Oft benutzen wir den Ausdruck „umweltfreundlich“ im Zusammenhang mit technischen Produkten oder Prozessen. Was verstehen wir in der Druckindustrie unter umweltfreundlich?
Meine Antwort:
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Der Ausdruck ist verwaschen. Er könnte heißen emissionsfrei oder -arm, physiologisch ganz unbedenklich oder wenigstens ungiftig, ressourcenschonend (fossile Ressourcen hier gemeint), auf nachwachsenden Rohstoffen aufgebaut, CO2-neutral oder anderes. Alle Aussagen, die vortäuschen, dass etwas freundlich für unsere Umwelt ist, sind im großtechnischen Bereich schlicht Lügen. Andererseits kann man wirksame Werbung ohne Übertreibungen nicht machen. Ist das ein Dilemma? Nur wenn wir die Angelegenheit zu wörtlich nehmen.
Wer tatsächlich glaubt, mit dem Kauf einer bestimmten Ware seiner Umwelt Gutes zu tun, ist naiv. Bestenfalls schadet er ihr weniger, als wenn er ein anderes, nicht „umweltfreundliches“ Produkt kauft.
Wenn ein Produkt durch seine Herstellung oder selbst durch Giftigkeit Umweltrisiken trägt, ist sein Austausch keine Frage der Umwelt, sondern eine Forderung für die Sicherheit und steht ganz oben auf der Liste. Beispiele sind hier Cadmium- oder Quecksilber-Verbindungen, Benzol anstelle von Toluol usw. Nicht giftig zu sein, ist also überhaupt kein Punkt für eine Umweltdiskussion.
Die Vermeidung von Verpackungsmüll war mal ein riesiges Umweltthema. Natürlich entlaste ich die Deponien, wenn ich essbare Joghurtbecher verwende. Aber ich verlange von der ganzen Herstellungs- und Logistikkette ein sauberes Vorgehen wie in einer Bäckerei. Macht das Sinn für die Umwelt? 1994 unter dem damaligen Umweltminister Töpfer gab es eine Kampagne zur Vermeidung von Verpackungsmüll durch Wegfall von Innenbeuteln bei Teigwaren u. a. Dafür haben wir aus einer Sekundärverpackung (Umkarton) eine Primärverpackung gemacht, also eine für den Direktkontakt zum Lebensmittel ohne Barriere dazwischen. Wir haben damals kleine Probleme gelöst und große gesundheitliche Risiken auf uns genommen. Wirklich sinnvoll?
Gerade beim Verpackungsmüll hat die Medaille oft zwei Seiten. Verpackungskritiker sagen, wir drucken Müll, der kurzzeitig als Produkt benutzt wird. Wenn wir aber Lebensmittel wieder lose über den Ladentisch verkaufen, steigen die Verluste wegen Verschmutzung und Vergammeln wieder unkontrolliert. Die moderne Verpackung ist ganz entschieden mehr als nur Verpackung und Werbeträger. Sie konserviert die Ware und hilft, Herstellungsketten und -einheiten erkennbar zu halten. Sicher könnte sie manchmal weniger aufwändig und nur funktioneller sein. Aber ist das schon eine Umweltsünde, wenn die Werbung aus einem Produkt ein Premium-Produkt machen will?
Immerhin bedeuten Öko-Produkte heute eine Art besondere Qualität. In manchen Bereichen geben sie uns Chancen, durch besondere Leistungen höherwertige Produkte anzubieten als die „Normalware“, bei der der Preis das wichtigste Kaufkriterium zu sein scheint.
Ihr seht, der Streit ist offen. Mich stören platte Ausdrücke wie umweltfreundlich, ökologisch, biologisch usw. wegen der maßlosen Übertreibung. Klarer wäre „weniger umweltbelastend, umweltschonend, auf nachwachsenden Rohstoffen aufgebaut“ u. ä. Auf der anderen Seite: Ist das Fakt, dass solche Kriterien nicht nur etwas für Öko - Spinner sind, sondern wirksame Werbeargumente, nicht geradezu begeisternd?