Oberflächeneffekte.
Und wie kann man vereinbaren, welche Abweichungen und Schwankungen erlaubt sein sollen?
1. Der genaueste Weg ist wieder das Zigaretten-Beispiel. Hier meine ich aber immer die visuelle Beurteilung durch einen geübten Koloristen, was auch für sehr viele Drucker gilt, die häufig Sonderfarben drucken. Schulung und Training bringen hier enorm viel.
2. Farbmetrische Vereinbarungen, so genannte „Delta E-Werte“ sind sehr schön klar als Vereinbarungsmittel, besonders wenn drucktechnische Laien mitarbeiten, z. B. bei Markenartiklern. Hier müssen sich aber alle Parteien darüber klar sein, dass solche Spezifikationen nicht immer mit den Empfindungen übereinstimmen. In vielen Fällen werden Delta E = 3 als Beginn der visuellen Erkennbarkeit angesetzt. Das mag für tiefe, dunkle Blaus oder andere intensive Farben realistisch sein. Bei unbunten Pastelltönen sieht es viel enger aus. Gar nicht zu sprechen von hellen Graus.
3. Und die anderen Fälle, in denen auch Messtechnik zu aufwändig ist? Hier sollte die Fairness beider Parteien im Einzelfall entscheiden, was akzeptabel ist und was nicht. Leider klappt das nur, wenn beide Partner vergleichbar mächtig sind. Wir haben hier klar ein Feld für Schlauberger und Erpresser.