Frage an die junge, bzw. aktuelle Druckergeneration

  • Hallo Thomas


    Bei den heutigen Druckern sind die Grundkenntnisse und ein Farbauge besonders wichtig, diese gelten seit 30 Jahre und haben sich kaum verändert.


    Ich bin absolut Deiner Meinung, nur leider habe ich anderes Beobachtet. Wenn ein junger Drucker nicht nach seinen Werten fahren kann, wie das System ihm vorgibt, entstehen schon kleine Schweisstropfen auf seiner Stirn.
    Ein Bild nach Proof oder sogar nach Andruck abstimmen (optisch), wird fast zur unlösbaren Aufgabe weil man da selten die linearen Standardwerte fahren kann und partielle (!) Farbkorrekturen machen muss.


    Wenn meine Schützlinge einen neuen Job einrichteten, mussten sie die ersten Abzüge und Farbkorrekturen immer ohne Densitometer machen. Das habe ich so eingeführt, damit sie das Gefühl und das Auge für die Farben entwickeln.


    Ich bin auch der Meinung, dass ein junger Drucker der das 1. Lehrjahr an einer GTO oder ähnliches verbrachte, die Zusammenhänge (auch mechanisch) viel besser lehrnt, als einer der auf einem HighTech-Boliden ins Druckerleben starten darf.


    Gruss aus Thun
    Marcel

  • Ich freue mich, daß mein erstelltes Thema eine so rege Resonanz nach sich zieht. Einigen Meinungen stimme ich zu, anderen weniger. Es ist schon richtig, die heutigen Druckerlehrlinge werden völlig anders ausgebildet, doch die völlige Zukunftslosigkeit dieses Berufes ist nach wie vor ein Thema, jedoch wurde über dieses spezielle Problem an anderer Stelle schon mehr als genug diskutiert, sodaß ich es hier nicht neu aufwärmen möchte.
    Zustimmen möchte ich der geäusserten Ansicht, man habe heute einfach nicht mehr die Zeit um einen Vierfärber stundenlang einzurichten. Der Kunde (z.B. ich) argumentiert zurecht, daß er dasselbe Produkt in annähernd gleicher Qualität um zwei Drittel billiger in Rekordzeit beim Copyshop bekommt.
    Als ich noch selbst in Druckereien tätig war wunderte es mich immer wieder wie nachlässig (Hilfsausdruck) die hochwertigen Druckmaschinen behandelt wurden, von heiklen Zusatzgeräten wie Nummerierwerke-Zusatzfarbwerk will ich gar nicht reden. Nun war es so, daß der Chef verlangte auf genau dieser vernachlässigten Maschine, deren Farbwalzen 1-2mm tiefe Risse aufwiesen (da vom "Spitzendrucker" sinnigerweise regelmässig mit Farbscharflöser heruntergerakelt wurde), ich dieselbe Qualität, in derselben Zeit erbringen sollte wie die Druckerei deren Maschinen am neuesten Stand der Technik sind.
    Das Resultat war jedesmal eine endlose, ermüdende Diskussion mit Endergebnis meiner Kündigung.
    Auffallend ist jedoch, daß diese vernachlässigten Druckmaschinen grösstenteils von Helfern bedient wurden, die verständlicherweise nicht ganz so verantwortungsvoll arbeiten wie ein ausgebildeter Fachmann. Viele dieser Druckereiinhaber dachten solcherart das Nonplusultra gefunden zu haben, endeten jedoch alle auf dieselbe Weise - Insolvenz-Konkurs-Schliessung.
    Kann sich heute ein Drucker, ein junger sich in Ausbildung befindlicher Drucker, vorstellen wie schwierig und angesehen es einmal war überhaupt einen Vierfärber damals noch im Hochdruckverfahren zu drucken? Mit Ausgleichszurichtung, Kraftzurichtung, Klischee auf richtige Höhe bringen? Ich muss ehrlich gestehen ich habe es auch nur noch gestreift und war froh als der unkompliziertere Offsetdruck immer mehr an Bedeutung gewann. Doch mir wurde erzählt es gab stundenlange Zurichtezeiten, nicht jeder konnte das und es war wahrlich noch Kunst! Deswegen auch der heute noch gültige hohe Kollektivvertrag-damals wurde der mit Recht und ohne zu Murren bezahlt. Wenn man ein "Druckkünstler" war.
    Zustimmung von mir auch, daß dies alles vorbei ist, übrig blieben Industriemaschinen wie in jeder anderen Industrie auch. Ein Auftrag nach dem Anderen, schnell, schnell, billig, billiger, am billigsten. Übrigens möchte ich dem Argument widersprechen, daß keine Hilfsarbeiter nötig sind: Auf der Website unseres AMS werden grossteils nur noch Druckerhelfer gesucht, klar, diese industrialisierten, vollautomatischen Druckanlagen kann ja auch ein Helfer nach Anlernzeit bedienen, den Drucker brauchst ja nur noch zum Einrichten.
    Wenn manche Drucker (vielleicht auch ich) bei Plüschwalzen und Einzelbogenanleger hängen geblieben sind, so unter anderem deshalb weil es nie von irgendwelchen Institutionen auch nur die geringsten Fortbildungsmöglichkeiten speziell für einen Drucker gab. Zumindest in Österreich. Ich weiß wovon ich schreibe, habe in meiner Jugend stundenlang mit den verantwortlichen Stellen diskutiert. Immer nur die lapidare Auskunft: "Die Firmen müssen die Mitarbeiter selber weiterbilden." Doch das gab es nie, wurden doch lieber Drucker eingestellt die die jeweilige Maschine aus dem FF können. Dies war übrigens noch eine Zeit in der dieser Beruf nicht so kaputt wie heute war.


    Das Resultat dieser Vorgehensweise ist die, daß mir gerade heute wieder ein Verantwortlicher im grafischen Bereich sagte für einen Drucker gibt es einfach keine Möglichkeit der Weiterbildung, es sei denn komplett Umschulung, als ich den netten Herren auf mein Alter (46 Jahre) aufmerksam machte musste er das Gespräch abbrechen...

  • Bei mir ist noch alles relativ frisch. Habe meine Ausbildung 2012 abgeschlossen, mich anschließend weitergebildet und bin zum technischen Leiter aufgestiegen. Bilde jetzt selber meinen ersten Lehrling aus. Ich habe meine Prüfung ohne Messsysteme durchgeführt und auch an einer 2-Farb mal einen 4/4 Job gedruckt.


    Bei uns im Betrieb wird sehr viel Wert gelegt, dass die Maschinen nicht nur bedient werden, sondern das man auch versteht wie die Maschinen funktionieren und überhaupt der ganze Druckprozess.
    Wir haben zwar auch neuere Maschinen mit all den elektronischen Spielereien, aber auch eben Ältere ohne Messsysteme, wo es nach dem guten alten Auge eben geht.


    Dies lernt bei uns jeder, ich selber auch und gebe dies auch an meinem Lehrling weiter.
    Ich finde, wenn man nicht versteht was man macht, wie man es macht und warum man es macht, dann macht es doch alles keinen Sinn 8|