Die Be- und Verdruckbarkeit von Kunststoffen

  • Moin moin liebes Forum,


    könntet ihr mir etwas über die Be- und Verdruckbarkeit von Kunststoffen erzählen? Leider kam ich noch nicht in den Genuss, Kunststoffe bedrucken zu können, habe dementsprechend leider keine Erfahrungen im dem Bereich.


    Die Ausbeute aus dem Internet ist mehr als dürftig, gerade im Bereich der Verdruckbarkeit finde ich kaum Informationen.
    Durchgewälzt habe ich schon Hanser Kunststofftechnik sowie Druck- und Medientechnik von Helmut Teschner, ohne wirklichen Erfolg...


    Ziel ist eine DIN A4 Seite zur Erklärung von Be- und Verdruckbarkeit von Kunststoffen für meinen Auszubildenden.



    Grüße,


    Colourman

  • Informationsmaterial habe ich leider nicht. Einzig ein paar Tipps kann ich dir auf den Weg geben.


    Kunststoffe unterscheiden sich von Papier als Bedruckstoff in Punkto ....
    - Trockung, da keine Bestandteile der Farbe durch Wegschlagen trocknen kann und deshalb speziell darauf abgestimmt sein müssen (Folienfarben, also rein oxidativ trocknen oder UV.-Farben)
    - Stabilität des Bogens, da keine Fasern und somit keine Laufrichtung im Bedruckstoff vorhanden ist.
    - Statische Aufladung, da sich die glatte Oberfläche viel stärker aneinander anhaftet.


    Bestimmt können richtige Foliendrucker das noch ergänzen. Evtl. erhältst du auch von den Herstellern Informationen dazu (Beispiel Polyart).

  • Moin Colourman,


    in diesen Tagen habe ich leider privat viel vor, deshalb erst heute. Und meine Kenntnisse sind in Markennamen und Substanzklassen vielleicht nicht ganz up to date. Aber eine gute Grundlage für Azubis kann ich dir wohl geben.


    Die typischen Druckverfahren für Kunststoffe sind inzwischen konventioneller (also nasser) Bogenoffset, wasserloser „Bogen“offset, Flexodruck, Tiefdruck, nasser Tonerdruck (Indigo, also Digitaldruck mit Nasstoner), Siebdruck, Tampondruck, Ink Jet. Die Reihenfolge müsste ein Fachmann mit aktuellem Kenntnisstand zurechtsetzen.


    Stufe 1, Bogenoffset.


    § 1 Kunststoffe werden als Folienbögen verdruckt. Sie haben glatte Oberflächen und eine merkwürdige Chemie für unsere gewohnten Papiere und Kartons. Also gibt es im Stapel wenig Luft. Das ist ein Handicap für oxidativ verfilmende Farben. Und die sind normal im Bogenoffset.


    Was machen wir? Wir nehmen Farben ohne Kastenfrisch-Effekt, also unverzögerte. Das heißt im Jargon „oxidativ trocknende“. Die ziehen Haut auch dort, wo wir es nicht wollen, also nachts und in langen Pausen in der Maschine. Aber sie trocknen einigermaßen zuverlässig. Manchmal muss man auch diese Funktion unterstützen.


    Hier nehmen wir so genannte Durchtrockner. Das sind chemische Verbindungen, die im richtigen Moment Sauerstoff abspalten. Sie tun das, sobald sie nass werden, also durch Hydrolyse. Das passt uns in den konventionellen Offset.


    Der frisch frei gesetzte Sauerstoff ist aggressiv wie eine TNT. Wo der oxidierbare Molekülteile findet, greift er an. Der braucht keinen Katalysator. Und die Pflanzenöle im Bindemittel der Farbe erscheinen dem wie eine 20-jährige im Bikini. Es ist egal, ob diese Farbe auf Papier oder Glas oder Kunststoff gedruckt worden ist, er heiratet alle. Sofort.


    Nur sollte man ihn nicht auf normal rauen Bedruckstoffen wie Papier oder Karton, besonders nicht auf mattgestrichenem Papier versuchen. Hier geht er in der Konkurrenz unter. Keiner merkt, dass er heißer ist als die Normalos. Fast wirkt er lästig. Junge Leute verstehen das.


    § 2 Das zweite Risiko auf Kunststoffen ist die Frage der Benetzung. Einige, z. B. Teflon oder Polyethylen (=PE), lassen sich nicht gerne von fremden Flüssigkeiten benetzen. Das bedeutet, nix haftet halbwegs vernünftig drauf.


    Teflon bedruckt keiner. Aber PE ist der billigste Kunststoff weit und breit. Also will die Wirtschaft PE-Folien bedrucken - für alles und nix. Die wird durch Beflämmen oder Elektronenbeschuss (Koronabehandlung) kurz vorm Bedrucken annahmebereit gemacht.


    Aber es gibt eine Reihe anderer Materialien, die gerne wirtschaftlich vom Bogenoffset bedruckt werden sollen. Dazu gehören BOPP-Folien, also bidirektional gereckte PE-Folien (das sind Polyethylenfolien, die aus eine Extruder, also Auspress-Schlitz kommen und sofort längs und quer auseinander gezogen werden). Sie werden als Tiefziehetiketten für z. B. Margarinepackungen eingesetzt und sind ein Riesenmarkt.


    Konventionelle Offsetfarbe hat praktisch kein Benetzungsproblem, weil sie selber fettig ist. Fett matscht fast alles problemlos an. Damit bleibt sie sitzen, wo man sie hindruckt und trocknet auch - wenn die Bedingungen stimmen. Und da tritt § 1 in Kraft.


    Dazu gibt es synthetische Bedruckstoffe wie Tyvec, ein Markenname. Es handelt es sich hier um einen Filz aus PE-Fasern, der sozusagen platt gebügelt worden ist.
    Besonders robuste Briefumschläge sind ein Beispiel, weil das Zeug nicht zerreißbar oder knitterbar ist. Dieses bedruckt man besser mit Mineralöl-freien Farben, weil die quellen wie die Folien der Zigarettenpackungen. Also so genannten Esterfarben, Öko.


    Es gibt auch Kunststofffolien, die in einer Art Papierprozess zu einer papierähnlichen Masse verarbeitet und verfestigt werden. Markennamen sind mir entfallen. Von außen wirken sie halb wie Papier, halb wie Folien.


    Aber es gibt auch ganz normale Kunststofffolien, z. B. aus Polyester.


    $ 3 Elektrostatik.


    Ein Thema, das einen eingefleischten Offsetdrucker unvorbereitet trifft, ist die elektrische Aufladung und die Bogenführungs- und Haftprobleme, die er mit Kunststofffolien treffen kann. Da genügt das Feuchtmittel nicht immer: Die Bögen kleben geladen aneinander und lassen weder oxidative Farbtrocknung, noch Vereinzelung zu. Kunststoff eben. Die Maschinen sehen spektakulär aus - mit Alufolienstreifen allenthalben.


    $ 4 Verfestigung


    Konventionelle Offsetfarben haben ein altes, aber unverzichtbares Handycap, die oxidative Verfilmung. Die Rettung ist nicht unproblematisch und nicht billig, aber viel zuverlässiger als das Original. Es handelt sich um die strahlungshärtenden Farbsysteme, also Elektronenstrahl- und Ultraviolett-Härtung (EB und UV). Aus wirtschaftlichen Gründen hat sich bisher UV durchgesetzt.


    Im Bogenoffset ist Strahlenhärtung ideal auf Kunststoffen. Sie schlägt sofort zu, subito. All´ die Trocknungsprobleme sind weg.


    Naja, wenn alles klappt. Aber es klappt immer noch sicherer als bei konventionellen Farben. Und es klappt sofort: Die schnelle Verarbeitbarkeit der Bögen nach Druck ist ein Abenteuer für konventionell eingearbeitete Drucker. Hier seien EB, UV, LED-UV und die anderen Varianten in einen Topf geworfen. Spezialisten mögen differenzieren.


    Stufe 2, wasserloser Offset


    Die schnelle Arbeit und Wirtschaftlichkeit in der Vorstufe haben den Bogenoffset begünstigt, wenn Auflagen nicht in die Massen gehen. Von der Patentlage zurückgedrängt, aber seit einigen Jahren der freien Wirtschaft überlassen, hat sich der wasserlose Bogenoffset einen eigenen Platz erkämpft und anderen Drucktechniken das „Wasser“ abgegraben.


    Wasserloser Offset und Strahlenhärtung sind eine unglaublich erfolgreiche Kombination. Kunststoffe saugen nicht („Wegschlagen“) und geben im Stapel keinen Luftvorrat. Toray Industries haben diese moderne Flachdruckvariante weltweit wesentlich gefördert und behindert. Diese Technik hat seit ihrer Entfesselung (Ende des Patentschutzes) ihre Märkte fest erobert. Ja, es ist das Bedrucken von Kunststoffen. Nicht auf Folienbahnen: Das machen Flexo und Tiefdruck.


    Und: Früher hat der Tampondruck Kugelschreiber, Tischtennisbälle und sogar Faller-Eisenbahnwaggons bedruckt. Heute werden Kugelschreiber, CDs, DVDs, Parkkarten und alles Mögliche auf teilweise sehr speziell konstruierten Maschinen im wasserlosen Offset mit UV-Härtung bedruckt.


    Viele Grüße & ciao


    Inkman

  • Hallo Colourman,


    ich habe unter alten Unterlagen noch en paar Stichwörter zu synthetischen Bedruckstoffen gefunden mit Beispielen. Wenn Fragen dazu sind, weil sie sich nicht genug erklären, führe ich gerne beser aus.


    synthetische Faservliese :Tyvec für Briefumschläge, Karten...


    PE – Granulat, Extruder, Wattebausch daraus, heiss verpresst


    gegossene Folien : z. B. Alinda


    synthetische Papiere : z. B. Neobond (Führerscheine), Pretex


    synthetische Fasern und Zellulose-Fasern gemischt auf einer Papiermaschine, braucht 40 x mehr Wasser als bei Papier alleine, deshalb Sieb 45° hoch geneigt, damit Wasser besser abläuft; Nach Bahnbildung noch keine Festigkeit - erst ein Tauchbad in Bindemittel (vernetzt Fasern) verfestigt die Bahn


    beschichtete PE – Folien, PVC-, ...


    Kunststoff – Folien, z.B. BOPP für Speiseeis, Margarineetiketten,...


    PE – beschichteter Karton, Tiefkühlpackungen


    Alu – bedampftes Papier / Karton : Faltschachteln, Etiketten – Mehrweg - Einweg,


    speziell beschichtete oder oberflächenbehandelte wie Chromolux Perlmutt,
    Hologrammfolie (Geschenkpapier)...


    Viele Grüße & ciao
    Inkman