Farbabrieb im Offsetdruck

  • Hallo zusammen,


    bislang war ich immer stiller Mitleser und habe nun einige Frage bzgl. des Farbabriebes im Offsetdruck.


    Ich komme aus der Branche der Flexodrucker, in welcher der Farbabrieb mit der Norm: DIN-EN-54607 getestet wird.


    Hierbei wird der jeweilige Druck ausgeschnitten, auf Schlitten versehen und mit einem 600g Gewicht, Hartpostpapier und 50 Schubhüben über den Druck gerrieben.
    Anschließend misst man das Hartpostpapier als Standard ein und den Abrieb der getesteten Proben dagegen. Der ausgegebene dE Wert darf hierbei, für entsprechende Materialien, den von uns festgesetzten dE 7 nicht überschreiten.


    Gibt es eine solche Testweise für den Offsetdruck?
    Habt ihr Grenzen für den Abrieb und falls ja, wie wird dieser getestet und gemessen?
    Wie geht ihr mit möglichen Reklamationen um, wenn der Kunde nachweislich einen hohen Abrieb feststellt?
    Kann man die Grenzwerte pauschalisieren für unterschiedliche Materialien?



    Ich freue mich über zahlreiche Antworten und Diskussionen.


    Gruß
    Marvin

  • Hallo,
    ja - das gibt es auch im Offsetdruck- müsste ein Scheuertester von Prüfbau sein.
    Der Scheuertest läuft unter def. Druck und Anzahl Hübe. Ich bin nicht sicher aber der heißt, glaue ich, Prüfbau Quadrant.
    Er schauert in alle Richtungen. Gib´s mal in Google ein, da ist bestimmt einer zu sehen.
    Schwierig Grenzwerte zu ermitteln - Erfahrung ist wichtig.
    Als Reklamationsgrundlage zu verwenden wird auch schwierig sein - Trocknung evtl. nicht abgeschlossen.
    Hohe Farbbelegung, Klima, Trockner etc.


    gruss

  • @MarvinB


    Wir nutzen auch das Gerät von Prüfbau.


    Im Umgang mit Kunden sollte man das allerdings nicht zu hoch bewerten, ähnlich wie die ganzen ISO Normen. Wenn dem Kunden die Farbe nicht gefällt, ist es sehr schwierig mit einem in der Norm liegenden dE zu argumentieren...;-)


    Ähnlich sieht das mit dem Farbabrieb aus. Entweder der Bogen lässt sich vernünftig weiterverarbeiten oder eben nicht...


    Fazit: für den internen Gebrauch ganz gut, aber die "vorgegebenen" Werte taugen nur für Theoretiker.


    Robert Kleist

  • Hallo zusammen,


    ja, der Prüfbau Quartant ist wohl das ernsthafteste Gerät auf dem Markt, soweit ich ihn noch kenne. Er ist sehr teuer, wie alles von Prüfbau. Aber er ist sehr gründlich durchdacht und unglaublich robust, also ein gutes Praxisgerät.


    Man kann die (kleinere) runde Probe aus Blanko-Bedruckstoff schneiden und Drucke damit scheuern. So machen es die Papierhersteller. Man kann es auch andersherum wählen. So machen es die Farbhersteller und die meisten Drucker.


    Bei unlackierten Drucken fand ich z. B. 50 Hub ganz brauchbar, um schlechte von guten Proben zu unterscheiden. Ich habe Spezifikationen gesehen, in denen 1000 Hub für UV-lackierte Proben galten. Da gibt es nur ok oder kaputt. Realistisch für einen Gebrauch war das nicht.


    Es empfiehlt sich, sich für die eigene Praxisroutine eigene Standards (Vergleichsproben) anzufertigen, weil Scheuerproben nicht für alle gleich gültig normiert werden können wie Sekunden oder Zentimeter. Es spielt eine riesige Rolle, ob ich PPE-extrudierten Karton für Pizzapackungen messe oder UV-lackierte Zigarettenpackungen. Brauchbar sind also nur Vergleiche verwandter Prüfkörper. Es ist auch wichtig, ob ich Postkarten beurteile oder Verpackungen für Kochtöpfe.


    Eine internationale Zensurenliste oder offiziell genormte Abriebbilder kann es, realistisch gesehen, nicht geben. Das ist noch weniger möglich als bei den Lichtechtheiten. Wer das anbietet, sollte kritisch überprüft werden.


    Wenn es um Geld im Streit geht und niemand verwendbare Spezifikationen vereinbart hat (der Normalfall), würde ich Hilfe bei der Fogra suchen. Die haben Technik und Diplomatie. Und sind fast immer ihr Geld wert.


    Die DIN-EN-54607 kenne ich nicht aus meiner Praxis, habe auch keinen Zugang mehr zu frischen Normen. Aber meine Praxis ist ja schon ein bisschen abgestanden. Und Kenntnisse haben Verfallsdaten wie Lebensmittel. Aus persönlicher Erfahrung würde ist dennoch solche Beurteilungen fachmännisch-kritisch prüfen. Auch Normen sind nur Vereinbarungen zwischen Interessenten. Allerdings fast immer sehr skrupelhaft und seriös gemachte.


    Wenn keine Spezifikation vereinbart wurde, die diese Prüfung enthält, hat man immerhin ein verbales Argument, also etwas zum Schnacken. Juristisch gibt es wenig her.


    Viele Grüße & ciao
    Inkman

  • Hallo,


    entschuldigt bitte meine verspätete Antwort.



    holgimike/2:


    Das gleiche Gerät verwenden wir bei uns im Flexodruck und die von dir genannte Bezeichnung ist ebenfalls korrekt.
    Zusätzlich verwenden wir auch noch den UGRA Scheuerprüfer, inwelchen wir ein Stofftuch einspannen.


    Durch den Einsatz unterschiedlicher Materialien in unserer Produktion, weisen diese dementsprechend auch unterschiedliche Abriebe auf.
    Die maximal verwendete Heizleistung beträgt 100%, bei maximal 200% Flächendeckung (selten bis nie über 100%, dennoch "worst case").
    Wir sind der Auffassung, dass unser Farblieferant durch die Zugabe und/oder Änderung der Bindemittel und Additive den Abrieb steuern kann.



    @Robert Kleist:


    Das sehen ich ein wenig anders.


    Der Kunde kauft ein entsprechende Produkt, mit den jeweiligen Informationen zur Beurteilung unter genormten Tageslicht (D50),
    einem von uns vorgegebenen Maximalwert für den Farbabrieb, sowie Passertoleranzen.


    Es ist zu beachten, dass Kundenspezifische Einigungen zur Reklamationen bislang immer realisiert werden konnten.
    Uns geht es weitergehend darum, dass man auch z.B. ein Verkaufsargument gegenüber des Mitwettbewerbers hat.
    Ganz nach dem Motto: "Unser Farbabrieb ist bedeutend gering und findet man nicht woanders wieder".




    @inkman:


    Kannst du Farbhersteller nennen, die die Proben direkt unter die Gewichte kleben?


    Wir verwenden bei uns 50 Hübe und jeweils 4 Proben eines substrates. Getestet und gedruckt wird auf einem zellstoffhaltigem Material mit einer rauen Oberflächenstruktur.




    Folgend ein kleines Fallbeispiel einer Zulieferung:




    Getestet wurden zwei Papiertischsets auf Farbabrieb unterschiedlicher Hersteller.
    Einmal schwarz und einmal dunkelblau, gedruckt im Offsetdruck.



    Prüfparameter


    Einstellung Quartant: 50 Hübe, 4x 600g Gewichte.
    Einstellung xRite: D65/10°, dE, paperwhite



    Ergebnis


    Das dunkelblaue Papiertischset vom 28.07 weißt einen dE von 3.55 auf.
    Das abgescheuerte Muster weißt schleifspuren und Abfärbungen auf.


    Das schwarze Papiertischset vom 10.08 weißt einen dE von 1.62 auf.
    Das abgescheuerte Muster weißt keine Beschädigungen auf.



    Die von uns eingesetzten Druckfarben auf unterschiedlichen Bedruckstoffen haben im Schnitt einen dE von 0.1-6.0.
    Wir haben intern beschlossen, dass alle von uns gedruckten Produkte einen dE von unter 6.0 haben müssen.


    Wie würdet ihr im Fall der Tischsets handeln?