Zu eurer Unterhaltung und gegebenenfalls zur Diskussion stelle ich hier hin und wieder einfache Fachfragen. Wer Lust hat, kann sich nach der eigenen Beantwortung meine Lösung anschauen. Wenn jemand erweitern, korrigieren oder widersprechen will - jederzeit gerne.
Frage: Wenn man einen Bogen schnell umschlagen und die Rückseite bedrucken will, hilft es dann, in die Farben Trockenstoff einzumischen?
Meine Antwort:
Ja, es hilft auf jeden Fall dem Verkäufer. Und oft beruhigt es auch den Drucker. Das geht so weit, dass eine Menge „alter Hasen“ auf diese Zusätze schwören. Und das nicht nur in kleinen Firmen, sondern auch in großen Betrieben, die sich gerne fachmännisch geben.Trocknerzusätze sind überhaupt nicht unwirksam:
1. Immer sind sie pastöse Zusätze im Prozentbereich, die die Farbe strecken und die Zügigkeit etwas herabsetzen. Damit ist ein eventuell standardisierter Druck „an seiner Leistungsgrenze“. Es sollte also wenigstens einen guten Grund geben, so einen Trockenstoff einzusetzen.
2. In der Regel enthalten sie Kobalt- und Mangantrockner usw. Wenn die Farbe untersikkativiert ist, also einen Rezeptfehler enthält, kann das die Auflage retten. Wenn die Sikkativierung auf dem Optimum ist, wird der Zusatz wenigstens keinen Schaden anrichten. Außer den paar Prozent Tonwertzunahme. Sollte die Dosis wirklich hoch sein, was in der Praxis wohl nicht wirklich passiert, dann geht die Wirkung der Trockner in eine ganz neue Richtung. Nachdem alle Sauerstoffbrücken gebaut worden sind, baut der gleiche chemische Prozess wieder Verbindungen in den Bindemittel-Molekülen ab. Das Zeug wird versprödet. Der Drucker merkt es daran, dass die Drucke nach einem Tag knackig fest sind - und nach drei Tagen bröselig werden. Sie sind trocken. Staubtrocken.
3. Wenn ich Glanzfarben verdrucke und ganz überraschend mattgestrichenes Papier bekomme, kann ein Zusatz von 2 - 3 % Trockenpaste die Scheuerfestigkeit so retten, dass sie nicht erst nach drei Tagen erreicht ist. Bei manchen Mattpapieren scheint das sogar ein Tipp zu sein. Aber regulär sollte der Farbhersteller sich um die optimale Dosis an Trockenstoffen kümmern und sie sehr genau abmessen.
4. Wenn ich Plastikfolien verdrucke, erwarte ich im Stapel wenig Luft, eben weil die glatt sind. Dann kann in der Tat ein Trocknerzusatz Wunder bewirken. Es sollte nur nicht ein Oberflächentrockner sein wie Kobaltoctoat (violett), sondern ein besonderer, der seinen Sauerstoff selbst mit in die Farbe bringt. Die gibt es: Natriumperborat (farblos). Er ist nicht ganz einfach handhabbar (explosiv); aber das muss der Farbhersteller machen. Der mischt ihn so in eine Paste ein, dass er leicht dosierbar und ungefährlich in der Handhabung ist. Dann mischt der Drucker ein paar Prozent vor dem Verdrucken in die Farbe. Und der Trockner spaltet im Stapel seinen Aktiv-Sauerstoff ab, der dann rubbeldiekatz die Verfilmung bringt. Dann dauert sie nur noch einen Tag und nicht drei.
5. Wer irgendetwas in der ersten halben Stunde nach Druck auf einem Bogen erreichen will, sollte schnell wegschlagende Papier-Farbe-Kombinationen aussuchen oder beten. Alles andere hilft nicht oder zu spät. Das ist dann wie beim Pathologen: Er sieht alles, versteht alles, kommt aber immer zu spät.
Viele Grüße & ciao
Inkman