Beitrag 107, Typische Bilder der Drucktechniken 1. Hochdruck

  • Diese Beiträge sind so gedacht, dass jeder seinen Senf hinzugibt, damit daraus mal eine gut ausgestattete Sammlung werden kann.


    Unter den klassischen Drucktechniken ist der Hochdruck eines der sehr alten Verfahren. Es wurde mindestens schon in der Antike benutzt, vermutlich noch viel früher. Wir zählen darunter die vielen Stempelverfahren, den „klassischen“ Hochdruck=Buchdruck und den Flexodruck. Das bekannteste gemeinsame Merkmal ist der Quetschrand um die Druckelemente. Schaut man genauer hin, wird nicht nur Farbe über das Druckelement hinaus gepresst und übertragen; gewöhnlich ist die kurz darunter liegende Randkontur der Druckelemente etwas abgequetscht, also geringer eingefärbt als die Fläche. Der Quetschrand führt zu einer Zunahme der Tonwerte, die stark schwanken können und grundsätzlich das Druckbild etwas beeinträchtigen. Der Buchdruck benutzt dazu hartes Plattenmaterial und pastöse, sehr zügige Farben. Damit hält er seine Quetschränder einigermaßen zurück, wenn der Bedruckstoff hier nicht durch seine Kompressibilität (Zusammendrückbarkeit, Weichheit) wieder dagegen arbeitet. Der Preis des Tricks ist eine Art Prägeeffekt, den man auf der Rückseite vieler Druckbögen ausmachen kann.


    Im industriellen Flexodruck bemüht man sich mit immer mehr Erfolg, die Quetschränder fast unmerkbar (auch mit Mikroskop kaum) zu machen. Stichwort „Kiss Printing“. Zigarettenpackungen werden in einfachen Fällen schon im Flexo gedruckt und nicht nur in Tiefdruck und Offset. Vor ein paar Jahren hat in Europa ein Konzern Tests mit feiner gezeichneten Markenpackungen gemacht, die mit dem Auge den üblichen nicht mehr nachstanden. Der Raster-Flexodruck ist also auf dem Vormarsch. Auch ein geübter Fachmann kann nicht mehr sofort und mit Sicherheit sagen, ob so ein Beispiel aus dem Flexo stammt.


    Der Buchdruck ist in großen Bereichen vom Offset abgelöst worden, existiert aber immer noch recht weit verbreitet bei Spezialitäten. Mit Sicherheit werden in weniger entwickelten Ländern noch immer Bücher und auch Zeitungen im Buchdruck hergestellt. Man glaubt nicht, wie langlebig solche mechanische Maschinentechnik sein kann.


    Die Druckfarben des Buchdruckes werden aus dem Offset-Repertoire entnommen, weil die Ansprüche an Viskosität und Zügigkeit vergleichbar sind und man somit auf Massenprodukte zugreifen kann. Sie bauen auf Pflanzenölen, Mineralölen und Fettsäureestern (= chemisch umgearbeitete Pflanzenölen) als Flüssigkomponenten auf. Die Farben trocknen wegschlagend und oxidativ verfilmend, was einen gewissen Nachteil in der Farbannahme nass-in-nass mit sich bringt (kann man ggf. messen). Besonders die oxidative Verfilmung bringt typische Gerüche mit, die dem Fachmann Hinweise auf das Verfahren geben. Sie bringt Nachteile im Verpackungsdruck bei geruchsempfindlichen Füllgütern.


    Der Flexodruck verwendet niedrig viskose Farben mit Lösemitteln oder Wasser als Flüssigträger. Sie spalten klecksiger als pastöse Farben, was man auf glatten Bedruckstoffen mit dem Fadenzähler erkennen kann. Besonders der Druck von Flächen ist hier unerbittlich. Als gerechten Ausgleich gibt es sowohl bei Lösemittel-, als auch bei Wasser-basierten Flexofarben anspruchsvolle Beispiele für Geruchsarmut. Die Farben trocknen blitzschnell durch Verdunstung und werden in Mehrfarben-Druckmaschinen sehr gut nass-in-nass aufeinander angenommen (kann auch bei der Analyse helfen).


    Das beste Instrument bei der Verfahrenserkennung an Drucken ist immer noch der Fadenzähler. Die stärkere Vergrößerung des Mikroskops verwirrt eher. Die anhängenden Fotos zeigen typische Beispiele. Es gibt allerdings noch eine Menge Beispiele, die ihre Handschriften nur undeutlich zeigen, besonders im modernen Flexodruck. Man muss das Erkennen eine Zeitlang richtig üben und immer mal wieder auffrischen. Der Fadenzähler gehört also in jede Hand- oder Hosentasche.


    Als Vergleich sollen zwei Aufnahmen aus einem ausbelichteten Foto zeigen, dass auch dort kein wirklich durchgehende Zeichnung vorliegt, sondern nur eine Art Zufallsraster mit sehr feinen Elementen, den Pigmentkristallen.

  • Hallo inkmann,
    wieder ein guter Beitrag, besonders die Ausführungen über den Flexodruck haben mir gefallen. Leider komme ich erst jetzt dazu,
    meinen Senf loszuwerden.
    Nun zum Buchdruck. Ja,die Sache mit den Quetschrändern. Diese sind ohne Zweifel vorhanden, nur wie stark sie ausgebildet sind
    richtet sich Farbe, Papier, Druckform, Maschine und Können der Drucker. Abgenutzte und/oder falsch justierte Farbwalzen bis zu nachlässig
    ausgeführter Zurichtung verstärken den Effekt. Zeigen die Druckbogen schon einen Präge-Effekt, wurde mit Sicherheit mit zuviel Druck
    gearbeitet. Einen "guten Druck" erkennt mann an einer sehr geringen Schattierung. Lettern sollen das Papier nur küssen!


    Er wird hartes Plattenmaterialverwendet?
    Das kann ich so nicht stehen lassen, denn das hängt von der verwendeten Maschine ab. Die benutzten Bleischriften sind aus der Sicht des
    Druckers weich. Zinkätzungen sind da schon härter. Es ist richtig,daß heute sehr oft mit Polymerplatten gearbeitet wird,auch diese
    gibt es in verschiedenen Härten. Gummiplatten werden ebenfalls heute noch eingesetzt und hinterlassen keine Schattierung.


    Über Letterset wird nicht berichtet, das indirekte Verfahren hat jedoch immer noch eine große Bedeutung.


    Buchdruckfarben stammen aus dem Offset-Repertoire? Wie ist das denn gemeint.
    Buchdruckfarben wurden doch schon lange vor den Offsetfarben entwickelt. Eines stimmt jedoch: Offsetfarben sind heute ein guter Ersatz
    für die immer schlechter zu beschaffenen Buchdruckfarben.


    Die Fotos finde ich gut gelungen.


    Gruß Boston Presse