Hallo zusammen, wenn das jetzt zu viel off-Topic ist bitte löschen.
Hier sollte man sich wirklich keiner Illusion hingeben oder sich blenden lassen. Als Schriftsetzer habe ich den Beruf vom Skribble über das Skizzieren, der Filmmontage bis hin zur Plattenkopie gelernt. Als ich dann nach längerer Zeit ausserhalb der Branche wieder zurück wollte und mich blauäugig auf der Agentur für Arbeit meldete wurde mir eine Umschulung zum Mediengestalter empfohlen - Schriftsetzer gibt es nicht mehr, also auch keine Stellen. Mit Glück habe ich doch einen entsprechenden Job gefunden und zusätzlich meinen Fachwirt gemacht.
FAZIT nach zwei Jahren Fachwirt: Es war rausgeschmissenes Geld!!!
Ich arbeite momentan in der Vorstufe und bekomme von den Kunden (Agenturen und Kollegen) die PDF's und schieße diese nur noch, entsprechend der Produktionsvorgaben, aus. Was mir da alles unter die Augen kommt - grausam. Mein Lehrmeister hätte mich dafür in den Keller zum Bleilettern sortieren geschickt.
Da gibt es Agenturen die "arbeiten" nur mit Praktikanten. Alle 2-3 Monate muss ich dem neuen Bearbeiter von vorne erklären was ich brauche, wie viel Beschnitt ich brauche, CMYK (nein, wir können kein RGB drucken), und 70dpi bei den Fotos ist ein bisschen wenig,... "Pre-Flight...was ist das? - von Regeln der Typographie, Goldener Schnitt, Schusterjunge und Hurenkind will ich gar nicht anfangen. Letztens schickte uns ein Kunde "Proofs", Datum und Uhrzeit im Medienkeil wich vom Prüf-Protokoll um drei Wochen ab - Antwort Kunde: Das passt immer, deshalb habe ich das Protokoll abgescannt und drucke es (auf dem PDF montiert) mit aus. Gemessen wird da nix... Bisher hat das noch nie jemand gemerkt". Teilweise muss man InDesign oder Photoshop-Support am Telefon machen.
Wenn ich dann am Monatsende den Lohnzettel bekomme frage ich mich wo die Essenmarken sind - bei dem Hungerlohn sollte es die extra geben. Weihnachtsgeld? Urlaubsgeld? - was ist das? Was ich sagen will: Statt Fachleute den Job machen zu lassen lässt man lieber ein paar "ich-kann-eine-Maus-bedienen-Typen" ein paar Euro verdienen - irgendein Depp wird den Mist schon ausbügeln.
Gute Facharbeiter mit breitem Wissensspektrum werden durch angelernte (spezialisierte) Hilfsarbeiter ersetzt, Qualität durch Quantität ersetzt - Hauptsache die Stückkosten sind niedrig. Es wird an allem gespart - kosten es was es wolle.
Vom Beruf des Mediengestalters kann ich nur abraten. Alleine in der nächstgrößeren Stadt gibt es DREI Bildungsinstitute, die Arbeitslose zum Mediengestalter umschulen. Halbjährlich werden hier die Umschüler, zusätzlich zu den Azubis, in die Berufswelt entlassen. Und die Agentur für Arbeit ist an diesem Umstand nicht ganz unschuldig. Eigentlich vergeht keine Woche in der nicht mindestens 3 Bewerbungen bei uns eintrudeln.
Zu meiner Zeit war ein Abitur oder ein sehr gutes Realschulzeugnis Voraussetzung - diese Zeiten sind vorbei. "Sie suchen Arbeit? Ich hätte da eine Umschulung. Was mit Medien..." Ich kenne einen Dozenten eines Bildungsinstituts, der einen "PC-Führerschein"-Kurs leitete der wiederum Bestandteil der Umschulungsmassnahme Mediengestalter ist. Ich selbst habe in meiner Fachwirtausbildung eine Klasse für einige Stunden unterrichten "dürfen" (müssen). Da tun sich Abgründe auf. Von fehlenden Deutschkenntnissen bis hin zu, "kann man das nicht auch in PowerPoint machen?".
Das Schlimme ist, dass nachweisbares Wissen und Qualifikationen keine Rolle spielt - sondern eher hinderlich sind. Am Ende zählt der Kosten- und nicht der Nutzenfaktor. Und so sehr ich diesen Beruf geliebt habe - bei nächster Gelegenheit bin ich weg. Das alles hat nichts mehr mit dem Beruf zu tun den ich gelernt habe.